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Archiv: 12. Februar 2015

OLG Frankfurt zum Poliscan: „Passt schon!“

Als Partner-Anwalt der VUT-Sachverständigengesellschaft mbH, die sich seit Jahren mit der Überprüfung der Ordnungsgemäßheit von Messungen im Straßenverkehr beschäftigt, werde ich regelmäßig von den dortigen Sachverständigen über Neuigkeiten informiert.

So auch aktuell über die Entscheidung des OLG Frankfurt zu den Voraussetzungen eines standardisierten Messverfahrens vor dem Hintergrund einer Entscheidung des AG Friedberg, das eine Messung mit dem Poliscan Speed verworfen hatte.
Die VUT GmbH setzt sich dafür ein, die Gerichte zu überzeugen, dass es sich bei den Poliscan-Messverfahren gerade nicht um sogenannte standardisierte Messverfahren im Sinne der Rechtsprechung handelt. Die weitaus meisten im Einsatz befindlichen Messsysteme sind mittlerweile von der Rechtsprechung als standardisiert anerkannt, so auch die Poliscan-Messsysteme.
Was heißt das? Standardisiert?
Das bedeutet, dass das Gericht in jedem Einzelfall unterstellen darf, dass die jeweilige konkrete Messung ordnungsgemäß und verwertbar ist, es sei denn, der Betroffene legt dar, dass in seinem konkreten Fall Anhaltspunkte für eine Fehlmessung vorliegen.
Wer sich also mit einer solchen Poliscan-Säule ein mehr oder weniger schönes Selbstportrait schießen lässt, hat darzulegen, was mit der Messung nicht stimmen soll. Kann er das nicht, kann ihn das Gericht mit einem einfachen: „Passt schon!“, zum Teufel schicken.
Wie kann das sein?
Man fragt sich – nicht zuletzt wegen der Bedeutung der Unschuldsvermutung – als interessierter Bürger oder gerade erst kürzlich Poträtierter, wie das sein kann. Muss nicht die Staatsgewalt den Beweis erbringen, dass der Tatvorwurf auch zutrifft, sprich das Messergebnis stimmt?

Mitnichten!
Die Mühe macht man sich bei diesen Massenverfahren nicht. Es würde die Gerichte nämlich überlasten, wenn jede einzelne Messung von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen überprüft werden müsste. Ein einfaches: „Passt schon!“, beschleunigt das Verfahren da ungemein.
Was sagen die Gerichte dazu?
Die Argumentation der Oberlandesgerichte ist: Die verschiedenen Messsysteme bedürfen einer Zulassung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB-Zulassung). Und die Oberlandesgerichte gehen davon aus, dass bereits durch die Zulassung bzw. das Prüfverfahren der PTB in Verbindung mit der Eichung und einer ordnungsgemäßen Bedienung der Geräte gemäß Bedienungsanleitung sichergestellt ist, dass die Messergebnisse korrekt und verwertbar sind.
Was hat das OLG Frankfurt dazu gesagt?
Das OLG Frankfurt führt in der angesprochenen Entscheidung, Beschluss vom 04.12.2014 – 2 Ss-OW i 1041 /14 –aus:
„Mit der Zulassung erklärt die PTB im Wege eines Behördengutachtens (antizipiertes Sachverständigengutachten), dass bei dem zugelassenen Gerät ein durch Normen vereinheitlichtes (technisches) Verfahren vorliegt, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind (sog. „standardisierte Messverfahren“ – ständige Rspr. der Obergerichte vgl. OLG Düsseldorf Beschluss vom 14.07.2014 – IV-1 RBs 50/14, 1 RBs 50/14 m.w.N.). Die Zulassung erfolgt dabei nur, wenn das Messgerät die umfangreichen Testreihen erfolgreich durchlaufen hat, bei denen die PTB das Messgerät auch unter atypischen Verkehrsszenarien auf seine Störungsresistenz prüft. Die Art der Verwendung und der zulässige Verwendungsaufbau werden von der PTB bei der Zulassung vorgegeben.

Ist ein Messgerät von der PTB zugelassen und ist das Messgerät im Rahmen der Zulassungsvorgaben verwendet worden, ist das Tatgericht grds. von weiteren technischen Prüfungen, insbesondere zur Funktionsweisen des Messgeräts, enthoben. Die Zulassung durch die PTB ersetzt diese Prüfung. Damit soll erreicht werden, dass bei dem Massenverfahren im Bußgeldbereich nicht jedes Amtsgericht bei jedem einzelnen Verfahren die technische Richtigkeit der Messung jeweils neu überprüfen muss. Ist die Messung im Rahmen der Zulassung erfolgt, – derzeit nach Maßgabe der PTB-Anforderungen (PTB-A) 18.11 vom Dezember 2013 -, kann das Gericht grds. von der Richtigkeit der Messung ausgehen.“
Die Entscheidung ist auf der Homepage des Kollegen Burhoff unter:

https://www.burhoff.de/insert/?/asp_weitere_beschluesse/inhalte/2868.htm

veröffentlicht.
Was sagen die Sachverständigen der VUT GmbH dazu?

Nach Ansicht der Sachverständigen der VUT GmbH steht diese Argumentation des Oberlandesgerichts Frankfurt in wesentlichen Teilen im Widerspruch zur Beschreibung des Prüfverfahrens, so wie es von der PTB selbst dargestellt wird.
Die VUT GmbH kritisiert unter anderem und meines Erachtens auch zurecht, dass weder der technische Geräteaufbau öffentlich im Detail bekannt ist, noch die verwendete Software. Zudem wird der Umfang der Zulassungsprüfung durch die PTB nicht bekanntgegeben.
Die PTB äußert sich seit Jahren – auch auf die zahlreichen Nachfragen der Anwaltschaft und Sachverständigen – nicht dazu, wie die Prüfung des Messgerätes vor Zulassung im Einzelnen erfolgt. Es ist also weder bekannt, was die PTB genau prüft noch wie. Ein solches Prüfverfahren lässt sich denkbar schlecht einer Gegenprüfung durch den Betroffenen bzw. einen Sachverständigen unterziehen.
Statt: „Passt schon!“, müsste man also eher sagen: „Nichts genaues weiß man nicht!“.
Gerade bei den Poliscan-Messverfahren kommt hinzu, dass es in jüngster Zeit durch eine Umstellung der Auswertesoftware dazu gekommen ist, dass sich der sogenannte „Auswerterahmen“ verschiebt.
Der Auswerterahmen ist ein Viereck, das auf dem Messfoto abgebildet ist und bestimmte Fahrzeugteile umfassen muss. Lange Zeit hieß es von Seiten des Herstellers, wenn der Auswerterahmen das Nummernschild und/oder einen Vorderreifen umfasse, sei die Messung auch korrekt.
Wenn nun aber bewiesen ist, dass das Viereck – quasi willkürlich und je nach Verwendung der Versionen der Auswertesoftware – seinen Platz und seine Ausdehnung verändert, dann muss doch die Frage erlaubt sein, wie das sein kann. Die VUT GmbH konnte in diesem Zusammenhang in Einzelfällen nachweisen, dass ein und dieselbe Messung mit der einen Auswertesoftware als verwertbar und korrekt eingestuft wurde, während bei Verwendung einer anderen Softwareversion eine Verwerfung der Messung erfolgte.
Dies sind nur einige der Kritikpunkte.
Die umfangreiche und lesenswerte Stellungnahme der Sachverständigen der VUT GmbH finden Sie bei Interesse hier:
http://vut-verkehr.de/aktuelle-downloads.html

Gegendarstellung

Auf der Internet-Seite des Rechtsanwaltes Dominik Weiser, Saarbrücken, www.rechtsanwalt-weiser.de wird mit einem Beitrag vom 12.02.2015 unter der Überschrift „OLG Frankfurt zum Poliscan: „Passt Schon!““ behauptet:

1.) „Auch die Bürger und Besucher der schönen Stadt Neunkirchen/Saar dürfen sich seit einigen Monaten über die Verschönerung der Landschaft durch die kleinen „bildschönen“ Säulen der Firma Vitronic freuen:“

Dies ist falsch. Richtig ist vielmehr, dass in der Stadt Neunkirchen/Saar keine Geschwindigkeitsmessgeräte der Firma Vitronic aufgestellt sind.

2.) In dem Bericht wird im Weiteren ausgeführt wie folgt: „Dass Vitronic, der Hersteller der Poliscan-Messsysteme, an den Knöllchen beteiligt wird, ist lange bekannt und war auch schon vor Jahren Gegenstand medialen Interesses.“

Soweit hierdurch der Eindruck erweckt wird, die Firma Vitronic erhalte einen Teil der Einnahmen aus Bußgeldern, ist dies falsch. Richtig ist vielmehr, dass die Firma Vitronic nicht an den Einnahmen aus Bußgeldern beteiligt ist.

Wiesbaden, den 2.4.15

VITRONIC Dr.-Ing. Stein Bildverarbeitsungssysteme GmbH
vertreten durch den Geschäftsführer Dr.-Ing. Norbert Stein

Achtung! Neue Verjährungsfristen für Alkohol- und Drogenfahrten!

Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Reform des Straßenverkehrsrechts mit Wirkung zum 1. Mai 2014 die Höchstgeldbuße für Verkehrsordnungswidrigkeiten nach § 24a StVG (Alkoholordnungswidrigkeiten ab 0,5 Promille) von 1.500,00 € auf 3.000,00 € angehoben.

Es bleibt zwar dabei, dass die Regelbuße gemäß Bußgeldkatalog für fahrlässige Begehungsweise 500,00 €, 1 Monat Fahrverbot und 2 Punkte (neu) beträgt.

Die Anhebung des (theoretischen) Höchstsatzes auf 3.000,00 € hat aber die für den Betroffenen nachteilige Folge, dass es sich nun bei fahrlässiger Begehung um eine Ordnungswidrigkeit nach § 31 II Nr. 3 OWiG handelt. Bei fahrlässiger Begehung (halber Höchstssatz = 1.500,00 €) tritt Verjährung daher künftig erst nach einem Jahr und nicht – wie bislang – nach sechs Monaten ein.

Bei vorsätzlicher Tatbegehung ist § 31 II Nr. 2 OWiG anwendbar. Dann beträgt die Höchstbuße 3.000,00 € und Verjährung tritt erst nach zwei Jahren ein.

Abschließend weise ich darauf hin, dass diese Ausführungen nur für das Ordnungswidrigkeitenverfahren Geltung beanspruchen nicht aber für ein Strafverfahren wegen Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB) oder Gefährdung des Straßenverkehrs ( § 315 c StGB).

Tipp: Schweigen ist Gold!

Wenn Sie mit Alkohol am Steuer erwischt wurden, sollten Sie von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen und sich bei mir melden! In Verkehrsstrafsachen erhalten Sie umgehend einen Besprechungstermin.