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Kategorie: Ordnungswidrigkeiten

OLG Naumburg – Betroffener muss nicht in der Hauptverhandlung erscheinen

Nach meinem persönlichen Eindruck glauben viele Betroffene, dass sie, wenn sie gegen einen Bußgeldbescheid Einspruch einlegen auch „automatisch“ vor Gericht erscheinen müssen. Diese Meinung wird teilweise unbewusst, vielleicht auch bewusst, durch diverse Hinweise im Laufe des Verfahrens noch gefördert. Dabei ist den Betroffenen schon nicht bewusst, dass sie im Ordnungswidrigkeitenverfahren jederzeit den Einspruch zurücknehmen können. Auch kommt eine Verfahrenseinstellung oder eine Beschlussentscheidung durch das Gericht (ohne mündliche Verhandlung) in Betracht.

Auch im Rahmen der Ladung zum Hauptverhandlungstermin wird der Betroffene ausführlich darüber belehrt, dass er persönlich zu erscheinen hat.

Nach den Formulierungen dieser Belehrungsmuster drängt sich dem Betroffenen häufig der Eindruck auf, um das persönliche Erscheinen in der Hauptverhandlung käme man quasi nicht herum.

Das Gegenteil ist der Fall.

Auch wenn es im Einzelfall zur Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht kommen sollte, stellt die Entbindung von der Pflicht dort zu erscheinen in der Regel, wenn die Fahrereigenschaft eingeräumt wird, kein Problem dar.

In § 73 OWiG sind die Voraussetzungen einer Entbindung von der grundsätzlich Bestehenden Pflicht zum Hauptverhandlungstermin zu erschienen geregelt. Man mag mir eine eventuelle juristische Ungenauigkeit verzeihen, aber pragmatisch und für den Laien verständlich ausgedrückt, ergibt sich aus der Norm Folgendes:

Wenn der Betroffene einräumt, dass er der Fahrer war und zudem entweder klarstellt, dass er zur Sache gar nichts mehr oder eben nur das bereits zur Akte gereichte, nichts aber darüber hinausgehendes, sagen wird, dann MUSS das Gericht ihn entbinden. Das heißt, er muss dann nicht erscheinen.
Das ist ständige Rechtsprechung und eindeutige Rechtslage. Das OLG Naumburg hat es noch einmal deutlich klargestellt:

„Die Entscheidung über den Entbindungsantrag eines Betroffenen steht nicht im Ermessen des Gerichtes. Vielmehr ist es verpflichtet, dem Antrag nachzukommen, sofern die Voraussetzungen des § 73 Abs. 2 OWiG vorliegen.“

AG Meißen – ESO ES 3.0 nicht standardisiert

Entgegen der Rechtsprechung der meisten Oberlandesgerichte hat das Amtsgericht Meißen – nach ausführlicher Überprüfung des Messsystems ESO 3.0 – erkannt:

„Die innerstaatliche Bauartzulassung, auf deren Grundlage die Eichungen aller eingesetzten ES 3.0 beruhen und die Einhaltung der Bedienvorschriften gewährleistet nicht, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Messergebnisse zu erwarten sind.

Die Beweisaufnahme hat bauartbedingte Fehlerquellen der Geschwindigkeitsmessanlage bei der Messwertbildung zu Tage treten lassen, die nicht innerhalb der zulässigen Verkehrsfehlergrenze liegen und auch nicht durch einen größeren Toleranzwert ausgeglichen werden können.“

Der Betroffene wurde freigesprochen.

Amtsgericht Bremen: Messung mit Poliscan Speed nicht verwertbar!

Über die aktuelle Diskussion um die Verwertbarkeit von Messungen mit Poliscan Speed – Messsystemen der Herstellerfirma Vitronic hatte ich bereits berichtet:

OLG Frankfurt zum Poliscan: „Passt schon!“

Nun hat sich das Amtsgericht Bremen der Argumentation des Oberlandesgerichts Frankfurt entgegengestellt und einen Betroffenen wegen Unverwertbarkeit einer Poliscan-Messung freigesprochen.

Das Gericht hat einen Sachverständigen gehört, der ausführte, der sogenannte Auswerterahmen auf dem Messfoto sei von der Auswertesoftware Tuff Viewer und gerade nicht von der geeichten Messsoftware des Gerätes erzeugt worden.

Die Auswertesoftware selbst ist allerdings nach den Erkenntnissen des Gerichts nicht geeicht.
Der Sachverständige legte Messfotos aus anderen Verfahren vor, die je nach Verwendung der unterschiedlichen Softwareversionen eben dieser Auswertesoftware Tuff Viewer den Messrahmen in unterschiedlicher Position abbildeten.

Der Auswerterahmen ist aber nach der Herstellerfirma und der PTB das maßgebliche Element zur Überprüfung der Ordnungsgemäßheit der Messung. Das ominöse Viereck, das auf Poliscan-Messfotos abgebildet wird, muss sich in einer bestimmten Position auf dem Messfoto befinden, sonst ist die Messung nicht verwertbar. Dass ein solches Element, das letztlich (mit-)entscheidend dafür sein soll, ob eine Messung korrekt verlaufen sein soll oder nicht,  je nach verwendeter Softwareversion in veränderter Position erscheint, kann meines Erachtens nach wie vor nicht angehen.

AG Kassel: Allein von Privatfirmen ausgewertete Messungen sind nicht verwertbar

Das Amtsgericht Kassel hat mit Urteil vom 14.4.15, 385 OWi – 9863 Js 1377/15, eine Geschwindigkeitsmessung verworfen, die durch ein Privatunternehmen ausgewertet worden war.

Der Betroffene wurde freigesprochen.

Hintergrund war eine gar nicht so seltene Fallgestaltung, nämlich die Abgabe der Rohmessdateien an ein rein privates Unternehmen zum Zwecke der Auswertung der jeweiligen Falldateien. Solche Konstellationen sind meist im Rahmen des Leasings der Blitzeranlagen optional möglich. Dies obgleich in den meisten Bundesländern Vorschriften bestehen, wonach die Auswertung einer Messung hoheitlich zu erfolgen hat, z. B. in der Amtsstube.

Bereits an dieser Stelle setzt bei mir völliges Unverständnis ein. Wie kann eine Behörde eine hoheitliche Aufgabe denn ganz oder auch nur teilweise an Privatfirmen abgeben.

Das Gericht führt aus, dass es sich bei einer Messung, deren Auswertung von der Verwaltungsbehörde vollständig in die Hände privater Unternehmen gegeben worden sei, schon keine Überzeugung davon bilden könne, ob die Messung überhaupt stattgefunden habe.

Das Amtsgericht kritisiert vor allem das eigene finanzielle Interesse des Privatunternehmens, welches nach der Darstellung in den Urteilsgründen nur dann Gewinn erziele, wenn die Messung auch verwertbar sei.

Aus den Urteilsgründen:

„Völlig unverständlich wird diese Situation spätestens dann, wenn man berücksichtigt, dass das hier faktisch auswertende Privatunternehmen, welches als GmbH satzungsgemäß einem Gewinnstreben unterliegt, lediglich dann einen monetären Ertrag für seine Arbeit erhält, wenn die Messung als verwertbar eingestuft wird. Die Entscheidung, ob die Messung verwertbar ist oder nicht, oblag vorliegend jedoch faktisch dem Unternehmen selbst. Das hierdurch entstehende Eigeninteresse an dem Ergebnis der Auswertung der Messung stellt ein Interessenkonflikt dar, der im Rahmen einer hoheitlichen Messung nicht zu akzeptieren ist.“

Die aktuelle Entscheidung des Amtsgerichts Kassel ist wahrlich keine Ausreißerentscheidung sondern liegt „voll im Trend“ der aktuellen Rechtsprechung (ebenso haben auch das OLG Naumburg, das OLG Frankfurt und mehrere Amtsgerichte bereits entschieden).

Abgesehen von der überzeugenden Argumentation des finanziellen Eigeninteresses und dem grundsätzlichen Problem der Verwertbarkeit im Rahmen eines Bußgeldverfahrens, muss man sich doch Folgendes fragen:

Wenn sich Messgerätehersteller vor Gericht unter Berufung auf urheberrechtliche und datenschutzrechtliche Gründe standhaft weigern, nähere Auskunft über die Funktionsweise ihrer Messgeräte zu erteilen oder die Rohmessdateien herauszugeben, so dass diese von einem Sachverständigen überprüft werden können, wie ist es dann möglich, dass gerade diejenigen Verfechter der Schutzrechte, sei es selbst oder durch Drittfirmen, auf die Datenschutzrechte der Betroffenen vollständig pfeifen! Und „pfeifen“ ist da noch höflich ausgedrückt!

Es ist also ein datenschutzrechtlich und urheberrechtlich besonders relevantes Problem, der Verteidigung die Überprüfung der Messung durch einen Sachverständigen zu ermöglichen, aber die massenweise erhobenen Daten (auch unschuldiger) Betroffener, abzugreifen und auszuwerten, geht natürlich voll in Ordnung?!

Honi soit qui mal y pense!

OLG Hamm: Keine Verjährung bei Zustellungsvereitelung

Das Oberlandesgericht Hamm hat mit Beschluss vom 27.1.2015 – 3 RBs 5/15 – die Rechtsbeschwerde einer Betroffenen in einem Bußgeldverfahren zurückgewiesen. Die Betroffene hat nach Ansicht des OLG Hamm die Zustellung des Bußgeldbescheides absichtlich vereitelt und wollte so die Verfolgungsverjährung herbeiführen.

Das OLG Hamm wertete dieses Verhalten als rechtsmissbräuchlich.
Hintergrund war, dass sowohl die Versendung des Anhörbogens als auch die Zustellung des Bußgeldbescheides an das Elternhaus der Betroffenen erfolgte, die bereits ausgezogen war, sich aber nicht umgemeldet hatte.

Die (wirksame) Zustellung des Bußgeldbescheids unterbricht die kurze dreimonatige Verjährungsfrist und führt zu einem Neubeginn der Verjährung, wobei dann eine Frist von sechs Monaten gilt.

Die Verteidigung hatte sich auf die in der Tat unwirksame Zustellung berufen. Ist die Zustellung des Bußgeldbescheides unwirksam, so tritt die Verjährungsunterbrechung nicht ein.

Das OLG Hamm sieht das anders und lastet der Betroffenen Rechtsmissbrauch an. Die Betroffene habe schließlich gegen Meldegesetze verstoßen und absichtlich die Zustellung vereitelt.

Eine meines Erachtens überraschende und rechtlich äußerst fragwürdige Entscheidung zum Nachteil der Betroffenen, die leider wohl Schule machen wird.

Das Thema Verjährung und Verjährungsvereitelung spielt in der Praxis des Verteidigers in Bußgeldsachen eine ganz erhebliche Rolle, insbesondere was die Zustellungsproblematik betrifft. Da weht eindeutig ein neuer Wind … und zwar mitten ins Gesicht der Betroffenen.

Sekunde, Sekunde! „Rotlichtüberwachung“ durch Polizeibeamte – geschätzt ist nicht gemessen

Zeit ist Geld … aber nicht nur das. Bekanntermaßen wird ein Rotlichtverstoß nicht nur teurer, Erhöhung der Geldbuße von 90 € auf 200 €, sondern zieht auch noch einen Punkt mehr (dann zwei Punkte statt einem Punkt) und vor allem ein Fahrverbot nach sich, wenn die Ampel länger als eine Sekunde rot war.

Dementsprechend existieren zahlreiche Entscheidungen, die sich um Sekunden – und teilweise sogar deren Bruchteile – drehen.
Besonders problematisch in Bezug auf die Frage der tatsächlichen Rotlichtdauer sind Bußgeldbescheide, die auf Beobachtungen durch Polizeibeamte beruhen. Hierbei wiederum existieren die unterschiedlichsten Fallgestaltungen. Insbesondere bei der gezielten Rotlichtüberwachung sind der Kreativität der Beamten keine Grenzen gesetzt. Da findet sich die nicht geeichte Stoppuhr/Armbanduhr, die Sekundenzählung, die Beschreibung des Abstandes des Fahrzeugs zur Ampel im Zeitpunkt des Umschaltens auf Rotlicht mit anschließender Berechnung der Rotlichtdauer nach dem Weg-Zeit-Prinzip (eigentlich schwierig, wenn man die Geschwindigkeit des Fahrzeugs nicht gemessen hat …) und so einiges mehr.

Besonders erfolgversprechend für Betroffene ist aber die Verteidigung gegen die zufällige Beobachtung des Rotlichtverstoßes durch die „Privatbeamten“. Letzteres ist übrigens eine Wortschöpfung meiner Person, die sich aber nach meinem Bauchgefühl durchsetzen und spätestens 2032 in den Duden aufgenommen werden wird (geschätzt nicht gezählt). Damit sind diejenigen Polizeibeamten gemeint, die irgendwie immer im Dienst sind, auch wenn sie gerade in ihrer Freizeit nur auf dem Weg zum Einkaufsmarkt sind.
Selbige Spezies erfreut sich – nebenbei bemerkt – ungefähr der gleichen Beliebtheit wie der Typus Anwalt, der beim abendlichen Kneipenbesuch auf die Frage:

„Du bist doch Anwalt! (Anmerkung: Meine Lieblingseinleitung) Sag doch mal! Wieso kann sich der Edathy eigentlich für 5.000,00 € freikaufen?“,

mit langatmigen Ausführungen zur Einstellungspraxis bei Gericht und Staatsanwaltschaft und einem in freier Rede gehaltenen Vortrag über Aufbau, sowie Sinn und Zweck eines Strafverfahrens antwortet, anstatt die – jedenfalls menschlich – korrekte Antwort zu geben:

„Keine Ahnung! Ich hätte ihn weggesperrt!“ (höflich ausgedrückt).

Nun ja, ich schweife ab …

Das Amtsgericht Lüdinghausen hatte nun einen Fall zu entscheiden, bei dem so ein Privatbeamter – übrigens auf dem Weg zum Rewe-Einkaufsmarkt – an der Ampel stehend einen Rotlichtverstoß beobachtet hatte. Er schritt natürlich gleich zur Tat und leitete Privatverfolgungsmaßnahmen gegen den Betroffenen ein. Der Privatbeamte hatte aber, zur vermutlich großen Freude des Betroffenen, keinerlei Zeitmessung vorgenommen.

Das AG Lüdinghausen führt aus:

„Der Zeuge X war sich sicher, dass die Rotlichtzeit zu dieser Zeit bereits deutlich mehr als eine Sekunde betragen habe. Der Zeuge X räumte aber auch ein, dass er keinerlei Zeitmessung durchgeführt habe. Insbesondere habe er weder eine Zählung vorgenommen, noch auf seine Uhr geschaut. Weitere Umstände, die den Schluss auf die Rotlichtdauer zugelassen hätten, konnte er nicht benennen – solche Umstände waren auch sonst nicht erkennbar.“

Glück gehabt! Das hat dem Amtsgericht nicht gereicht, um von einem Sekundenverstoß auszugehen. Kein Fahrverbot für den Betroffenen!

OLG Frankfurt zum Poliscan: „Passt schon!“

Als Partner-Anwalt der VUT-Sachverständigengesellschaft mbH, die sich seit Jahren mit der Überprüfung der Ordnungsgemäßheit von Messungen im Straßenverkehr beschäftigt, werde ich regelmäßig von den dortigen Sachverständigen über Neuigkeiten informiert.

So auch aktuell über die Entscheidung des OLG Frankfurt zu den Voraussetzungen eines standardisierten Messverfahrens vor dem Hintergrund einer Entscheidung des AG Friedberg, das eine Messung mit dem Poliscan Speed verworfen hatte.
Die VUT GmbH setzt sich dafür ein, die Gerichte zu überzeugen, dass es sich bei den Poliscan-Messverfahren gerade nicht um sogenannte standardisierte Messverfahren im Sinne der Rechtsprechung handelt. Die weitaus meisten im Einsatz befindlichen Messsysteme sind mittlerweile von der Rechtsprechung als standardisiert anerkannt, so auch die Poliscan-Messsysteme.
Was heißt das? Standardisiert?
Das bedeutet, dass das Gericht in jedem Einzelfall unterstellen darf, dass die jeweilige konkrete Messung ordnungsgemäß und verwertbar ist, es sei denn, der Betroffene legt dar, dass in seinem konkreten Fall Anhaltspunkte für eine Fehlmessung vorliegen.
Wer sich also mit einer solchen Poliscan-Säule ein mehr oder weniger schönes Selbstportrait schießen lässt, hat darzulegen, was mit der Messung nicht stimmen soll. Kann er das nicht, kann ihn das Gericht mit einem einfachen: „Passt schon!“, zum Teufel schicken.
Wie kann das sein?
Man fragt sich – nicht zuletzt wegen der Bedeutung der Unschuldsvermutung – als interessierter Bürger oder gerade erst kürzlich Poträtierter, wie das sein kann. Muss nicht die Staatsgewalt den Beweis erbringen, dass der Tatvorwurf auch zutrifft, sprich das Messergebnis stimmt?

Mitnichten!
Die Mühe macht man sich bei diesen Massenverfahren nicht. Es würde die Gerichte nämlich überlasten, wenn jede einzelne Messung von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen überprüft werden müsste. Ein einfaches: „Passt schon!“, beschleunigt das Verfahren da ungemein.
Was sagen die Gerichte dazu?
Die Argumentation der Oberlandesgerichte ist: Die verschiedenen Messsysteme bedürfen einer Zulassung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB-Zulassung). Und die Oberlandesgerichte gehen davon aus, dass bereits durch die Zulassung bzw. das Prüfverfahren der PTB in Verbindung mit der Eichung und einer ordnungsgemäßen Bedienung der Geräte gemäß Bedienungsanleitung sichergestellt ist, dass die Messergebnisse korrekt und verwertbar sind.
Was hat das OLG Frankfurt dazu gesagt?
Das OLG Frankfurt führt in der angesprochenen Entscheidung, Beschluss vom 04.12.2014 – 2 Ss-OW i 1041 /14 –aus:
„Mit der Zulassung erklärt die PTB im Wege eines Behördengutachtens (antizipiertes Sachverständigengutachten), dass bei dem zugelassenen Gerät ein durch Normen vereinheitlichtes (technisches) Verfahren vorliegt, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind (sog. „standardisierte Messverfahren“ – ständige Rspr. der Obergerichte vgl. OLG Düsseldorf Beschluss vom 14.07.2014 – IV-1 RBs 50/14, 1 RBs 50/14 m.w.N.). Die Zulassung erfolgt dabei nur, wenn das Messgerät die umfangreichen Testreihen erfolgreich durchlaufen hat, bei denen die PTB das Messgerät auch unter atypischen Verkehrsszenarien auf seine Störungsresistenz prüft. Die Art der Verwendung und der zulässige Verwendungsaufbau werden von der PTB bei der Zulassung vorgegeben.

Ist ein Messgerät von der PTB zugelassen und ist das Messgerät im Rahmen der Zulassungsvorgaben verwendet worden, ist das Tatgericht grds. von weiteren technischen Prüfungen, insbesondere zur Funktionsweisen des Messgeräts, enthoben. Die Zulassung durch die PTB ersetzt diese Prüfung. Damit soll erreicht werden, dass bei dem Massenverfahren im Bußgeldbereich nicht jedes Amtsgericht bei jedem einzelnen Verfahren die technische Richtigkeit der Messung jeweils neu überprüfen muss. Ist die Messung im Rahmen der Zulassung erfolgt, – derzeit nach Maßgabe der PTB-Anforderungen (PTB-A) 18.11 vom Dezember 2013 -, kann das Gericht grds. von der Richtigkeit der Messung ausgehen.“
Die Entscheidung ist auf der Homepage des Kollegen Burhoff unter:

https://www.burhoff.de/insert/?/asp_weitere_beschluesse/inhalte/2868.htm

veröffentlicht.
Was sagen die Sachverständigen der VUT GmbH dazu?

Nach Ansicht der Sachverständigen der VUT GmbH steht diese Argumentation des Oberlandesgerichts Frankfurt in wesentlichen Teilen im Widerspruch zur Beschreibung des Prüfverfahrens, so wie es von der PTB selbst dargestellt wird.
Die VUT GmbH kritisiert unter anderem und meines Erachtens auch zurecht, dass weder der technische Geräteaufbau öffentlich im Detail bekannt ist, noch die verwendete Software. Zudem wird der Umfang der Zulassungsprüfung durch die PTB nicht bekanntgegeben.
Die PTB äußert sich seit Jahren – auch auf die zahlreichen Nachfragen der Anwaltschaft und Sachverständigen – nicht dazu, wie die Prüfung des Messgerätes vor Zulassung im Einzelnen erfolgt. Es ist also weder bekannt, was die PTB genau prüft noch wie. Ein solches Prüfverfahren lässt sich denkbar schlecht einer Gegenprüfung durch den Betroffenen bzw. einen Sachverständigen unterziehen.
Statt: „Passt schon!“, müsste man also eher sagen: „Nichts genaues weiß man nicht!“.
Gerade bei den Poliscan-Messverfahren kommt hinzu, dass es in jüngster Zeit durch eine Umstellung der Auswertesoftware dazu gekommen ist, dass sich der sogenannte „Auswerterahmen“ verschiebt.
Der Auswerterahmen ist ein Viereck, das auf dem Messfoto abgebildet ist und bestimmte Fahrzeugteile umfassen muss. Lange Zeit hieß es von Seiten des Herstellers, wenn der Auswerterahmen das Nummernschild und/oder einen Vorderreifen umfasse, sei die Messung auch korrekt.
Wenn nun aber bewiesen ist, dass das Viereck – quasi willkürlich und je nach Verwendung der Versionen der Auswertesoftware – seinen Platz und seine Ausdehnung verändert, dann muss doch die Frage erlaubt sein, wie das sein kann. Die VUT GmbH konnte in diesem Zusammenhang in Einzelfällen nachweisen, dass ein und dieselbe Messung mit der einen Auswertesoftware als verwertbar und korrekt eingestuft wurde, während bei Verwendung einer anderen Softwareversion eine Verwerfung der Messung erfolgte.
Dies sind nur einige der Kritikpunkte.
Die umfangreiche und lesenswerte Stellungnahme der Sachverständigen der VUT GmbH finden Sie bei Interesse hier:
http://vut-verkehr.de/aktuelle-downloads.html

Gegendarstellung

Auf der Internet-Seite des Rechtsanwaltes Dominik Weiser, Saarbrücken, www.rechtsanwalt-weiser.de wird mit einem Beitrag vom 12.02.2015 unter der Überschrift „OLG Frankfurt zum Poliscan: „Passt Schon!““ behauptet:

1.) „Auch die Bürger und Besucher der schönen Stadt Neunkirchen/Saar dürfen sich seit einigen Monaten über die Verschönerung der Landschaft durch die kleinen „bildschönen“ Säulen der Firma Vitronic freuen:“

Dies ist falsch. Richtig ist vielmehr, dass in der Stadt Neunkirchen/Saar keine Geschwindigkeitsmessgeräte der Firma Vitronic aufgestellt sind.

2.) In dem Bericht wird im Weiteren ausgeführt wie folgt: „Dass Vitronic, der Hersteller der Poliscan-Messsysteme, an den Knöllchen beteiligt wird, ist lange bekannt und war auch schon vor Jahren Gegenstand medialen Interesses.“

Soweit hierdurch der Eindruck erweckt wird, die Firma Vitronic erhalte einen Teil der Einnahmen aus Bußgeldern, ist dies falsch. Richtig ist vielmehr, dass die Firma Vitronic nicht an den Einnahmen aus Bußgeldern beteiligt ist.

Wiesbaden, den 2.4.15

VITRONIC Dr.-Ing. Stein Bildverarbeitsungssysteme GmbH
vertreten durch den Geschäftsführer Dr.-Ing. Norbert Stein

Achtung! Neue Verjährungsfristen für Alkohol- und Drogenfahrten!

Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Reform des Straßenverkehrsrechts mit Wirkung zum 1. Mai 2014 die Höchstgeldbuße für Verkehrsordnungswidrigkeiten nach § 24a StVG (Alkoholordnungswidrigkeiten ab 0,5 Promille) von 1.500,00 € auf 3.000,00 € angehoben.

Es bleibt zwar dabei, dass die Regelbuße gemäß Bußgeldkatalog für fahrlässige Begehungsweise 500,00 €, 1 Monat Fahrverbot und 2 Punkte (neu) beträgt.

Die Anhebung des (theoretischen) Höchstsatzes auf 3.000,00 € hat aber die für den Betroffenen nachteilige Folge, dass es sich nun bei fahrlässiger Begehung um eine Ordnungswidrigkeit nach § 31 II Nr. 3 OWiG handelt. Bei fahrlässiger Begehung (halber Höchstssatz = 1.500,00 €) tritt Verjährung daher künftig erst nach einem Jahr und nicht – wie bislang – nach sechs Monaten ein.

Bei vorsätzlicher Tatbegehung ist § 31 II Nr. 2 OWiG anwendbar. Dann beträgt die Höchstbuße 3.000,00 € und Verjährung tritt erst nach zwei Jahren ein.

Abschließend weise ich darauf hin, dass diese Ausführungen nur für das Ordnungswidrigkeitenverfahren Geltung beanspruchen nicht aber für ein Strafverfahren wegen Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB) oder Gefährdung des Straßenverkehrs ( § 315 c StGB).

Tipp: Schweigen ist Gold!

Wenn Sie mit Alkohol am Steuer erwischt wurden, sollten Sie von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen und sich bei mir melden! In Verkehrsstrafsachen erhalten Sie umgehend einen Besprechungstermin.

Kein Fahrverbot bei Augenblicksversagen innerorts

Auch bei Regelfahrverboten, wie etwa Überschreitung der Geschwindigkeit um mehr als 30 km/h innerhlab geschlossener Ortschaften, kann es an einem groben Verstoß gegen Verkehrspflichten fehlen, so dass die Verhängung eines Fahrverbotes unrechtmäßig ist.

Das gilt insbesondere bei Fällen des sogenannten Augenblicksversagens.
Ein Augenblicksversagen liegt vor, wenn der Betroffene aufgrund einer besonderen Ablenkungssituation einen Moment unaufmerksam ist und daher eine verkehrsrechtliche Anordnung bzw. ein Verkehrszeichen übersieht.

In den letzten Jahren sind zahlreiche obergerichtliche Entscheidungen rund um das Thema Augenblicksversagen gefällt worden. Es soll vorab nicht unerwähnt bleiben, dass jeder einzelne Fall eben ein Einzelfall ist und der Besprechung bedarf.

Nachfolgend möchte ich zur ersten Orientierung einen Überblick über einige obergerichtlich Urteile zum Thema Augenblicksversagen bei Geschwindigkeitsverstößen innerorts geben:

Beim Überfahren eines Ortseingangsschildes liegt ein Augenblicksversagen nur dann vor, wenn der Fahrer das Schild nicht nur übersehen hat sondern darüber hinaus auch nicht erkennen konnte, dass er sich bereits in einer geschlossenen Ortschaft befand. Letzteres schließen die Gerichte bei Ortskenntnis des Betroffenen allerdings regelmäßig aus.

An einem groben Pflichtverstoß kann es im Einzelfall auch dann fehlen, wenn die Aufstellung des Ortseingangsschildes nicht den Verwaltungsvorschriften entsprach.

Auch wenn ein Tempo 30 – Schild direkt hinter einem Ortsschild aufgestellt ist oder wenn der Grund für die Beschränkung (beispielsweise vor einer Schule in der Ferienzeit) weggefallen ist, kann es zu einem Wegfall des Fahrverbots kommen.

Häufig kommen auch Geschwindigkeitsverstöße innerorts zur Nachtzeit vor, weil der Betroffene ortsunkundig ist, das Ortseingangsschild übersieht, wenige oder keine Bebauung vorhanden ist und die Beleuchtung unzureichend ist.

Auch in solchen Fällen kann die Voraussetzung für ein Fahrverbot entfallen.

Absehen vom Fahrverbot – Verkehrspsychologische Schulung

Das Amtsgericht Landstuhl hat mit Urteil vom 11.9.2014 entschieden, dass von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen werden kann, wenn der Betroffene an einer verkehrspsychologischen Schulung teilgenommen hat. Im Gegenzug wurde die Geldbuße erhöht.

Das Amtsgericht war in diesem Fall außergewöhnlich großzügig, da der Betroffene bereits mehrere Voreintragungen hatte.

Verkehrspsychologische Schulungen gewinnen seit Jahren an Bedeutung bei der Frage der Erforderlichkeit eines Fahrverbotes im Bußgeldverfahren. Gleiches gilt für die Fahrerlaubnisentziehung und das Fahrverbot im Strafverfahren. Solche Schulungen werden von verschiedenen Stellen angeboten, z.B. dem TÜV.

Es sei allerdings davor gewarnt, vorschnell und auf eigene Faust irgendwelche Schulungsmaßnahmen zu absolvieren und dann zu erwarten, das Gericht werde auf jeden Fall vom Fahrverbot absehen. Es ist natürlich eine substantiierte Begründung der Einzelfalles erforderlich. Auch verfahren die Gerichte durchaus unterschiedlich großzügig. Das gilt ebenfalls für das vorgeschaltete Verwaltungsverfahren. Auch die Bußgeldstellen sind regional unterschiedlich streng bei der Verhängung von Fahrverboten.

Einführung der Halterhaftung in Deutschland?

Derzeit prüft die Bundesanstalt für Straßenwesen, ob eine Halterhaftung auch in Deutschland eingeführt werden kann.

Nach aktueller Rechtslage existiert eine solche Halterhaftung nur im ruhenden Verkehr (Park- und Halteverstöße). Kann der derjenige, der das Fahrzeug ordnungswidrig geparkt hat, nicht ermittelt werden, muss der Halter die Kosten des Verfahrens tragen.

Die sogenannte Halterhaftung existiert in den meisten europäischen Ländern auch im fließenden Verkehr. Diese ist meist so ausgestaltet, dass das Bußgeld letztlich für die Nichtbenennung des Fahrers verhängt wird. Bestraft wird der Halter also nicht für den eigentlichen Verstoß (z.B. Geschwindigkeitsverstoß) sondern weil er den Fahrer nicht preisgibt.

Eine ebensolche Haftung des Halters für Verstöße im fließenden Verkehr ist nun auch in Deutschland im Gespräch. Hintergrund ist, dass die Ermittlung des Fahrers immer dann, wenn der Fahrer nicht gleichzeitig Halter des Fahrzeugs ist, mit erheblichem Aufwand verbunden sein kann. Häufig verläuft sie auch erfolglos, wenn der Halter nicht „petzt“. Bislang besteht lediglich die Möglichkeit, dem Halter, der nicht an der Fahrerermittlung mitwirkt, eine Fahrtenbuchauflage aufzuerlegen.

 

 

Probezeit – Aufbauseminar auch für Fahrradfahrer

Das Verwaltungsgericht Aachen hat entschieden, dass auch bei einem Rotlichtverstoß eines Fahranfängers, der mit einem Fahrrad begangen wurde, die Verhängung einer Probezeitmaßnahme rechtmäßig ist (VG Aachen, Urt. v. 28.11.2013 – 3 L 571/13).

Hierbei ist vor allem die Bindungswirkung des rechtskräftigen Bußgeldbescheids zu beachten. Wird der betroffene Fahranfänger im Bußgeldverfahren rechtskräftig „verknackt“, hat er im Verwaltungsverfahren wegen der Probezeitmaßnahmen schlechte Karten.

Bei Ordnugnswidrigkeiten  gilt für Fahranfänger ohnehin: Lieber gleich zum Fachanwalt!

 

Amtsgericht Lüdinghausen: Stuhldrang schützt nicht vor Fahrverbot

„Schöne Sch …“, wird sich der Betroffene des Ordnungswidrigkeitenverfahrens 19 OWi-89 Js 155/14 vor dem Amtsgericht Lüdinghausen gedacht haben.

Er hatte sich vor dem Amtsgericht dahingehend eingelassen, wegen starken Stuhldrangs unaufmerksam gewesen zu sein. Mit dieser Begründung hat das Amtsgericht Lüdinghausen das Vorliegen einer notstandsähnlichen Situation abgelehnt. Kein Absehen vom Fahrverbot! Die Argumentation des Betroffenen hinkte nämlich. Unaufmerksamkeit wegen akuten Durchfalls führt nicht zu einem Augenblickversagen und auch nicht zu einer notstandsähnlichen Situation.

Anders wäre die Sache wohl ausgegangen, wenn der Betroffene nicht mit Unaufmerksamkeit sonern tatsächlich mit absichtlicher Geschwindigkeitsüberschreitung, um die Notdurft nicht im Fahrzeug verrichten zu müssen, argumentiert hätte. Dazu der Beschluss des OLG Düsseldorf vom 6.12.2007 – IV-5 Ss (OWi) 218/07 – (OWi) 150/07 I, 5 Ss (OWi) 218/07 – (OWi) 150/07 I:
„Dass ein Verkehrsverstoß im Einzelfall durch einen Notstand, § 16 OWiG, gerechtfertigt sein kann, wenn der oder die Betroffene ihn begangen hat, um einem plötzlich aufgetretenen und „unabweisbaren“ Stuhldrang (Durchfall) nachzukommen, ist allgemein anerkannt.“

Übernahme von Bußgeldern durch Spedition ist Arbeitslohn

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 14.11.2013 – VI R 36/12 – entschieden:

„Übernimmt der eine Spedition betreibende Arbeitgeber die Bußgelder, die gegen bei ihm angestellte Fahrer wegen Verstößen gegen die Lenk- und Ruhezeiten verhängt worden sind, handelt es sich dabei um Arbeitslohn.“

Der Bundesfinanzhof hatte zu dieser Thematik mit Urteil vom 7.7.2014 entschieden, dass solche Übernahmen durch den Arbeitgeber keinen Arbeitslohn darstellen. Die Zahlungen seien vielmehr im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse und nicht mit Entlohnungscharakter erfolgt.

Von dieser Rechtsprechung nimmt der Bundesfinanzhof nun ausdrücklich mit folgender Begründung Abstand:

„Vorteile haben keinen Arbeitslohncharakter, wenn sie sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen. Das ist der Fall, wenn sie aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse des Arbeitgebers gewährt werden. Ein rechtswidriges Tun ist keine beachtliche Grundlage einer solchen betriebsfunktionalen Zielsetzung.“

Rechtsfolge: Lohnsteuernachforderungen!

Reform des Punktekatalogs: Punkteumrechnung

kosten

Am 1. Mai 2014 werden die „alten“ Punkte in Flensburg ins neue Punktesystem umgerechnet. Außerdem entfällt für Punkte, die nach dem 1. Mai 2014 neu eingetragen werden (nicht für die umgerechneten Altpunkte) der „Mitzieheffekt“. Die Bepunktung der Verstöße ändert sich grundlegend  (nur noch 1 bis 3 Punkte pro Verstoß) und jeder Verstoß wird separat nach seiner eigenen Tilgungsfrist getilgt.

Und wie läuft das nun mit der Punkteumrechnung? Ganz einfach:

Das geschieht, indem zunächst anhand der vorhandenen Eintragungen geprüft wird, was nach dem neuen Punktekatalog nicht mehr einzutragen wäre. Punkte, die auf  Eintragungen beruhen, die künftig nicht mehr erfolgen würden, werden vorweg gelöscht.

Nach dieser „Bereinigungsaktion“ erfolgt die eigentliche Umrechnung der verbliebenen Punkte nach folgender Tabelle:

Alt Neu

1 – 3

1

4 – 5

2

6 – 7

3

8 – 10

4

11 – 13

5

14 – 15

6

16 – 17

7

18 und mehr

8

Stichtag ist der 1. Mai 2014! Wer laufende Verfahren hat, bei denen eine Punkteeintragung im Raum steht, tut sehr gut daran, sofort fachlichen Rat einzuholen. Es können kräftig „Punkte gut gemacht werden“!

Absehen vom Fahrverbot bei Nachweis einer verkehrspsychologischen Schulung

Knöllchen(2)Das Amtsgericht Bad Hersfeld hat durch Beschluss von der Verhängung eines Regelfahrverbotes gegen einen Betroffenen abgesehen, weil dieser an einer verkehrspsychologischen Intensivschulung (“avanti – Fahrverbot”) teilgenommen hat (AG Bad Hersfeld Beschl. v. 14.02.2013, 70 OWi – 31 Js 8265/12). Der Betroffene war außerhalb geschlossener Ortschaften 42 km/h zu schnell gefahren, was zu einem Regelfahrverbot führt (Link zum Bußgeldrechner).

Bemerkenswert an dieser Entscheidung ist zudem, dass der Betroffene bereits eine Voreintragung im Verkehrszentralregister hatte, die nur drei Monate vor der erneuten Tatbegehung rechtskräftig geworden war. Es handelte sich also nicht um einen Ersttäter. Des Weiteren hat das Amtsgericht die Geldbuße unter Verweis auf die Kosten der Schulungsmaßnahme auch nicht verdoppelt.

Da wird sich der TÜV als Anbieter der avanti-Fahrverbot-Schulungen aber gefreut haben.

Fazit: Eine erfreuliche Entscheidung. Betroffenen muss allerdings geraten werden, nicht vorschnell und auf eigene Faust an Schulungsmaßnahmen teilzunehmen. Erfahrungsgemäß beruhen solche Beschlüsse auf Absprachen zwischen Verteidiger, Staatsanwaltschaft und Gericht. Außerdem ist natürlich vorrangig zu prüfen, ob der Tatnachweis geführt werden kann.

OLG Hamm zum Absehen vom Fahrverbot: Wer fahren will, muss vortragen!

Das Oberlandesgericht Hamm hat eine amtsgerichtliche Entscheidung aufgehoben, die ein Absehen vom Fahrverbot bei einem berenteten, aber noch in seinem Beruf tätigen Architekten ausgeurteilt hatte.

Das OLG führt aus, dass ein Absehen vom Regelfahrverbot wegen beruflicher oder wirtschaftlicher Schwierigkeiten eine eingehende Begründung erfordere und eine unkritische Übernahme der Angaben des Betroffenen nicht ausreiche (OLG Hamm 28.3.12, III-3 RBs 19/12).

Fazit: Wer ein Absehen vom Fahrverbot erreichen möchte, muss umfassend darlegen, aus welchen Gründen eine unzumutbare Härte vorliegt.

OLG Hamm – Reduzierung der Geldbuße bei Rentnern

GerichtsverfahrenBei der Verhängung von Regelgeldbußen sind nähere Betrachtungen der wirtschaftlichen Verhältnisse im Normalfall nur erforderlich, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass diese besonders gut oder schlecht sind. Dabei gilt beispielsweise die bloße Eigenschaft als Rentner nicht zwangsweise als Indiz für schlechte wirtschaftliche Verhältnisse. Beträgt die Verhängung eines Bußgeldes jedoch über 250 Euro, sind nähere Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen erforderlich. (OLG Hamm 20.3.12, III-3 RBs 440/11)

Durchsuchung und Beschlagnahme wegen Geschwindigkeitsüberschreitung zulässig

Starenkasten150x100In einem Bußgeldverfahren, in dem dem betroffenen Motorradfahrer eine Geschwindigkeitsüberschreitung vorgeworfen wird, die zur Eintragung von drei Punkten im Verkehrszentralregister führen kann, sind die Durchsuchung der Wohnung und die Beschlagnahme der auf dem Messfoto abgebildeten und bei dem Betroffenen aufzufindenden Motorradkleidung und des Schutzhelms zwecks Vorbereitung eines anthropologischen Identitätsgutachtens bzw. einer gerichtlichen Inaugenscheinnahme erforderlich und verhältnismäßig.
(Landgericht Tübingen, Beschluss vom 29. Dezember 2011 – 1 Qs 248/11 OWi)

Anmerkung: Dem Betroffenen wurde eine Überschreitung von 39 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften vorgeworfen. Inwiefern die Durchsuchung der Wohnung und die Beschlagnahme der Motorradkeidung geeignete Manßnahmen zur Identifizierung des Betroffenen darstellen sollen, ist für mich nicht nachvollziehbar. Das Landgericht führt in seinem Beschluss hierzu – meines Erachtens wenig überzeugend – aus:

„Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Wohnungsdurchsuchung vorliegend keineswegs ungeeignet war, eine Identifizierung des Fahrers zu ermöglichen. Zumindest bildet das Auffinden der Motorradbekleidung beim Betroffenen ein wichtiges Indiz in der Beweiskette gegen den Betroffenen.“.

Abstandsverstoß – Erforderliche Messstrecke

Bussgeldkatalog

Für die Feststellung eines Abstandverstoßes kann im Einzelfall bereits eine zurückgelegte Fahrstrecke von 150 m genügen. (OLG Hamm 30.8.2012 – III-1 RBs 122/12 ). Die Kriterien, die ein Messverfahren zu erfüllen hat, werden momentan lediglich von drei Messsystemen erfüllt. Dabei handelt es sich um das Brückenabstandsmessverfahren VAMA, das Brückenabstandsmessverfahren ViBrAM-BAMAS und das VKS 3.01. Als standardisiertes Messverfahren wird dabei die Methode, des hauptsächlich in Bayern eingestzten VAMA angesehen. Dies gilt sowohl für den Messvorgang an sich als auch für die nachfolgende Auswertung der Daten.

Kosten eines vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachtens

Bußgeldbescheid mit FührerscheinHat der Betroffene eines Bußgeldverfahrens Zweifel an der Ordnungsgemäßheit der Messung, so kann er die Messung mittels eines selbst beauftragten Privatgutachters begutachten lassen. Er kann auch einen Beweisantrag auf Einholung eines vom Gericht bestellten Sachverständigen stellen.

Mit einem Fall, in dem das Amtsgericht ohne vorherige Anhörung des Betroffenen von Amts wegen einen Gutachter beauftragt hat, hatte sich das Amtsgericht Frankfurt an der Oder zu beschäftigen.
Der Betroffene hatte Zweifel an der Ordnungsgemäßheit der Messung vorgetragen. Das Amtsgericht hat ohne Anhörung des Betroffenen und ohne Information des Betroffenen einen Sachverständigen beauftragt, die Messung zu begutachten und in der Hauptverhandlung das Ergebnis zu erörtern.

Durch eine solche Begutachtung entstehen Kosten, die nicht selten im vierstelligen Bereich liegen. Besteht eine eintrittspflichtige Rechtsschutzversicherung, kommt diese in der Regel für die Kosten auf. Für den nicht rechtsschutzversicherten Betroffenen stellt ein solches Vorgehen des Gerichts eine ganz erhebliche Kostenfalle dar.

Der Betroffene, dem die Kosten der Begutachtung auferlegt werden sollten, hat gegen den Kostenansatz Erinnerung eingelegt. Das Amtsgericht Frankfurt an der Oder hat auf die Erinnerung des Betroffenen entschieden, dass er die Kosten der Begutachtung nicht zu tragen habe (sog. Niederschlagung der Kosten). Er hätte nach Ansicht des Amtsgerichts vor der Einholung des Gutachtens über diese vom Gericht beabsichtigte Maßnahme informiert und es hätte ihm die Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt werden müssen.

Im Ergebnis eine zutreffende und betroffenenfreundliche Entscheidung, die der aktuellen Tendenz der Amtsgerichte, die Betroffenen mit den Kosten eines gerichtlichen Gutachtens von Einwänden gegen die Ordnungsgemäßheit der Messung abhalten zu wollen, entgegenwirkt.

Hat der Betroffene Zweifel an der Ordnungsgemäßheit der Messung, ist dringend anzuraten, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Der Verteidiger regelt für den Betroffenen in Zusammenarbeit mit dem Rechtsschutzversicherer die Kosten der Begutachtung der Messung, ohne dass dem Betroffenen ein erhebliches Kostenrisiko droht.

Rechtsschutzversicherung im Verkehrsrecht – Teil 1

Warum dieser Beitrag?

Mit der Rechtsschutzversicherung im Bereich Verkehrsrecht ist das so eine Sache. Viele Betroffene erkennen überhaupt nicht, dass ein Rechtsschutzversicherer eintrittspflichtig ist. Das ist schon mal sehr schlecht.

Denn es betrifft nicht nur die Frage des Leistungsumfangs einer Rechtsschutzversicherung, vielmehr wissen viele eigentlich versicherte Personen schon nicht, dass sie rechtsschutzversichert sind, weil sie meinen, nur wer einen eigenen Versicherungsvertrag abgeschlossen habe, sei rechtsschutzversichert.

In dieser Unwissenheit scheuen Sie natürlich den Weg zum vermeintlich teuren Rechtsanwalt. Da auch ich vermutlich solch ein häufig Gescheuter (im Übrigen auch Gescheiter) bin, möchte ich diesem Missstand so gut es geht – natürlich ausschließlich zum Wohle der Betroffenen – abhelfen. Nur am Rande sei erwähnt, dass ich selbstverständlich vor Annahme des Mandats prüfe, ob ein Rechtsschutzversicherer eintrittspflichtig ist und mich für den Mandanten kostenlos um die Deckungszusage des Rechtsschutzversicherers kümmere.

Die Kostenzusage des Rechtschutzversicherers ist darüber hinaus nicht nur für die entstehenden Anwaltskosten von Bedeutung – natürlich freut sich der Anwalt (also ich), wenn ein Rechtschutzversicherer eintrittspflichtig ist. Vielmehr trägt der Rechtsschutzversicherer in den meisten Fällen auch die vollständigen Verfahrenskosten, was auch die Kosten eines gerichtlichen und / oder privaten Sachverständigengutachtens, die sich nicht selten im vierstelligen Bereich bewegen, und die Gerichtskosten beinhaltet.
Für die Vertretung des Mandanten ergibt sich aus der Eintrittspflicht des Rechtsschutzversicherers wegen des damit einhergehenden, auf den vereinbarten Selbstbehalt reduzierten Kostenrisikos ein ganz erhebliches Potenzial. Wer rechtsschutzversichert ist, kann es sich im Rahmen der Eintrittspflicht des Versicherers beispielsweise erlauben, einen teuren Sachverständigen zur Überprüfung der Ordnungsgemäßheit einer Geschwindigkeitsmessung hinzuzuziehen, ohne Kostenrisiko Klage zu erheben, sein Fahrzeug nach dem Kauf auf Mängel begutachten zu lassen, selbstständige Beweisverfahren zur Beweissicherung einzuleiten, Beweisanträge zu stellen, Rechtsmittel einzulegen, und vieles mehr.

Der jeweilige Leistungsumfang der verschiedenen Rechtsschutzversicherer ist seit einigen Jahren nicht mehr einheitlich, im Wesentlichen jedoch gleich ausgestaltet. Ich möchte mit diesem und nachfolgenden Beiträgen den üblichen Leistungsumfang der Rechtsschutzversicherer- zumindest in groben Zügen – in verschiedenen verkehrsrechtlichen Gebieten darstellen.

Der heutige Beitrag befasst sich mit dem Thema Rechtsschutz bei Verkehrsstraf- und ordnungswidrigkeiten. Beiträge zum zivilen Verkehrsrecht (Unfallregulierung, Kauf- und Leasingverträge) sowie zum Fahrerlaubnisrecht werden demnächst folgen.


Verkehrsrechtsschutz in den Bereichen Verkehrsstrafverfahren und Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren

Wer ist versichert?

Versichert ist natürlich derjenige, der eine Verkehrsrechtsschutzversicherung abgeschlossen hat, also der Versicherungsnehmer.

Dieser ist aber nicht die einzige Person, die im Rahmen des Verkehrsrechtsschutzes versichert ist. Neben der Möglichkeit, als Familienmitglied, beispielsweise über die Ehefrau oder den Ehemann, den Vater oder die Mutter, mitversichert zu sein, besteht im Verkehrsrechtsschutz die leider sehr oft übersehene Möglichkeit, als berechtigter Fahrer mitversichert zu sein.

Wer berechtigter Weise mit einem Fahrzeug fährt, das auf eine rechtsschutzversicherte Person zugelassen ist, kann die Rechtsschutzversicherung des „Halters“ in Anspruch nehmen. Ein besonderes, etwa verwandtschaftliches Verhältnis zum Fahrzeughalter ist dabei nicht erforderlich. Wer beispielsweise mit einem von einem Bekannten geliehenen Fahrzeug geblitzt wird, ist über die Rechtsschutzversicherung seines Bekannten mitversichert.

Eine häufige Fallgruppe bildet in diesem Zusammenhang der Arbeitnehmer, der mit einem Firmenfahrzeug geblitzt wird. Ist der Arbeitgeber, auf den das Fahrzeug zugelassen ist, verkehrsrechtsschutzversichert, so kann der Arbeitnehmer diese Rechtsschutzversicherung in Anspruch nehmen, auch wenn er nicht selbst rechtsschutzversichert ist.

Was ist versichert?

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es sich allgemein immer lohnt, die jeweiligen Versicherungsbedingungen, die der Mandant vereinbart hat, einer genauen Prüfung zu unterziehen. Inzwischen gibt es zahlreiche Rechtsschutzversicherer, die auch im Bereich des allgemeinen Strafrechts – also außerhalb des verkehrsrechtlichen Bereichs – „Komfortpakete“, bei denen auch Vorsatzdelikte, z.B.: Betrug, Diebstahl und Sachbeschädigung, vorläufig versichert sein können, anbieten. Das soll aber nicht Gegenstand dieses Beitrages sein.

Dies gilt nämlich nicht für Vorsatzdelikte im Bereich der Verkehrsordnungswidrigkeiten. Bei Verkehrsordnungswidrigkeiten (Geschwindigkeitsverstöße, Rotlichtverstöße, Abstandsverstöße, etc.) sind sowohl Vorsatzdelikte vom Rechtsschutz umfasst als auch vorsätzlich begangene Verkehrsordnungswidrigkeiten, die auch fahrlässig begangen werden können. Einfach ausgedrückt ist bei Verkehrsordnungswidrigkeiten auch Vorsatz versichert.

Der Rechtsschutz im Verkehrsordnungswidrigkeitenrecht ist sehr umfassend. Darauf, ob eine Verurteilung wegen fahrlässiger oder vorsätzlicher Begehung erfolgt, kommt es bei Verkehrsordnungswidrigkeiten nicht an. In diesem Bereich sind auch Privatgutachten zur Ordnungsgemäßheit der Messung versichert.

Früher geltende Allgemeine Rechtsschutzbedingungen, die die vorsätzliche Begehung einer Verkehrsordnungswidrigkeit vom Rechtsschutz ausgenommen haben, sind meines Wissens durchweg abgeschafft. Dennoch kann sich vorosrglich eine klarstellende Kostenzusage, wenn eine Verurteilung wegen Vorsatzes möglich erscheint, im Laufe des Verfahrens empfehlen.

In Verkehrsstrafsachen besteht, auch wenn der Tatvorwurf auf Vorsatz lautet, vorläufige Deckung. Das bedeutet, dass der Versicherungsnehmer zunächst als versichert behandelt wird, mithin der Rechtsschutzversicherer zunächst die Kosten des Verteidigers übernimmt. Erfolgt jedoch im Verlauf des Verfahrens eine Bestrafung wegen Vorsatzes, muss der Versicherungsnehmer die geleisteten Zahlungen an den Rechtschutzversicherer zurückzahlen.

Typische Beispiele hierfür sind die Trunkenheitsfahrt, die Unfallflucht und die Gefährdung des Straßenverkehrs.

Wenn die Verteidigung ausnahmsweise im Übrigen aussichtslos sein sollte, so ist es doch in den weitaus meisten Fällen möglich, zumindest eine Verurteilung wegen fahrlässiger Begehung, dies gilt insbesondere für Trunkenheitsdelikte, zu erreichen. Dann bleibt es letztlich dabei, dass der Versicherungsnehmer weder Anwalts- noch Gerichtskosten zahlen muss.

Aus zwei mach eins – Fahrverbote gleichzeitig antreten

Bußgeldbescheid mit FührerscheinUnverhofft kommt oft und manchmal doppelt. Gerade bei Vielfahrern (z.B.: Außendienstler, Berufskraftfahrer, etc.) kommt es häufiger zu Verkehrsverstößen, da diese Personengruppen häufig mehrere 10.000 km im Jahr fahren.

Wenn es ganz dumm läuft, wird der Betroffene zwei Mal nacheinander geblitzt und es stehen plötzlich zwei Fahrverbote im Raum. Was vielen Betroffenen nicht bewusst ist, ist dass diese unter Umständen auch gleichzeitig angetreten werden können. Handelt es sich um zwei Fahrverbote, bei denen keine Schonfrist nach § 25 Abs. 2 a StVG (4-monatige Abgabefrist) gewährt wurde, so ist die gleichzeitige Vollstreckung immer möglich.

Die Schonfrist wird gewährt, wenn gegen den Betroffenen innerhalb der letzten zwei Jahre kein Fahrverbot verhängt wurde und auch während des laufenden Verfahrens keins verhängt wird.

Beispiel: Wird gegen einen Betroffen in zwei Verfahren ein Fahrverbot von jeweils einem Monat verhängt und die Schonfrist nicht gewährt, so kann er diese beiden Fahrverbote gleichzeitig antreten. Es bleibt dann praktisch bei einem Monat Fahrverbot.

Ob das möglich ist, wenn bei beiden Fahrverboten oder einem der beiden Fahrverbote die Schonfrist gewährt wurde, wird von den Gerichten allerdings unterschiedlich beurteilt. In diesen Fällen empfiehlt es sich einen entsprechenden Antrag zum Gericht zu stellen.

Rotlichtverstoß wegen Glatteis – Absehen vom Fahrverbot

Anlässlich des aktuellen Wetterumschwungs weise ich heute auf einen etwas älteren Beschluss des OLG Dresden vom 27.2.1998 (AZ: 2 Ss (OWi) 84/98) hin:

Hat ein Autofahrer wegen spiegelglatter Fahrbahn vor einer Rotlicht zeigenden Ampel Brems- und Anhalteschwierigkeiten, trifft ihn dann, wenn er, nachdem er die Ampel beobachtet und festgestellt hat, daß keine Fußgänger unterwegs sind und auch sonst keine konkrete Gefahr besteht, die Kreuzung überquert, nur der Vorwurf leichtester Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt. Bei dieser Sachlage kann trotz Vorliegens eines qualifizierten Rotlichtverstoßes von der Anordnung des Regelfahrverbots abgesehen werden und nur die Regelgeldbuße von 250 DM verhängt werden.

Anmerkungen:

1. Es kommt natürlich auf den Einzelfall an. Verteidigung macht – wie immer – Sinn.

2. 250 DM sind gefühlte 4.000 Euro (wert). Keine Angst! Die Regelbuße beim qualifizierten Rotlichtverstoß liegt heute bei 200,00 Euro.

Gesetzesentwurf zur Reform des Punktesystems beschlossen

Der Gesetzesentwurf zur Reform des Punktekataloges ist seit heute beschlossene Sache. Der Entwurf muss natürlich noch den Bundestag und den Bundesrat passieren, bevor er ausgefertigt wird. Er ist einfach ausgedrückt als Vorschlag an den Gesetzgeber gedacht.

Wann die Reform in Kraft treten wird und ob die Änderungen eins zu eins vom Gesetzgeber übernommen werden, ist daher im Moment schwer zu sagen.

Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung stellt die Eckpunkte des Gesetzesentwurfs auf seiner Homepage vor:

BMVBS – Geplantes Fahreignungsregister

Die wesentlichen Änderungen sind folgende:

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Bußgelderhöhung für 2013 geplant

Für das kommende Jahr plant Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer neben der Reform des Punktekatalogs kräftige Bußgelderhöhungen. Das Thema wandert im Moment durch sämtliche Medien, beispielsweise sei auf den Artikel bei Spiegel online verwiesen: „Ramsauer verteidigt geplante Bußgelderhöhung„.
Die Liste der geplanten Erhöhungen scheint noch nicht abschließend geklärt zu sein. Sicher ist bislang, dass sich das Bußgeld für einen Handyverstoß von 40 € auf 70 € erhöhen wird. Ferner soll auch ein Verstoß gegen die Winterreifenpflicht oder die Anschnallpflicht für Kinder künftig mit 70 € statt wie bisher bislang mit 25 € bis 50 € zu Buche schlagen.
Wie sich die Neuerungen in den praktisch relevanten Bereichen (Geschwindigkeits-, Abstands-, Rotlichtverstöße) niederschlagen werden, steht wohl noch nicht fest. Geplant sind aber auch in diesen Bereichen Erhöhungen der Regelsätze des Bußgeldkatalogs.

 Kling, Kässchen, klingelingeling …

Missverständliche Beschilderung kann zum Absehen vom Fahrverbot führen

Das Oberlandesgericht Bamberg hat mit Beschluss vom 6. Juni 2012, Aktenzeichen 2 SS OWi 163/12 auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen ein Urteil des Amtsgerichts Bayreuth aufgehoben.

Das Amtsgericht Bayreuth hatte den Betroffenen am 16.02.2012 wegen einer am 24.10.2011 auf der BAB A 9 begangenen fahrlässigen Verkehrsordnungswidrigkeit der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 55 km/h zu einer Geldbuße von 240,00 € verurteilt. Zugleich verhängte es ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats.

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen war zwar letztlich erfolgreich und führte zu einer Zurückverweisung der Sache ans Amtsgericht, weil dem Urteil nicht zweifelsfrei zu entnehmen war, wie sich die Beschilderung am Tatort darstellte bzw. welches überhaupt die erlaubte Höchstgeschwindigkeit war. Das Oberlandesgericht Bamberg hat aber für die neue Entscheidung des Amtsgerichts unter Bezugnahme auf weitere einschlägige Urteile auf Folgendes hingewiesen:

„Zum einen erscheinen Ausführungen zur vollständigen Beschilderungssituation vor der Verkehrskontrollstelle bei Prüfung der Möglichkeit des Absehens von der Verhängung eines Fahrverbots wegen Augenblicksversagens oder auch bei Prüfung, ob trotz einer Existenzgefährdung das Gewicht des Verkehrsverstoßes die Verhängung eines Fahrverbots zur Einwirkung auf den Betroffenen zwingend erforderlich macht, zumindest sinnvoll.

Zum anderen ist in der neuen tatrichterlichen Entscheidung weiter auszuführen, wie und wodurch jeweils das Zeichen 274 von dem offenbar am selben Pfosten befindlichen Zeichen 276 (Überholverbot) „deutlich … abgesetzt“ (UA S. 4) war (vgl. BayObLG VM 1978, 29/30; vgl. auch OLG Bamber NZV 2007, 633). Zwar bezieht sich – entgegen der Ansicht der Verteidigung – ein, wie im vorliegenden Fall, unter mehreren Verkehrszeichen angebrachtes Zusatzzeichen (hier nach Angaben der Verteidigung in der Rechtsbeschwerde das Zusatzzeichen 1049-13) nur auf das unmittelbar darüber befindliche Verkehrszeichen, wie aus § 39 Abs. 3 Satz StVO folgt (Hentschel/König/Dauer Straßenverkehrsrecht 41. Auflage 39 StVO Rn. 31a a.E.). Dennoch kann u.U. ein Irrtum über die beschränkte Wirkung von Zusatzschildern dazu führen, dass trotz Vorliegens der Regelvoraussetzungen die Anordnung eines Fahrverbots entfällt; dies etwa dann, wenn eine deutliche Trennung des durch das Zusatzschild eingeschränkten Überholverbots von dem Zeichen 274 nicht vorgenommen ist (vgl. OLG Bamberg NZV 2007, 633; BayObL NJW 2003, 2253).“

Fahrtenbuchauflage gegen kooperierenden Halter

Nach § 31 a StVZO kann gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs angeordnet werden, wenn die Feststellung des Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war.

In der Praxis kommt dies häufig in zwei Fallgestaltungen vor. Zum einen die Nutzung des auf einen Verwandten zugelassenen Fahrzeugs. Zum anderen sind dies die Fälle der Nutzung eines Firmenwagens.

Da die Behörden auf den Messfotos lediglich das Nummernschild als Anhaltspunkt für die Fahrerermittlung haben, wird zunächst eine Halteranfrage an denjenigen erfolgen, auf den das Fahrzeug zugelassen ist, sofern die Behörde davon ausgeht, dass der Halter nicht der Fahrer ist (z.B. bei erkennbar abweichendem Geschlecht). Dieser wird aufgefordert, den Fahrer zu benennen.

§ 31 a StVZO regelt die mögliche Rechtsfolge, namentlich die Verhängung einer Fahrtenbuchauflage für den Halter, wenn der Fahrer nicht innerhalb der (kurzen) Verjährungsfrist ermittelt werden kann.
Da die Fahrtenbuchauflage sich nicht auf das im Tatzeitpunkt geführte Fahrzeug beschränkt, ist diese gerade bei Firmen, auf die mehrere Fahrzeuge zugelassen sind, ein empfindliches Übel.

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat mit Beschluss vom 25.06.2012 AZ: 6 K 6286/11 entschieden, dass auch gegen denjenigen Halter, der gegenüber der Bußgeldstelle angibt, wem er das Fahrzeug überlassen hat, eine Fahrtenbuchauflage verhängt werden darf, wenn dies trotz ordnungsgemäßer Ermittlungen der Bußgeldbehörde nicht zu einem Erfolg, also zur Ermittlung des Täters, geführt hat.

Aus den Gründen:

„Wirkt der Halter des Geschäftsfahrzeugs an der Aufklärung des Fahrzeugführers mit, indem er denjenigen benennt, dem er das Fahrzeug überlassen hat, muss die Bußgeldbehörde so gegen diesen vorgehen, als ob er der Halter wäre.

Bleiben die gegen den Benannten gerichteten Aufklärungsmaßnahmen jedoch erfolglos, z. B. weil dieser (auch unter Verstoß gegen eine firmeninterne Dienstwagenvereinbarung/-richtlinie) keine Aufzeichnungen geführt hat, keine Auskünfte erteilt oder sich auf ein Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrecht beruft, und ist der Bußgeldbehörde beim Vorgehen gegen den Benannten sonst kein Ermittlungsdefizit unterlaufen, ist die Ermittlung im fahrtenbuchrechtlichen Sinne unmöglich. Im Ergebnis steht daher auch die nach Kräften geleistete Mitwirkung des Halters („Firma“) einer Fahrtenbuchauflage nicht entgegen, wenn sie zu keinem Erfolg geführt hat.“

Neues zur Neuregelung des Punktesystems

Über die geplante Reform des Punktesystems habe ich bereits im Februar berichtet. Beitrag: Reform des Punktekatalogs.
In der Zwischenzeit hat sich Einiges getan. Das Verkehrsministerium hat auf der Internetseite Punktereform.de zu einem Online-Bürgerdialog eingeladen, an dem rund 30.000 Bürger teilgenommen haben.
Hauptkritikpunkt dürfte die ungerechte Bewertung anhand eines zwei Punktesystems gewesen sein. Das Ministerium hat die Kritik aufgenommen und das geplante Zwei-Punkte-System in ein Drei-Punkte-System geändert. Künftig wird es für Straftaten im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr drei Punkte geben. Das Verwarnsystem („Punktetacho“) bleibt aber, wie angedacht, bestehen.
Wer also künftig wegen einer Straftat im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr bestraft wird, erreicht sofort die erste Maßnahmenstufe („Ermahnung“).
Den Punktetacho finden sie übrigens hier: Punktetacho.
Abgelehnt wurde der häufig geäußerte Wunsch der Bürgerinnen und Bürger nach einer Sonderregelung für Berufs- und Vielfahrer. Ebenso wurde der Wunsch nach der Beibehaltung des Punkteabbausystems durch Besuch von freiwilligen verkehrspsychologischen Seminaren abgelehnt. Die freiwilligen Seminare, mit denen bisher bis zu vier Punkte abgebaut werden konnten, fallen also in Zukunft weg. Mehrfachtätern ist daher anzuraten, anhand ihres Verkehrszentralregisterauszugs zu prüfen, ob die Teilnahme an einer solchen Maßnahme Sinn macht.

Das Formular zur Punktestandsanfrage finden Sie hier: Antrag auf Auskunft aus dem Verkehrszentralregister (PDF-Format).
Bei welchem Punktestand (derzeit noch) wie viele Punkte abgebaut werden können, können Sie hier nachlesen: Punktekatalog.

§ 69 Absatz 5 OWiG oder Ping Pong für Fortgeschrittene

Nach der Regelung des § 69 Absatz 5 OWiG kann das Gericht eine Bußgeldsache mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft wieder an die Bußgeldstelle zurückgeben, wenn der Sachverhalt offensichtlich ungenügend aufgeklärt ist. Das Ganze sogar zwei Mal und beim zweiten Mal kommt die Akte auch nicht mehr zurück zum Gericht.

Da das Bußgeldverfahren bekanntermaßen bei der Bußgeldstelle beginnt, die Akte nach Einspruch sodann die Staatsanwaltschaft passiert und schließlich beim Amtsrichter auf dem Tisch landet, stellt man sich auf den ersten Blick die Frage, wieso die Sache bis zum Richter gelangt, wenn sie „offensichtlich ungenügend“ aufgeklärt ist. Der rechtstreue Bürger an sich wird doch wohl erwarten dürfen, dass eine solche Akte erst beim Richter auf dem Tisch landet, wenn der Sachverhalt auch ausermittelt ist.

Wann also soll diese Regelung relevant sein?

Die Antwort ist einfach: In den zahlreichen Fällen, in denen die Fahrereigenschaft bestritten wird und das Messfoto undeutlich ist.

In meiner Praxis häufen sich beispielsweise die Fälle, in denen ein mobiles Navigationsgerät, das an der Windschutzscheibe angebracht wurde, das Gesicht des Fahrers fast vollständig verdeckt. Manche Betroffene sehen eher aus wie R2 – D2  mit Ohren denn wie ein Mensch … also auf dem Messfoto …

Wer nun denkt, die Bußgeldstellen würden solche Fälle „aussortieren“ oder zumindest, nachdem der Betroffene klargestellt hat, dass er nicht der Fahrer war, einstellen, der irrt. Ich zitiere mal wörtlich aus einem Aktenvermerk des Sachbearbeiters der Bußgeldstelle in einer laufenden Bußgeldsache:

„Das Bild ist zwar nicht so gut, doch sind Brille und Mundpartie zu erkennen, so dass bei evtl. Einspruch nach Bußgeldbescheid und Vorlage bei Gericht möglicherweise evt. ein Gutachter beauftragt werden wird. Da bis jetzt noch kein Rechtsanwalt eingeschaltet ist, würde ich ein Bußgeld erlassen, da auch ein Fahrverbot zu verhängen ist und bei Überschreitung von 54 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften auch Vorsatz zum Tragen kommt.“ (Hervorhebung durch mich).

M.a.W.: Ich erkenne ihn nicht. Er hat keinen Anwalt, ich haue das Bußgeld (doppelte Höhe wegen Vorsatz) mal raus und wenn er die Tat abstreitet, kann ja die Landesjustizkasse das Sachverständigengutachten und den Anwalt bezahlen, wenn er es nicht war.

In aller Regel wird der schwarze Peter (bzw. R2 – D2 ), wie dieses Beispiel zeigt, einfach an die Staatsanwaltschaft abgegeben. Über den Hintergrund einer solchen Vorgehensweise kann man nur spekulieren, es sei aber die Anmerkung erlaubt, dass ein Freispruch im gerichtlichen Verfahren die Landesjustizkasse trifft, während die Bußgeldstellen, wenn sie das Verfahren selber einstellen, gegebenenfalls ins Gemeindesäckel greifen müssen.

Also wird die Zonk -Akte  schön weitergereicht. Die Landesjustizkasse hat’s ja dicke.

Und da käme jetzt eigentlich die Regelung des § 69 Absatz 5 OWiG ins Spiel. Nach meiner Erfahrung gehen die Amtsrichter in den Fällen von undeutlichen Beweisfotos entweder so vor, dass sie eine Einstellung anbieten, der Betroffene aber die Anwaltskosten selbst tragen soll oder aber Sie entscheiden sich, die Sache mal auf Gedeih und Verderb durchzuziehen, gegebenenfalls auch mit Einholung eines anthropologischen Gutachtens („Gesichtsgutachten“).

Besser wäre es doch (auch für die Landesjustizkasse), wenn diese Verfahren wieder vermehrt an die Bußgeldstellen zurückgegeben würden mit der Aufforderung, weiter zu ermitteln. Sollen die doch mal ein anthropologisches Gutachten für 1.000 Euro einholen. Schließlich sind es ja auch die Städte und Kommunen, die jährlich Milliardenumsätze mit dem Blitzergeschäft machen, nicht die Landesjustizkassen.

Liebe Amtsrichter, macht’s doch einfach mal wie der Weiser im Training in den guten alten Tischtenniszeiten:

Setzt auf den Lerneffekt der Gegenseite und spielt den Ball zurück!

Kein Handyverstoß durch Fahrlehrer

Telefoniert ein Fahrlehrer während einer Übungsfahrt mit einem Fahrschüler, begeht er keine Ordnungswidrigkeit nach § 23 Absatz 1 a StVO, wenn er den Fahrschüler lediglich überwacht (AG Herne-Wanne Urt. v. 24.11.2011, AZ: 21 OWi-64 Js 891/11-264/11). Er ist dann nicht „Führer“ eines Kraftfahrzeugs im Sinne des Straßenverkehrsgesetzes.
Anders liegt der Fall, wenn der Fahrlehrer in den Fahrvorgang eingreift.

Um das Thema Handyverbot ranken sich zahlreiche gerichtliche Entscheidungen, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen sein dürfte, dass für einen Verstoß nach § 23 Absatz 1 a StVO ein Punkt eingetragen wird.
Beispielsweise vertritt das OLG Bamberg hier eine andere Ansicht, indem es davon ausgeht, dass auch im Überwachen des Fahrschülers ein Führen eines Kraftfahrzeugs im Sinne der Straßenverkehrsordnung zu sehen ist. Insofern kann mit dem Fahrlehrer, natürlich auch im Interesse der Allgemeinheit, nur geraten werden, trotzdem die Finger vom Handy zu lassen.
Über verschiedene weitere Problematiken und Grundsätzliches zum Handyverstoß habe ich hier einen weiteren Artikel veröffentlicht: Link.

Auf eine recht pfiffige Idee ist der Betreiber dieser Homepage gekommen: Kühlhandy.de.

OLG Bamberg -Kein Fahrverbot wegen Beharrlichkeit trotz fünf Voreintragungen

Nach § 25 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes wird gegen den Betroffenen ein Fahrverbot verhängt, wenn er eine Ordnungswidrigkeit unter grober oder beharrlicher Verletzung einer Verkehrspflicht begangen hat. Die Pflichtverletzung muss also grob und /oder beharrlich gewesen sein.

Die groben Pflichtverletzungen sind im Wesentlichen schon im Bußgeldkatalog mit einem Fahrverbot bewehrt. Der Gesetzgeber geht z.B. davon aus, dass in einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um mehr als 30 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften im Regelfall eine grobe Pflichtverletzung zu sehen ist. Wer also mit über 80 km/h durch den Ort fährt, muss mit einem Fahrverbot rechnen.

Das heißt aber nicht im Umkehrschluss, dass, wer mit 80 km/h oder weniger durch den Ort fährt, damit rechnen darf, dass gegen ihn kein Fahrverbot verhängt wird. Liegt keine grobe Pflichtverletzung vor, kommt ein Fahrverbot dennoch in Betracht und zwar wegen Beharrlichkeit.

Beharrlichkeit setzt – einfach ausgedrückt – voraus, dass der Betroffene Voreintragungen, also Punkte in Flensburg – hat. Ab wie vielen Punkten bzw. Verstößen Beharrlichkeit angenommen werden darf, es also zu einem Fahrverbot kommt, und von welcher Art und Qualität die Verstöße sein müssen, ist Gegenstand zahlreicher Gerichtsentscheidungen. Dies aus gutem Grund, denn es gibt keine „Regelsätze“, wann Beharrlichkeit anzunehmen ist.

Ab dem dritten Verstoß nicht unerheblicher Natur lässt sich sagen, dass es für den Betroffenen kritisch wird. Im letzten Jahr stach eine Entscheidung des OLG Bamberg (VA 11, 120) zu Gunsten des Betroffenen hervor. Nach Ansicht des OLG Bamberg lag trotz fünf Eintragungen im Verkehrszentralregister keine Beharrlichkeit vor, da sämtliche Unterschreitungen unterhalb von 26km/h lagen.

Die Entscheidung zeigt, dass es sich in jedem Fall lohnt, auch bei Voreintragungen in Flensburg um ein Absehen vom Fahrverbot zu kämpfen, auch wenn sich die Tilgung der Voreintragungen nicht mehr rechtzeitig erreichen lässt.

Fahrverbote abwenden oder verschieben

Fahrverbote sind für den Betroffenen das meist empfindlichste Übel in einem Bußgeldverfahren. Fahrverbote lassen sich aber vermeiden oder zumindest verzögern. In diesem Video zeige ich auf, wie ich als Verteidiger in Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren vorgehe, um meinen Mandanten die Verhängung eines Fahrverbotes zu ersparen oder dieses zumindest in einen für ihn günstigen Zeitraum zu verschieben.

1. Prüfung der Rechtmäßigkeit des Bußgeldbescheids

Es sollte vor einer Einlassung zur Sache zunächst Akteneinsicht genommen werden. Anhand der Bußgeldakte ist dann zunächst die Rechtmäßigkeit des (zu erwartenden) Bußgeldbescheides prüfen und zwar insbesondere dahingehend, ob Verfahrensfehler und Messfehler vorliegen, Verfolgungsverjährung (kurze Verjährungsfrist: 3 Monate) eingetreten ist, ein eindeutiges Identifizierungsbild vorliegt, u.v.m.. Gegebenenfalls kann der Tatvorwurf insgesamt beseitigt werden, dann entfallen sowohl Fahrverbot als auch Geldbuße.

2. Voraussetzungen eines Fahrverbotes (grobe oder beharrliche Pflichtverletzung)

Sodann ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 25 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vorliegen. Es muss sich um eine grobe oder beharrliche Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers handeln. Es existieren sogenannte Regelfahrverbote. Der Gesetzgeber geht bei bestimmten Verstößen davon aus, dass diese eine grobe Verletzung von Verkehrspflichten darstellen. Das ist zum Beispiel bei folgenden (nicht abschließend aufgezählten) Verstößen der Fall:

– Ab einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 41 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften.

– Ab einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 31 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften.

– Bei zweimaliger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um mehr als 25 km/h innerhalb eines Jahres.

– Bei einem Rotlichtverstoß, wenn die Ampel bereits länger als eine Sekunde Rot angezeigt hatte.

– Bei der Teilnahme an illegalen Kraftfahrzeugrennen.

Daneben kommt ein Fahrverbot vor allem bei wiederholten Verstößen wegen Beharrlichkeit – also Voreintragungen im Verkehrszentralregister – in Betracht.

Wird ein Fahrverbot wegen Beharrlichkeit – also wiederholten Verstößen gegen die Verkehrsordnung – verhängt, geht es nicht zuletzt darum, das Verfahren zu verzögern, so dass im Zeitpunkt der Entscheidung über die Sache die Voreintragungen – im besten Fall alle Voreintragungen – bereits getilgt oder in die Überliegefrist gewandert sind. Es gibt keine feste Grenze, ab welcher Anzahl von Verstößen welcher Art bereits Beharrlichkeit im Sinne des § 25 StVG vorliegt. Die Rechtsprechung verfährt in diesen Fällen uneinheitlich, wobei die Tendenz dahin geht, etwa ab dem dritten wesensgleichen Verstoß Beharrlichkeit anzunehmen. Eine Kenntnis der einschlägigen Urteile ist unverzichtbar.

3. Atypische Verstöße

Liegt ein solches Regelfahrverbot vor, ist zu prüfen, ob nicht ein atypischer Verstoß gegeben ist, der im konkreten Einzelfall gegen eine grobe Pflichtverletzung spricht. Das ist zum Beispiel beim sogenannten Augenblicksversagen der Fall.

Beispiel: Der Gesetzgeber geht bei Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 41 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften davon aus, dass eine grobe Pflichtverletzung gegeben ist, die mit einem Fahrverbot von einem Monat zu ahnden ist. Bei einem ortsunkundigen Betroffenen, der ein einmal aufgestelltes Schild aufgrund einer besonderen Ablenkungssituation übersehen hat, kann wegen der besonderen Umstände des Einzelfalles dennoch eine grobe Pflichtverletzung entfallen. Hierzu ist vom Betroffenen selbstverständlich entsprechend vorzutragen. Im Falle eines Augenblicksversagens darf die Geldbuße nicht gegen Wegfall des Fahrverbotes erhöht werden, da es bereits am Tatbestand, nämlich einer groben Pflichtverletzung, für die Verhängung eines Fahrverbotes fehlt.

4. Absehen vom Fahrverbot (Härteklausel)

Schließlich muss auch geprüft werden, ob das Fahrverbot im Einzelfall nicht zu einer Existenzgefährdung (z.B. : Verlust des Arbeitsplatzes) führen kann (sog. Härteklausel). Liegt für den Betroffenen eine unzumutbare Härte vor, kann die Behörde ausnahmsweise von der Verhängung des Fahrverbotes gegen Erhöhung der Geldbuße absehen. Hierzu und zum Augenblicksversagen muss umfassend vorgetragen werden. Entsprechende Belege sind beizufügen.

Wichtig ist in jedem Fall, dass erschöpfender und nachweisbarer Vortrag erfolgt, warum die Verhängung des Fahrverbotes eine unzumutbare Härte darstellt. Dabei ist natürlich Kenntnis von der einschlägigen Rechtsprechung von Vorteil. Es existieren hierzu zahlreiche Urteile.

Meine Erfahrung zeigt, dass es häufig möglich ist, wenn man entsprechend mit der Bußgeldstelle kommuniziert, bereits vor Erlass des Bußgeldbescheids zu erreichen, dass von einem Fahrverbot – gegebenenfalls gegen Erhöhung der Geldbuße – abgesehen wird.

5. Beschränkung des Fahrverbots auf bestimmte Arten von Fahrzeugen

Fahrverbote lassen sich auf bestimmte Fahrzeugarten und -typen beschränken. Maßgeblich hierfür ist das Fahrerlaubnisrecht, also die Fahrerlaubnisklassen. Diese Beschränkung ist vor allem für Berufskraftfahrer von Bedeutung. Eine Beschränkung auf bestimmte Fahrzeugmarken (z.B. : BMW 316 i) ist natürlich nicht möglich. Leider ist auch keine zeitliche Beschränkung (z.B. von 18:00 Uhr bis 6:00 Uhr) möglich. Auch eine zeitliche „Splittung“ des Fahrverbotes (z.B. : zwei Wochen im Februar, weitere zwei Wochen im Mai, .. .) ist nicht möglich.

6. Verschieben des Fahrverbotes

Es liegt auf der Hand, dass es auch Fälle gibt, in denen am Fahrverbot kein Weg vorbeiführt. Dann sollte mit dem Mandanten besprochen werden, wann der Antritt des Fahrverbotes für ihn am günstigsten ist (in der Regel in der Urlaubszeit).

Ein Fahrverbot zu verschieben, z.B. in die Urlaubszeit, ist meist unproblematisch möglich. Handelt es sich bei dem Betroffenen um einen Ersttäter, so kommt er ohnehin in den Genuss der viermonatigen Schonfrist. Im Übrigen lässt sich durch zulässiges Verteidigerhandeln die Rechtskraft des Bußgeldbescheides ohne Weiteres um mehrere Monate verschieben.

Wichtig ist natürlich, dass innerhalb der Zwei – Wochen – Frist Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt wird.

Wenn also ausnahmsweise „gar nichts geht“, geht immer noch eine Verschiebung des Fahrverbotes.

OLG Celle – Vorsatzannahme bei hoher Geschwindigkeit

Der Unterschied zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit im Ordnungswidrigkeitenrecht ist schnell erklärt:

Der Bußgeldkatalog gibt die Regelbußen für Ersttäter bei fahrlässiger Begehung an. Handelt der Betroffene vorsätzlich, wird die Geldbuße erhöht, in der Regel verdoppelt.

Einfach ausgedrückt: Vorsatz = doppeltes Bußgeld.

Das Oberlandesgericht Celle hat durch Beschluss vom 09.08.2011 AZ: 322 SsBs 245/11 einmal mehr festgestellt, dass aus einer Geschwindigkeitsüberschreitung um mehr als 45 % auf Vorsatz geschlossen werden darf. Der Betroffene fuhr mit einer Geschwindigkeit von 176 km/h bei erlaubten 120 km/h. Die Einlassung des Betroffenen, bei seinem Fahrzeug handele es sich um eine größere Limousine mit einem großvolumigen Triebwerk, weshalb er nicht den Fahreindruck eines zu schnellen Fahrens gewonnen hätte, hat das OLG Celle verworfen. Zur Begründung führt es – meines Erachtens nachvollziehbar – aus, der abweichende Fahreindruck werde nicht allein vom Triebwerks- und Abrollgeräusch beeinflusst, sondern resultiere auch aus dem sich bei höherer Geschwindigkeit maßgeblich verändernden Umwelteindruck.

Einfach ausgedrückt: Auch wenn das Auto wirklich leise ist, muss es sich dem Fahrer aufdrängen, dass die umherstehende Umwelt mit erheblicher Geschwindigkeit an ihm vorbeifliegt. Das macht durchaus Sinn. Die ständige Rechtsprechung dieses Senats und auch anderer Oberlandesgerichte, dass ab bestimmter Überschreitungsgrenzen eine vorsätzliche Begehung der Tat vorliegen soll, halte ich für falsch.

Neue Rechtsprechung zum Fahrverbot und keine Gnade für Wulff

Pünktlich zum Jahresbeginn liegt mir der Rechtsprechungsüberblick mit neuer Rechtsprechung aus 2011 zum Fahrverbot vor, Quelle: Verkehrsrecht aktuell (VA 2012, 15 ff).

Die VA hat einige Entscheidungen zu Selbstverständlichkeiten abgedruckt, bei denen man sich fragt, wie es in diesen Fällen zu Entscheidungen eines Oberlandesgerichtes kommen konnte. Beispielsweise sollte eigentlich jedem Amtsrichter klar sein, dass ein Fahrverbot nicht über eine Dauer von unter einem Monat verhängt werden kann (OLG Düsseldorf, ich hatte bereits hier berichtet: Link zum Blogbeitrag vom 04.03.2011), dass eine Beschränkung des Fahrverbots auf bestimmte Nutzungszeiten (im Sinne von Uhrzeiten) nicht möglich ist (OLG Hamm) und dass das Schweigen des Betroffenen nicht zu einer Erhöhung der Geldbuße führen darf (KG Berlin).

Beachtenswert finde ich die Entscheidung des OLG Bamberg vom 29.11.2011 AZ 3 Ss OWi 1660/10, dass die berufliche oder soziale Stellung eines Betroffenen bei der Bemessung der Rechtsfolgen außer Betracht zu bleiben hat. Insoweit hatte das Amtsgericht, dessen Entscheidung mit der Rechtsbeschwerde (allerdings erfolglos) angegriffen wurde, sich auf Grund der Voreintragungen des Betroffenen dazu hinreißen lassen, in den Urteilsgründen Folgendes niederzuschreiben:

„Dieser ist sich ganz offensichtlich seiner Vorbildfunktion als Landtagsmitglied nicht einmal ansatzweise bewusst.“

Das Amtsgericht hat eine gegenüber dem Regelsatz um 400 % erhöhte Geldbuße ausgeurteilt, mithin die fünffache Geldbuße.

Scheint mir dieser Tage nicht der einzige Politiker zu sein, der sich seiner Vorbildfunktion nicht bewusst ist. Bei dem Thema fällt einem doch gleich der „Handyverstoß“ (Link) unseres Bundespräsidenten ein. Im Ergebnis wurde der Betroffene dann doch abgestraft … also der Autofahrer nicht Herr Wulff … oder jedenfalls noch nicht Herr Wulff … und zwar mit der Begründung, die zahlreichen Voreintragungen reichten für eine massive Erhöhung der Geldbuße bereits aus.

Ich wünsche allen Lesern (falls das hier überhaupt jemand liest … hoffentlich nicht Herr Wulff, sonst brauche ich wohl einen Anwalt :-)) ein frohes, erfolgreiches und vor allem gesundes Jahr 2012!

Geisterradler Teil 1 – Wie werde ich Geisterradler?

Letztes Wochenende war ich aus privatem Anlass in Freiburg. Nach dem Genuss von einem – ja, wirklich nur einem – Glühwein und ein paar leckeren Strieble, auch Striwiili, Strauben, Kringelfritz, Sträuble oder Strübli genannt (Rezept-Link: Chefkoch.de/Strauben), bei deren Genuss man tunlichst nicht in Gegenwindrichtung stehen sollte (mein schöner schwarzer Mantel ist jetzt voller weißer Puderzuckerflecken – sieht aus wie zu Friedmann Michels besten Zeiten …), begab ich mich beschwingten Schrittes in Richtung Hauptbahnhof.

Auf dem Fahrradweg unmittelbar vor dem Hauptbahnhof Freiburg ist mir dann die auf dem Artikelfoto abgebildete und von mir auch sogleich vor Ort abfotografierte Kennzeichnung aufgefallen: „Geisterradler gefährden! Sich und andere“.  Grammatikalisch  in-, verkehrspolitisch sicherlich korrekt und auch nicht out (Achtung! Das war ein Wortspiel!). Für die „Geisterradler gefährden“ – Kampage hat die Verkehrswacht Regensburg, wie sich anlässlich meiner späteren Internetrecherche herausgestellt hat, sogar den Bayerischen Verkehrssicherheitspreis abgestaubt (Link zur Meldung des Deutschen Verkehrssicherheitsrates).

Nun muss man wissen, dass ich aus dem schönen Saarland stamme, wo es zwar viel Geistreiches aber recht wenige Geister und auch weniger Radler als in Freiburg hat. Mit Radler ist hier der Fahrradfahrer an sich gemeint nicht das Biermischgetränk, dessen Ursprung nebenbei bemerkt in Bayern liegt und das in Norddeutschland auch als Alsterwasser bekannt ist. Derartige Beschilderungen und Kennzeichnungen sind mir daher fremd, ebenso wie die oben erörterte „Strieble – Rückenwind – Theorie“. Und auch der Begriff Geisterradler  wirkte auf mich auf den ersten Blick eher befremdlich. Sogleich wurde trotz Wochenende der Verkehrsrechtler in mir wach und warf die Fragen auf:

„Wie werde ich eigentlich zum Geisterradler und wer haftet, wenn ein Geisterradler einen Unfall hat?“

Heute möchte ich nur die erste Frage beantworten. Die Haftungsproblematik erörtere ich dann demnächst in einem weiterführenden Artikel. Um Geisterradler zu werden, muss man sich zunächst denknotwendig anschauen, was der Radler an sich nach den gesetzlichen Bestimmungen so darf  und was er eben nicht darf bzw. wo er fahren darf und wo nicht.

Im Wesentlichen ist das Ganze in § 2 Absatz 2 und Absatz 4 der Straßenverkehrsordnung geregelt. Und da steht zusammengefasst Folgendes:

1.

Wenn überhaupt kein abgegrenzeter Bereich (Fahrrradweg, Radstreifen, Schutzstreifen oder Ähnliches) exisitiert, hat der Radfahrer auf der rechten Fahrbahnseite möglichst weit rechts zu fahren. § 2 Absatz 2 StVO regelt das Rechtsfahrgebot, das auch für Radfahrer gilt. Auch Fahrradfahrer müssen möglichst weit rechts fahren. Ein Abstand von etwa 70 cm bis 80 cm zum rechten Gehweg ist nach der Rechtsprechung erforderlich und ausreichend. Wo kein Fahrradweg vorhanden ist, ist daher entlang der rechten Fahrbahnseite zu fahren.

Ausnahme: Autobahn. Da hat der Fahrradfahrer nichts zu suchen. Hört sich selbstverständlich an, ist es aber nicht. Aus dem wahren Leben: Ich hatte einen Freund, der Anfang der Neunziger Jahre aus Polen eingewandert ist. In völliger Unkenntnis der Sach- und Rechtslage ist er damals nach einem Freibadbesuch von Limbach (Saar) nach Homburg (Saar) mit seinem Fahrrad die A 6 entlanggefahren und hat sich anschließend dann bei mir über die unfreundlichen Deutschen, die allesamt gerast seien und auch noch gehupt hätten, beschwert … Und bevor es hier Nachfragen gibt: Es war sein eigenes Fahrrad und er lebt (hoffentlich) noch. Die Vergangenheitsform habe ich nur gewählt, weil ich ihn aus den Augen verloren habe. Er hat die Fahrt überlebt, sonst hätte er sich hinterher wohl auch nicht bei mir beschweren können … obwohl … wenn er als „Geisterradler“ auferstanden wäre eventuell schon … jetzt wird’s aber abwegig … zurück zum Wesentlichen:

Absatz 4 regelt folgende Situationen:

2.

Es existiert ein Fahrradweg, der durch eines der folgenden Schilder (Zeichen 237, 240, 241) gekennzeichnet ist:

In diesem Fall muss der Radler den Fahrradweg benutzen. Er darf, solange er sich auf dem Fahrradweg befindet, auch auf der linken Seite der Straße fahren, wenn sich eben der Fahrradweg auf der linken Seite der Fahrbahn befindet. Fährt er dennoch auf der Straße, begeht er eine Ordnungswidrigkeit. Das zweite Schild (horizontale Trennlinie) bedeutet, dass es sich um einen gemeinsamen Rad- und Fußgängerweg handelt. Es zeigt also einen einheitlichen Weg an, der von Radfahrern und Fußgängern gleichermaßen zu nutzen ist. Das dritte Schild (vertikale Trennlinie) bedeutet, dass es sich um einen unterteilten Fußgänger- und Radfahrerweg handelt. Der Raler muss dann selbstverständlich auf dem Radweg, nicht auf dem Fußgängerweg, fahren. Achtung: Der Fahrradweg endet dort, wo er tatsächlich unterbrochen wird (z.B. durch eine Einmündung). Es muss kein Schild, das auf ein Ende des Fahrradweges hinweist, aufgestellt sein.

Ausnahmen von der grundsätzlichen Radwegbenutzungspflicht macht die Rechtsprechung dann, wenn der Fahrradweg nicht straßenbegleitend, überhaupt nicht benutzbar oder nicht zumutbar ist. Nicht straßenbegleitend ist ein Fahrradweg dann, wenn er in größerer Entfernung oder in wechselnder Richtung zur Straße verläuft. Unzumutbarkeit oder Nichtbenutzbarkeit liegt beispielsweise vor, wenn der Radweg durch Gegenstände oder zahlreiche Personen blockiert oder wenn er zugeeist ist.

3.

Es existiert ein Fahrradweg, der nicht durch die oben abgebildeten Schilder gekennzeichnet ist. Solche Fahrradwege sind zum Beispiel durch Markierungen auf der Fahrbahn (Abbildung eines Fahrrades) gekennzeicnet oder durch eine ähnliche Beschilderung wie oben abgebildet. Diese Fahrradwege unterliegen keinem Nutzungszwang. Es steht dem FAhrradfahrer frei, ob er einen solchen Fahrradweg nutzt oder auf der rechten Straßenseite fährt. Liegt ein solcher Fahrradweg rechts der Fahrbahn, kann er grundsätzlich genutzt werden, ohne dass es einer bestimmten Beschilderung bedarf. Liegt er dagegen links der Fahrbahn, dann darf er nur benutzt werden, wenn die Nutzung durch das nachfolgende Schild ausdrücklich erlaubt ist.

4.

Für Radfahrstreifen auf der Fahrbahn, also solche mit durchgezogener Linie und entsprechender Beschilderung gilt das Vorgesagte entsprechend.

5.

Ist der Streifen nicht durchgezogen sondern gestrichelt, handelt es sich nicht um einen Radfahrstreifen sondern um einen Schutzstreifen. Dieser muss grundsätzlich nicht benutzt werden. Im Gegensatz zum durchgezogenen Radfahrstreifen darf der Schutzstreifen auch von Kraftfahrzeugen überfahren werden, wenn dadurch keine Gefährdung eines Radfahrers eintritt.

6.

Für Seitenstreifen (durchgezogene Linie, keine Beschilderung als Radfahrstreifen) gilt: Fahrradfahrer dürfen diese benutzen, solange diese frei sind und keine Gefährdung von Fußgängern erfolgt.

Wer eine Karriere als erfolgreicher Geisterfahrer anstrebt, muss eben die vorgenannten Regeln missachten oder schlicht und einfach, wenn er nicht besonders an seinem Leben hängt, wie mein Freund Arialt (jetzt ist es raus), einfach auf die Autobahn radeln. Mit der Haftungsproblematik, die im zweiten Teil (Link noch nicht veröffentlicht: Geisterradler Teil 2 – Jetzt wird’s schmutzig) der Beitragsreihe erörtert wird, braucht er sich in der zweiten Alternative (Autobahn) wahrscheinlich nicht mehr zu beschäftigen, wenn’s zum Unfall kommt. 🙂

 

 

 

Polizei Münster warnt vor Blitzern

Die Polizei, dein Freund und Helfer! Die Polizei Münster warnt auf ihrer Internetseite vor ihren eigenen mobilen Geschwindigkeitsmessungen. Für alle Münsteraner könnte es sich lohnen, mal reinzuschauen. Obwohl man in Münster natürlich traditionell Fahrrad fährt (Schöne Stadt!). Hier ist der Link:

Polizei Münster – Aktuelle Geschwindigkeitsmessungen

Dass die Polizei vor ihren eigenen Messungen warnt, hört sich erstmal komisch an, ist aber so. Man erinnert sich da gleich dunkel an die Verwaltungsrechtsvorlesung an der Uni, bei der es darum ging, ob Blitzerwarnungen (von Dritten) untersagt werden dürfen. Und jetzt warnen die selber. Find ich gut! Weiter so! Und eigentlich geht es ja bei den Geschwindigkeitskontrollen nicht um finanzielle Interessen sondern um die Sicherheit des Straßenverkehrs … auch wenn böse Zungen da Anderes unterstellen könnten (sh. hier: Blogbeitrag vom 20.10.2010). Wie der Kollege Burhoff berichtet (Link: Blitzen mit Ansage), gibt es ähnliche Projekte auch schon in anderen Städten. Wenn ich demnächst mal wieder mehr Zeit habe, z.B. in den Weihnachtsferien, mache ich eine Unterkategorie mit Links zu mobilen Blitzerwarnungen auf. Die Blitzerkarte (fest installierte Blitzer) ist ja schon integriert:

Blitzerkarte

Jeder, der Lust und Zeit hat, kann mir gerne Links zu ähnlichen Internetauftritten schicken (info@knoellchen.eu).

Den Internetauftritt der Polizei Münster finde ich übrigens erstaunlich ansprechend und übersichtlich. Vor allem das kleine Icon (sog. Favicon) im Browser – Tab (Polizist mit Dienstmütze) ist richtig drollig. Ich darf’s ja leider nicht kopieren (Urheberrecht) … Nur der Bußgeldrechner auf der Seite der Verkehrsdirektion funktioniert bei mir leider nicht (Link: Polizei Münster – Verkehr).

Meiner schon :-):

Bußgeldrechner

OLG Zweibrücken zum Absehen vom Fahrverbot wegen „Zeitablauf“

Bislang war es einhellige Meinung unter den Oberlandesgerichten, dass von einem Fahrverbot nach § 25 StVG (Fahrverbot im Bußgeldverfahren) dann abzusehen ist, wenn zwischen der Tat und dem Urteil ein Zeitraum von zwei Jahren liegt.

Zwei Jahre nach der Tat soll es nicht mehr erforderlich sein, mit einem Fahrverbot „erzieherisch“ auf den Täter einzuwirken. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Täter innerhalb der zwei Jahre beanstandungsfrei am Straßenverkehr teilgenommen hat.

Das Oberlandesgericht Zweibrücken hat nun in einer bemerkenswerten Entscheidung diese Grenze auf 1 Jahr und 9 Monate herabgesetzt. Es befindet sich damit auf einer Linie mit den Oberlandesgerichten Karlsruhe (23 Monate), Hamm und Nürnberg (ebenfalls 21 Monate) und dem Bundesgerichtshof, die allerdings über das Fahrverbot nach § 44 StGB (Fahrverbot wegen einer Straftat) entschieden haben.

Aus den Entscheidungsgründen des OLG Zweibrücken (Urt. v. 25.08.2011 AZ: 1 SsBs 24/11):

„Keinen Bestand haben kann jedoch die Anordnung eines Fahrverbots. Das Fahrverbot ist als so genannter Denkzettel für nachlässige und leichtsinnige Kraftfahrer vorgesehen (BVerfGE 27, 36), um den Täter vor einem Rückfall zu warnen und ihm ein Gefühl für den zeitweiligen Verlust des Führerscheins und den Verzicht auf aktive Teilnahme am Straßenverkehr zu vermitteln. Diese Warnungs– und Besinnungsfunktion kann das Fahrverbot – auch im Hinblick auf seinen Strafcharakter – aber nur erfüllen, wenn es sich in einem angemessenen zeitlichen Abstand zur Tat auf den Täter auswirkt. Nach einem längeren Zeitablauf verliert der spezialpräventive Charakter eines Fahrverbots seine eigentliche Bedeutung, so dass nur noch der Charakter als Funktionsinhalt übrig bleibt (vgl. OLG Hamm, Beschlüsse vom 03.06.2004, 2 Ss 112/04 und vom 23.07.2007, 2 Ss 224/04 – juris).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei einer Tat, die ein Jahr und neun Monate zurückliegt, die Anordnung eines Fahrverbots als Warnungs– und Besinnungsstrafe nicht mehr geeignet (BGH ZfS 2004, 133). Etwas anderes kann nach der Rechtsprechung nur gelten, wenn der erhebliche Zeitablauf zwischen der Tat und der Verhängung des Fahrverbots dem Angeklagten anzulasten ist (BayObLG NZV 2004, 210).“

Noch nicht geklärt ist, wie der Zeitraum zu berechnen ist. Dass Anfangszeitpunkt der Tatzeitpunkt ist, leuchtet ein. Fraglich ist aber, ob der Endzeitpunkt der Zeitpunkt des Urteils in der ersten Instanz oder der Zeitpunkt des Urteils im Rechtsbeschwerdeverfahren gegen das Urteil ist. Letzteres wäre für den Betroffenen natürlich günstiger, denn bis zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde vergehen mehrere Monate. Das OLG Zweibrücken geht zu Gunsten des Betroffenen davon aus, dass auch die Zeit bis zum Urteil über die Rechtsbeschwerde anzurechnen ist. Aus den Gründen:

„Vorliegend beträgt der seit der Tat am 6. November 2009 verstrichene Zeitablauf mehr als ein Jahr und neun Monate. Dabei ist auch die zwischen dem angefochtenen Urteil und der Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts verstrichene Zeit bei der Prüfung der Frage, ob wegen Zeitablaufs von der Verhängung eines Fahrverbots abzusehen ist, zu berücksichtigen.“

Was in der Praxis nicht vergessen werden darf, ist dass derjenige, der im Verlauf des Rechtsstreits erneut (aktenkundig) verkehrsauffällig wird, nicht in den Genuss dieser Rechtsprechung kommen kann. Denn er bringt damit zum Ausdruck, dass es bei ihm der Denkzettelfunktion noch immer bedarf. Ferner führen unlautere Verfahrensverzögerungen durch den Verteidiger ebenfalls zu einer Unanwendbarkeit dieser Rechtsprechung. Was als unlauter in diesem Sinne zu gelten hat, ist umstritten, bleibt aber einer gesonderten Darstellung in einem weiterführenden Blogbeitrag vorbehalten.

AG Konstanz: Weiterer Toleranzabzug von 0,4 Sekunden bei Traffiphot III (Rotlichtüberwachung)

Das AG Konstanz hat mit Urteil vom 16.02.2011 (AZ: 13 OWi 52 Js 1314/2011 – 43/11) entschieden, dass bei der Messanlage Traffiphot III, die weit verbreitet für Ampelmessungen im Einsatz ist, ein weiterer Toleranzabzug von 0,4 Sekunden zu machen sein kann. Den so ermittelten Wert hat das Gericht sodann zu Gunsten des Betroffenen auf die erste Stelle hinter dem Komma abgerundet.

Dem lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Betroffen war  von einer der vorbezeichneten Messanlagen beim Überfahren einer roten Ampel geblitzt worden. Das Messfoto wies eine Rotlichtdauer von 1,43 Sekunden, also deutlich über einer Sekunde, auf, mithin lag ein sogenannter qualifizierter Rotlichtverstoß vor.  Überschreitet die Dauer der Rotlichtphase eine Sekunde, so beträgt die Regelbuße 200,00 Euro. Es werden vier Punkte im Verkehrszentralregister eingetragen und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Zu den Rechtsfolgen eines Rotlichtverstoßes siehe hier: Link.

Die Traffiphot III – Messanlage funktioniert mittels in der Fahrbahn eingelassener Induktionsschleifen, die beim Überfahren die Messung auslösen. Da für den Tatvorwurf bzw. die Ermittlung der Rotlichtdauer nach herrschender und gefestigter Rechtsprechung der Zeitpunkt des Überfahrens der Haltelinie maßgeblich ist, sollte man eigentlich davon ausgehen, dass die Induktionsschleife regelmäßig exakt unter der Haltelinie angebracht ist. Indes ist dies sehr häufig nicht der Fall, so auch nicht in dem Fall, über den das AG Konstanz zu entscheiden hatte.

Auf dem ersten Messfoto war nämlich zu erkennen, dass sich die Vorderreifen des Fahrzeugs, die die Messung ausgelöst hatten, hinter der Haltelinie befanden.  Dementsprechend war ein Toleranzwert, der der Zeit entsprach, die zwischen Überfahren der Haltelinie und Überfahren der Induktionsschleife vergangen war, zu entsprechen hatte. Einfach ausgedrückt:

Es muss zurückgerechnet werden, wie lange die Rotphase dauerte, als der Betroffene die Haltelinie, nicht die Induktionsschleife, überfahren hat.

Im konkreten Fall hat eine sachverständige Begutachtung ergeben, dass 0,4 Sekunden abzuziehen waren. Es ergab sich also eine Rotlichtdauer von 1,03 Sekunden. Da die Bedienungsanleitung des Herstellers vorsieht, dass die vorzuwerfende Rotlichtzeit mit einer Auflösung von 0,1 Sekunden anzugeben ist, führte der Sachverständige aus, dass  die zweite Stelle hinter dem Komma abzurunden sei. Dem ist das Gericht gefolgt. Letztlich konnte nur noch eine Rotlichtphase von 1,0 Sekunden vorgeworfen werden. Ein qualifizierter Rotlichtverstoß konnte nicht nachgewiesen werden, da es hierfür die Rotlichtdauer mehr als eine Sekunde gedauert haben muss.

Rechtsfolge: 90,00 Euro , drei Punkte und kein Fahrverbot

Fazit: Dass die Induktionsschleife hinter der Haltelinie verlegt ist, ist in der Praxis häufig anzutreffen und kein Problem, das auf das vorgenannte Messsystem beschränkt wäre. Das hat der Verteidiger zu sehen und gegebenenfalls die Messung begutachten zu lassen bzw. einen entsprechenden Beweisantrag zu stellen. In diesem Fall gilt nämlich nicht nur „Zeit ist Geld.“ , sondern vielmehr: „Zeit ist Fahrverbot.“.

 Einige Bußgeldstellen machen auch per se weitere Toleranzabzüge, weil dieses Problem an der jeweiligen Ampelanlage bekannt ist oder gerätespezifische Abzüge zu machen sind.

Zu den Toleranzabzügen bei verschiedenen Rotlichtmesssystem grundlegend:

 OLG Braunschweig, Urt. v. 02.08.2006 AZ: 2 Ss (B) 38/04 (Link PDF)

Rotlichtverstoß – Keine Feststellung eines Sekundenverstoßes bei zufälliger Beobachtung durch einen Polizeibeamten

Das AG Landstuhl hatte einen in der Praxis gar nicht seltenen Fall zu entscheiden (AG Landstuhl Urt. v. 24.02.2011 AZ: 4286 Js 13706/10.OWi, 4286 Js 13706/10 OWi):

Der Betroffene befuhr am 10.09.2010 gegen 07:18 Uhr die Bahnhofstraße und bog An der Rampe links in die Saarbrücker Straße Richtung Stadtmitte ein. Dabei führte er den Abbiegevorgang durch, obwohl die Lichtzeichenanlage für ihn bereits auf Rot umgeschaltet hatte. Dies bemerkte er aufgrund von Unaufmerksamkeit nicht.

Den Verstoß beobachtete ein Polizeibeamter, der sich gerade auf dem Weg zum Dienst befand und dabei an erster Stelle an der Linksabbiegespur der Saarbrücker Straße stand.

Mit welcher Geschwindigkeit der Betroffene gefahren war, konnte nicht festgestellt werden. Der Abstand des Betroffenen von der Haltelinie der Linksabbiegespur konnte nicht festgestellt werden. Der als Zeuge vernommene Polizeibeamte sagte aus, dass nach seiner Schätzung die Ampel bereits länger als eine Sekunde rot gewesen sei. Die Ampel, die der Betroffene überfahren hatte, war aus Sicht des Polizeibeamten nur unzureichend einzusehen. Der Zeuge gab an, die Sekunden nicht mitgezählt zu haben.

Der Betroffene wurde wegen eines einfachen Rotlichtverstoßes (Rotlichtdauer unter eine Sekunde, d.h. kein Fahrverbot, 90 Euro Geldbuße) verurteilt.

Leitsatz des Amtsgerichts Landstuhl:

"Die Feststellung eines qualifizierten Rotlichtverstoßes innerorts kann nicht durch die zufällige Beobachtung, selbst eines erfahrenen Polizeibeamten, erfolgen, insbesondere wenn keine Feststellungen zur Geschwindigkeit des Betroffenen oder zum Abstand von der Haltelinie möglich waren."

OLG Karlsruhe zur Anwesenheitspflicht in der Hauptverhandlung in einem OWi – Verfahren

Das OLG Karlsruhe hat mit Beschluss vom 12.08.2010 – AZ:  1 (8) SsRs 366/09, 1(8) SsRs 366/09AK 92/09 – noch einmal Folgendes klargestellt:

"1. Hat der Betroffene seine Fahrereigenschaft zugestanden und erklärt, er werde in der Hauptverhandlung keine Angaben zur Sache machen, ist seine persönliche Anwesenheit in der Hauptverhandlung im Sinne von § 73 OWiG im Regelfall entbehrlich.

2. Die Anwesenheit des Betroffenen in der Hauptverhandlung kann auch dann noch zur weiteren Sachaufklärung dienen, wenn hierfür die bloße physische Präsenz des berechtigterweise schweigenden Betroffenen genügt."

Nach § 73 II OWiG hat das Gericht den Betroffenen auf Antrag von der Pflicht, in der Hauptverhandlung zu erscheinen, zu entbinden, wenn er sich zur Sache geäußert oder erklärt hat, dass er sich in der Hauptverhandlung nicht zur Sache äußern werde, und seine Anwesenheit zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des Sachverhalts nicht erforderlich ist. Die Entscheidung darüber, ob eine Entbindung erfolgt, ist daher nicht mehr ins Ermessen des Gerichts gestellt, wie dies früher der Fall war.

Beantragt der Verteidiger also, dass der Betroffene von der Anwesenheitspflicht in der Hauptverhandlung entbunden wird, wird er in der Regel erklären, dass der Betroffene sich in der Hauptverhandlung nicht zur Sache äußern werde und darzustellen haben, warum seine Anwesenheit zur Sachverhaltsaufklärung nicht erforderlich ist. Wenn beispielsweise die Fahrereigenschaft eingeräumt ist und es lediglich darum geht, eine sachverständige Begutachtung der Messung zu erreichen, wird der Betroffene regelmäßig entbunden werden müssen.

Ist die Fahrereigenschaft bestritten und geht es somit um Feststellung der Fahrereigenschaft durch Zeugen, wird man um die Anwesenheitspflicht nicht herumkommen.

 

 

Rotlichtverstoß – „Frühstarterfälle“

Während der sogenannte Mitzieheffekt (Blogbeitrag hier klicken) auf einem Fehlverhalten des Betroffenen beruht, das durch äußere Vorgänge hervorgerufen wird (z.B.: Losfahren eines anderen Verkehrsteilnehmers), spricht man von einem "Frühstarterfall", wenn der Betroffene zunächst an der Ampel hält und dann ohne jegliche äußere Einwirkung plötzlich losfährt, weil er glaubt, die Ampel sei grün.

Die Rechtsprechung geht mit diesen Fällen zurückhaltender um. Ein Absehen vom Fahrverbot ist eher die Ausnahme. Für ein Absehen vom Fahrverbot hat aber zum Beispiel das OLG Karlsruhe in seinem Beschluss vom 18.06.2002 – AZ: 2 Ss 94/01 – entschieden. Der Leitsatz der Entscheidung spricht für sich:

"Der "qualifizierte" Rotlichtverstoß nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 Bußgeldkatalog-Verordnung, Nr. 34.2 Bußgeldkatalog indiziert zwar als Regelbeispiel eine grobe Pflichtverletzung i.S. des § 25 Abs. 1 S. 1 StVG. Ein die Verhängung eines Fahrverbots begründender Regelfall ist aber gleichwohl zu verneinen, wenn die gesamten Tatumstände so weit von dem typischen, vom Verordnungsgeber ins Auge gefassten Fall des Verkehrsverstoßes abweichen, dass eine grobe Pflichtverletzung im Ergebnis nicht festgestellt werden kann (hier: Losfahren des zunächst ordnungsgemäß bei Rot haltenden Betroffenen nach 37 Sekunden Rotlichtdauer auf Grund eines Fehlschlusses, erneutes Stehenbleiben nach wenigen Metern, keine abstrakte Gefährdung des mit der Lichtzeichenanlage geschützten Quer- bzw. Fußgängerverkehrs)."

Rotlichtverstoß – Kein Fahrverbot bei „Mitzieheffekt“

Eine häufige Fallgruppe, in denen von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen werden kann, ist der sogenannte Mitzieheffekt. Ein solcher Mitzieheffekt liegt vor, wenn der Betroffene zunächst ordnungsgemäß an der roten Apel anhält, sodann aber noch während der Rotlichtphase  wieder losfährt, weil neben oder vor ihm andere Verkehrsteilnehmer losfahren. Dies geschieht nicht selten, an mehrspurigen Straßen, wenn beispielsweise die Abbiegerspur auf Grün schaltet, während die Geradeausfahrerspur noch rot ist.

Zu dem Thema Mitzieheffekt gibt es einige interessante Entscheidungen, von denen meines Erachtens die Entscheidung des OLG Hamm vom 05.05.1994 – AZ: 2 Ss OWi 414/94 – besonders erwähnenswert erscheint. Besonders erwähnenswert deshalb, weil der Betroffene in diesem Fall durch das Überfahren der roten Ampel sogar einen Unfall verursacht hatte. Der Betroffene wurde, als er an der Ampel stand, offensichtlich unverschuldet von einem anderen Verkehrsteilnehmer beschimpft. Hierdurch abgelenkt, ließ er sich von einem anderen startenden Fahrzeug "mitziehen" und übersah, dass die Ampel für seine Fahrspur noch rot war.

Das OLG Hamm entschied, dass in diesem Fall keine grobe Pflichtwidrigkeit, wie in § 25 Abs. 1 StVG gefordert, vorgelegen habe. Die Annahme, mit der Verhängung eines Fahrverbotes auf den Betroffenen einwirken zu müssen, sah es sogar als "verfehlt" an.

Fahrverbot für Berufsfahrer – Verteidigungsmöglichkeiten

Wenn alle Stricke reißen, absehbar ist, dass der Tatvorwurf nicht zu beseitigen ist und auch kein Augenblicksversagen vorliegt, sollte man frühzeitig schon bei der Bußgeldstelle anregen, wegen Unzumutbarkeit des Fahrverbotes von dessen Verhängung abzusehen. Das kommt vor allem in Betracht, wenn der Arbeitsplatz gefährdet ist. Hierzu existiert umfangreiche Rechtsprechung, in welchen Fällen wegen der sog. Härteklausel von einem Fahverbot (meist gegen Erhöhung der Geldbuße) abgesehen werden kann. Einige Fälle stelle ich in diesem und in nachfolgenden Beiträgen dar, um aufzuzeigen, dass es, wenn man es richtig angeht, durchaus häufig Erfolg verspricht, mit der Härteklausel zu argumentieren. In jedem einzelnen Fall kommt es darauf an, die konkreten Verhältnisse des Betroffenen umfassend darzustellen und durch geeignete Nachweise (z.B.: Arbeitgebererklärung, Arbeitsvertrag u.ä.) zu belegen. Ein Anruf des Rechtsanwalts bei der Bußgeldstelle – gegebenenfalls unter vorheriger schriftlicher Stellungnahme – schadet erfahrungsgemäß nie.

Daneben hat die Verteidigung bei Berufsfahrern stets zu prüfen, ob nicht eine Ausnahme vom Fahrverbot für betimmte Fahrzeugarten in Betracht kommt.

Heute stelle ich beispielhaft einige Urteile zu einer besonders praxisrelevanten Fallgruppe dar:

Die Berufsfahrer

Dass Berufsfahrer in besonderer Weise dringend beruflich darauf angewiesen sind, Ihren Führerschein in Händen zu halten, liegt auf der Hand. Die Aussichten der Verteidigung, ein Absehen vom Fahrverbot durchzusetzen, sind daher nicht schlecht. Exemplarisch dazu folgende Urteile:

AG Gelnhausen Urt. v. 02.12.2005 AZ: 44 OWi 2955 Js 16571/05 (Busfahrer: Absehen vom Fahrverbot)

"Im Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren (hier: wegen Überholens unter Überfahren der durchgezogenen Fahrstreifenbegrenzung) gegen einen Busfahrer, der geständig und verkehrsrechtlich nicht vorbestraft ist und sich in einem befristeten Arbeitsverhältnis befindet, so dass ihm bei Verhängung eines Fahrverbotes der Verlust der Arbeitsstelle droht, kann gegen Erhöhung der Geldbuße von einem Fahrverbot abgesehen werden."

Ebenfalls für ein Absehen von einem Fahrverbot:

AG Lüdinghausen Urt. v. 12.11.2007 AZ: 19 OWi 89 Js 1767/07 – 183/07 (Berufskraftfahrer: Absehen vom Fahrverbot):

"Der Betroffene hat nämlich seinen aktuellen Arbeitsvertrag vorlegen können, der ebenfalls urkundsbeweislich verlesen wurde. Es handelt sich hier um einen "befristeten Arbeitsvertrag für Fahrpersonal". Hierin heißt es, dass der Betroffene ab dem 22.10.2007 bei einer Probezeit von sechs Wochen bis zum 21.04.2008 angestellt wird. Während der Probezeit ist ausweislich des Vertrages jederzeit eine Kündigung möglich. Das Gericht glaubt insoweit, dass die Spedition, bei der der Betroffene angestellt ist, durchaus ohne weitere Abwägungen sofort eine Kündigung aussprechen würde, falls bekannt würde, dass beim hiesigen Gericht ein Fahrverbot festgesetzt wurde."

OLG Bamberg Beschluss v. 26.04.2006 AZ: 3 Ss OWi 476/06 (Busfahrer: Beschränkung auf bestimmte Fahrzeugarten bei drohendem Arbeitsplatzverlust):

"Scheidet ein Absehen vom Fahrverbot aus, bleibt das Gericht aufgrund des Übermaßverbotes zur Prüfung der Frage verpflichtet, ob Besonderheiten in der Tat oder in der Persönlichkeit des Betroffenen eine Fahrverbotsbeschränkung auf bestimmte Fahrzeugarten rechtfertigen können, sofern der Betr. hierfür berechtigte Gründe substantiiert vorträgt."

Stern TV berichtet über Messungen im Straßenverkehr

Am 27.10.2010 lief auf RTL ein Stern TV – Bericht über Messungen im Straßenverkehr. Der Bericht macht die Häufigkeit von Messfehlern deutlich. Der Sachverständige Hans-Peter Grün von der Sachverständigengesellschaft VUT GmbH, nach deren aktueller Studie 80 % der Messungen fehlerhaft sind, zeigt in diesem Bericht einige Fälle aus seiner Praxis auf.

Das Video zur Stern TV – Reportage finden Sie hier:
Stern TV – Messungen im Straßenverkehr

Rotlichtverstoß – Absehen vom Fahrverbot bei Augenblicksversagen nach ordnungsgemäßem Anhalten

Das OLG Hamm hatte im Rechtsbeschwerdeverfahren einen Fall zu entscheiden, in dem ein Autofahrer an einer Ampelkreuzung auf der Geradeausfahrerspur bei Rot anhielt. Als sodann die rechts neben ihm befindlichen Fahrzeuge losfuhren, weil die Lichtzeichenanlage für den Rechtsabbiegerverkehr – nicht aber für den Geradeausverkehr – auf Grün schaltete, nahm der Betroffene an, auch die Geradeausfahrerspur habe auf Grün geschaltet und fuhr bei bestehendem Rotlicht in die Kreuzung ein. Das OLG Hamm entschied durch Beschluss vom 11.08.1998 AZ 2 Ss OWi 727/98, dass in diesem Fall von der Verhängung eines Fahrverbotes abzusehen sei.

Begründung:

"Einem Autofahrer, der sich bei Annäherung an eine Lichtzeichenanlage zunächst ordnungsgemäß verhält und bei Rotlicht anhält, dann aber wegen einer auf einem sogenannten Wahrnehmungsfehler bzw auf dem sogenannten Mitzieheffekt beruhenden Unachtsamkeit (Augenblicksversagen) trotz andauerndem Rotlicht in die Kreuzung einfährt, ist keine grobe Pflichtverletzung im Sinne des StVG § 25 Abs 1, die die Verhängung eines Fahrverbotes erforderlich macht, vorzuwerfen (so auch OLG Hamm, 1995-09-27, 2 Ss OWi 998/95, NZV 1996, 206; entgegen OLG Düsseldorf, 1995-12-22, 2 Ss (OWi) 438/95 – (OWi) 131/95 II, NZV 1996, 117). Einem Betroffenen kann eine grobe Pflichtverletzung nämlich nur dann vorgeworfen werden, wenn sie subjektiv auf grobem Leichtsinn, grober Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit beruht. Das objektive Gewicht der Tat allein führt nicht zur Annahme einer groben Pflichtverletzung (vergleiche BGH, 1997-09-11, 4 StR 638/96, NZV 1997, 525)."

Rotlichtverstoß – Absehen vom Fahrverbot bei sofortigem Anhalten

Das OLG Karlsruhe hat durch Beschluss vom 25.05.1999 AZ 2 Ss 79/99 entschieden, dass ein atypischer Fall vorliegt und von einem Fahrverbot abzusehen ist, wenn der Betroffene zunächst an der Fußgängerampel hält, dort geraume Zeit (29 Sekunden) wartet und sodann trotz bestehenden Rotlichtes über die Haltelinie fährt.

Der Betroffene dachte, die Ampel sei wieder auf Grün gewschaltet, weil sich von hinten ein Fahrzeug näherte. Dem Betroffenen kam zugute, dass er bei Überfahren der Haltelinie das Blitzlicht der Messanlage bemerkt und sofort wieder angehalten hatte. Das OLG führt diesbezüglich aus:

"In subjektiver Hinsicht wird man das Fehlverhalten des Betroffenen zwar zunächst durchaus als eher grob einschätzen müssen, da es sich bei der Irritation durch ein von hinten heranfahrendes Fahrzeug nicht um einen schlichten Wahrnehmungsfehler handelt, wie dies etwa bei der Verwechslung der Lichtzeichen für verschiedene Fahrtrichtungen der Fall sein mag (OLG Hamm NZV 1999, 176 f.; DAR 1995, 501; NZV 1995, 82; NZV 1996, 117 (L); Senat, NZV 1996, 206). Nachdem der Betroffene jedoch schon ausweislich der schnellen Reaktion auf das Auslösen des Blitzlichts durchaus nicht gänzlich unaufmerksam war und sein Fahrzeug sofort wieder anhielt, handelt es sich letztlich doch um ein – alsbald korrigiertes -kurzfristiges Versagen, das den Handlungsunwert des Verstoßes als weniger gravierend erscheinen läßt. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall auch wesentlich von anderen, in denen nach einem – aus welchen Gründen auch immer – geschehenen Wahrnehmungsfehler der geschützte Bereich der Lichtzeichenanlage schließlich doch zur Gänze und mit zunehmender Geschwindigkeit durchfahren wird oder es gar zu einem Unfall kommt (OLG Hamm NStZ-RR 1998, 117; BayObLG NZV 1999, 216 f.)."

Rotlichtverstoß – Absehen vom Fahrverbot bei fehlendem Querverkehr

Das KG Berlin hat durch Beschluss vom 23.03.2001 AZ 2 Ss 33/01 – 3 Ws (B) 84/01, 2 Ss 33/01, 3 Ws (B) 84/01 Folgendes entschieden:

"Es liegt kein mit einem Fahrverbot zu ahndender qualifizierter Rotlichtverstoß vor, wenn die Betroffene auf der mittleren Fahrspur in die Kreuzung einfuhr, obwohl die Ampel für den Geradeausverkehr bereits länger als eine Sekunde rotes Licht abstrahlte, sie dann aber während der Grünphase für Linksabbieger nach links abbog und sonstige Verkehrsteilnehmer durch diese Fahrweise weder konkret noch abstrakt gefährdet wurden."

Die Betroffene war an einer Ampelkreuzung auf der mittleren Spur bei Rot über die Ampel gefahren. Bei der mittleren Spur handelte es sich um die Spur für Geradeausfahrer. Die Linksabbiegerspur zeigte zu diesem Zeitpunkt Grün. Es herrschte also kein Querverkehr (Gegenverkehr). Die Betroffene bog sodann links ab. Mangels abstrakter Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer war daher nach dem KG Berlin von der Verhängung eines Fahrverbotes abzusehen.

Rotlichtverstoß – Kein Fahrverbot an Baustellenampel

Das OLG Düsseldorf hat durch Beschluss vom 24.09.1994 AZ 5 Ss (OWi) 299/94 – (OWi) 161/94 I entschieden, dass von der Verhängung eines Fahrverbotes bei einem qualifizierten Rotlichtverstoß abzusehen ist, wenn es sich um eine Baustellenampel an einer nur einspurig befahrbaren Baustelle handelt.

Leitsatz:

"Ein Regelfall der BKatV § 1 Abs 1 Anl 1 Nr 34.2, die bestimmt, daß das Überfahren einer mehr als 1 Sekunde Rotlicht zeigenden Ampel die Verhängung einer erhöhten Geldbuße und die Anordnung eines Fahrverbots nach sich zieht, ist grundsätzlich nicht gegeben, wenn das Rotlicht einer Baustellenampel mißachtet wird, die lediglich zur Verkehrsregelung in dem nur einspurig befahrbaren Baustellenbereich dient."

Begründung:

Da die Fahrspur nur einseitig befahrbar war, war eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen. Voraussetzung der Verhängung eines Fahverbotes ist aber eine zumindest abstrakte Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer.

Provida Messung mit Motorrad bei Schrägfahrt ist kein standardisiertes Messverfahren

Der Kollege Burhoff hat auf seiner Homepage burhoff.de ein aktuelles Urteil des OLG Hamm (Beschl. v. 26.08.2010 – III – 3 RBs 226/10) zur Verwertbarkeit von Provida Messungen im Messbetrieb mit einem Motorrad veröffentlicht. Bei dem Provida Messsystem handelt es sich um ein Videomesssystem, das in PKW oder auf Motorrädern installiert wird. Das Provida ist seit über zehn Jahren im Einsatz. Man findet es häufig in diversen Fernsehsendungen wieder.

Das OLG Hamm führt in den Entscheidungsgründen aus, nach von der Physikalisch Technischen Bundesanstalt (PTB) übermittelten Erkenntnissen dürfe das Provida Messsystem bei Messungen mit Motorrädern mit Schräglage (also in der Kurve) nicht verwendet werden. Hintergrund ist, dass es durch die Schräglage des Messfahrzeuges zu einem geringeren Reifenabrollumfang des Motorrades kommt. Das Messgerät gibt bei Schräglagen des Messfahrzeugs aus diesem Grund erhöhte Messwerte und Wegstrecken aus, so dass bislang nicht geklärt ist, ob die Toleranzrenze von 5 % der gemessenen Geschwindigkeit eingehalten ist.

Das OLG hat den Schuldspruch aufgehoben und die Sache an den Bußgeldrichter zurückverwiesen mit dem Hinweis, dieser habe sich sachverständig beraten zu lassen, ob die Messung verwertbar und gegebenenfalls welche Verkehrsfehlergrenzen vorgenommen werden müssen. Die Messung wird nun also von einem Sachverständigen überprüft werden.

Die Entscheidung finden Sie hier:

OLG Hamm (Beschl. v. 26.08.2010 – III – 3 RBs 226/10)

Fazit: Eine Verteidigung gegen mit dem Provida durchgeführte Motorradmessungen hat vor allem dann Aussicht auf Erfolg, wenn man bestimmte Geschwindigkeitsgrenzen "gerade so" überschritten hat. Im Übrigen existiert in NRW seit März 2010 bereits eine Verfügung des Landesamtes für polizeiliche Dienste, nur noch auf geraden Strecken zu messen. Das stellt eine sehr gute Argumentationsgrundlage für eine Verfahrenseinstellung bereits im Verfahren vor der Bußgeldbehörde dar.

Erfolgte die Messung mit einem Motorrad sollte man sich daher in jedem Fall Akteneinsicht durch Übersendung des Messvideos nehmen, um den Verlauf der Messstrecke überprüfen zu können. Wer rechtsschutzversichert ist, erhält auch die Kosten eines im Gerichtsverfahren einzuholenden Sachverständigengutachtens ersetzt.