• Ihre Fachanwaltskanzlei für Verkehrsecht im Saarland

Schlagwort: Alkohol

man in blue dress shirt and blue denim jeans standing near glass building

BayObLG zu den Promillegrenzen für E-Scooter

Das bayerische Oberlandesgericht hat bestätigt, dass die für Autofahrer geltende Grenze von 1,1 Promille zur absoluten Fahruntauglichkeit auch für E-Scooter gilt. Es hat die Fahrerlaubnisentziehung eines Scooterfahrers, der auf dem Münchener Oktoberfest mit 1,35 Promille angehalten worden war, bestätigt. Er hatte eine Strecke von 300 m auf einem Bürgersteig zurückgelegt.

Der Angeklagte hatte einwendet, bei einem E-Scooter handele es sich nicht um Kraftfahrzeug im Sinne des § 316 StGB. Ferner seien die Promillegrenzen nicht auf den EScooter übertragbar, allenfalls sei eine Vergleichbarkeit mit einem Fahrrad gegeben. Bei einem solchen tritt absolute Fahruntauglichkeit erst ab 1,6 Promille ein.  Zudem liege bei einer Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad kein Regelfall für eine Fahrerlaubnisentziehung vor. Das AG München hat sämtliche Einwendungen des Angeklagten verworfen.  

Die Entscheidung des BayObLG ist wenig überraschend, denn sie orientiert sich an der eindeutigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Das BayObLG führt aus:

„Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 28. Juni 1990 den Grenzwert für die absolute Fahruntüchtigkeit eines Kraftfahrers unter Berücksichtigung medizinischnaturwissenschaftlicher Erfahrungswerte mit 1,1 Promille festgelegt und dabei zugleich ausdrücklich ausgesprochen, dass dieser Wert für alle Führer von Kraftfahrzeugen gilt (BGH NJW 1990, 2393, 2395).

Auch wenn der Entscheidung des Bundesgerichtshofs eine Trunkenheitsfahrt eines Autofahrers zugrunde lag, hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich klargestellt, dass dieser Grenzwert generell für (alle) Führer von Kraftfahrzeugen gilt, und dies zusätzlich durch Bezugnahme auf vorausgegangene Entscheidungen zu Kraftradfahrern (BGHSt 22, 352) sowie Fahrrädern mit Hilfsmotor, sog. Mofa 25 (BGHSt 30, 251) und auch Führen eines abgeschleppten betriebsunfähigen PKW (BGHR StGB § 316 Fahruntüchtigkeit alkoholbedingte 2, = BGHSt 36, 341) zum Ausdruck gebracht.

Von dem Grundsatz, dass die Promillegrenze von 1, 1 Promille für alle Kraftfahrzeugarten gilt, im Falle der E-Scooter abzuweichen, besteht kein Anlass.“ (BayObLG, Beschluss v. 24.07.2020 – 205 StRR 216/20)

In einer sehr ausführlichen Begründung bestätigt das BayObLG sodann die Wertung des Amtsgerichts München, wonach auch bei einer Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter ein Regelfall für eine Fahrerlaubnisentziehung vorliegt.

Zu der Einwendung der kurzen Fahrtstrecke führt es aus:

„Das Amtsgericht hat an tatbezogenen Umständen über den Aspekt hinaus, dass die Fahrt mit einem im Vergleich zu einem Personenkraftwagen leichteren E-Scooter stattfand, berücksichtigt, dass die vom Angeklagten bis zu seiner polizeilichen Kontrolle gefahrene Strecke von ca. 300 m nicht allzu lang war. Wenn das Amtsgericht darin keinen Fall einer Bagatellfahrt mehr gesehen hat, so liegt dies im Rahmen seines Beurteilungsspielraums.“ (BayObLG a. a. O.)

Meine Meinung: Daran, dass die Promillegrenzen für Autofahrer auch für E-Scooterfahrer gelten, hatte ich auch vor dieser Entscheidung wenig Zweifel. Eine Fahrerlaubnisentziehung bei einer Fahrtstrecke von 300 m auf dem Gehweg auszusprechen, mag im Beurteilungsspielraum des entscheidenden Gerichts liegen. Vielleicht hat es hier aber in erster Instanz auch an entsprechendem Vortrag  zu den Tatumständen und dem Nachtatverhalten des Angeklagten gefehlt, die eine anderweitige Bewertung erlaubt hätten.

Das Urteil finden Sie im Volltext hier: BayObLG, Beschluss v. 24.07.2020 – 205 StRR 216/20

Fahrrad/Pedelec/E-Scooter/Segway – Alkohol erlaubt?

Auch an Fasching gelten bekanntermaßen die Alkoholgrenzen. Ich erinnere daher heute aus Anlass des Rosenmontags, der auch im schönsten  Bundesland der Welt, also im Saarland, gebührend gefeiert wird, an die geltenden Alkoholgrenzen. Unten stehend finden Sie mein Video, in dem die Alkoholgrenzen übersichtlich erklärt werden. Außerdem habe ich einige Links zum Thema rausgesucht.

Die meisten, wenn auch leider nicht alle, Jecken sind schlau und verantwortungsvoll genug, die Umzüge zu Fuß oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu besuchen, wenn sie denn Alkohol trinken möchten.

Da einige sicher auch zu nicht motorisierten Fahrzeugen greifen werden, gegebenenfalls auch in der irrigen Annahme, das sei erlaubt, folgende Kurzinformation zum Thema Alkohol auf dem Fahrrad (E-Scooter, Segway, Pedelec etc.):

Hier noch einige ausgesuchte Links zu diesem Thema:

 

Nochmal zum Fahrradfahrverbot (VG Gelsenkirchen)

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat in seiner Entscheidung vom 6. Juni 2018 festgestellt, dass das Untersagen des Führens von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen (zum Beispiel Fahrrädern) im Straßenverkehr durch die Fahrerlaubnisbehörde rechtmäßig sein kann.

Dem Antragsteller war wegen Führens eines Fahrzeugs unter Einfluss von Cannabis, Alkohol und Methadon von der Fahrerlaubnisbehörde untersagt worden, fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge zu führen.

Der Antragsteller wendete sich in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen die sofortige Wirksamkeit dieser Maßnahme an das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen.

Dieses stellte fest:

Die Untersagung zum Führen erlaubnisfreier Fahrzeuge findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV. Nach dieser Vorschrift hat die Fahrerlaubnisbehörde das Führen von Fahrzeugen zu untersagen, zu beschränken oder die erforderlichen Auflagen anzuordnen, wenn sich jemand als hierzu ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet erweist. Die Ungeeignetheit zum Führen von Fahrzeugen bestimmt sich nach den Vorschriften, die auch für das Führen fahrerlaubnispflichtiger Kraftfahrzeuge gelten, nämlich nach den §§ 3 Abs. 1, 2 Abs. 4 StVG und §§ 46 Abs. 1, 11 Abs. 1 FeV. Dies ist sachgerecht, weil es beim Führen erlaubnisfreier ebenso wie beim Führen erlaubnispflichtiger Fahrzeuge um die Teilnahme am Straßenverkehr und die dafür erforderliche Umsicht sowie Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit geht. Das Gefährdungspotential, welches hierbei ‑ etwa durch unerwartete Reaktionen oder unkontrolliertes Fahrverhalten ‑ von dem ungeeigneten Fahrer eines fahrerlaubnisfreien Fahrzeugs ausgehen kann, rechtfertigt es, an die Fahreignung diesen Maßstab anzulegen.

Vor diesem Hintergrund ist die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge auch verhältnismäßig. Es trifft zwar zu, dass die Verkehrsteilnahme mit einem motorisierten Fahrzeug wegen der möglichen höheren Geschwindigkeiten ein größeres Gefährdungsrisiko als mit einem Fahrrad in sich birgt. Jedoch geht auch von einem fahrungeeigneten Führer fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge ‑ etwa durch der Verkehrssituation nicht angepasste Reaktionen sowie ein unkontrolliertes und die Verkehrsregeln missachtendes Fahrverhalten ‑ ein erhebliches Gefährdungspotential für diesen selbst sowie für andere Verkehrsteilnehmer aus. (VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 6.6.2018 – 7 L 2934/17)

Über das Problem Fahrradfahrverbot habe ich schon einige Male berichtet:

https://rechtsanwalt-weiser.de/raweiser/besser-mal-einen-zug-nehmen-fahrradfahrverbot-wegen-trunkenheitsfahrt/

Trotz 1,6 Promille keine MPU?!

Die Fahrerlaubnisverordnung sieht in § 13 vor, dass die Fahrerlaubnisbehörde bei einer Alkoholfahrt ab einer BAK von 1,6 Promille zwingend eine medizinisch-psychologische Untersuchung anzuordnen hat:

 

Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass … ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn … ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr … geführt wurde.

Der Fahrerlaubnisbehörde steht nach dem eindeutigen Wortlaut der Fahrerlaubnisverordnung kein Ermessen zu. Wird die Grenze von 1,6 Promille erreicht, muss die MPU angeordnet werden.


Dennoch gibt es Fälle, in denen der Betroffene die MPU vermeiden kann. Heute möchte ich einen solchen Fall aus meiner Praxis vorstellen. Mein Mandant hatte wegen einer Alkoholfahrt mit mehr als 1,6 Promille einen Strafbefehl erhalten, gegen den ich Einspruch einlegte.

Im Rahmen der Hauptverhandlung konnten wir eine mehrmonatige Abstinenz meines Mandanten und die Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Schulung nachweisen. Der zuständige Strafrichter hob die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis auf und händigte meinem Mandanten in der Hauptverhandlung den Führerschein aus. Auf meine Bitte hin vermerkte er in den Urteilsgründen:

„Im Hinblick auf die Dauer des vorläufigen Maßregelvollzugs ist der Angeklagte aufgrund seiner zwischenzeitlichen Nachschulungsmaßnahme und Verhaltensänderung im Hinblick auf Alkoholkonsum – entsprechende Unterlagen wurden in  der Hauptverhandlung vorgelegt – zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr als zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet zu erachten, sodass lediglich noch ein deklaratorisches Fahrverbot verhängt wird.“

Mithin enthielt das Urteil positive Feststellungen zur Fahreignung des Mandanten. Die Entscheidung erging am 17.8.2017. Am 2.2.2018 meldete sich die zuständige Fahrerlaubnisbehörde schriftlich bei meinem Mandanten und ordnete die Vorlage einer MPU an.

Die Anordnung dieser MPU war allerdings rechtswidrig. Hintergrund ist die Bindungswirkung des § 3 Abs. 4 S. 1 des Straßenverkehrsgesetzes:

„Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht.“

Da die Urteilsgründe erkennen ließen, dass der Strafrichter sich ein eigenes Bild von der Eignung meines Mandanten gemacht und eine eigene Beurteilung der Eignung vorgenommen hatte, durfte die Fahrerlaubnisbehörde hiervon nicht zum Nachteil des Mandanten abweichen.

Nach einem Hinweis auf die Rechtslage und die Feststellungen des Amtsgerichts zur Eignung hob die Fahrerlaubnisbehörde die Anordnung sofort auf.

Im Ergebnis musste der Mandant also trotz einer BAK von mehr als 1,6 Promille keine MPU absolvieren.

Tipp: Bei Alkoholfahrten direkt zum Anwalt!

Die Tendenzen der Gerichte, selbst über die Eignung zu entscheiden, sind eher rückläufig. Hierfür muss der Fall "richtig liegen" und ausreichend Vortrag gehalten werden (Abstinenznachweise etc.). Aber auch wenn es nicht gelingt, das Gericht zu einer Eignungsentscheidung zu bewegen, ist es wichtig, im Strafverfahren dafür zu sorgen, dass der Führerschein nicht zu lange entzogen bleibt. Das ist beispielsweise mit Sperrfristverkürzungskursen möglich. Eine kompetente Verteidigung im Strafverfahren setzt gerade bei Führerscheinmaßnahmen voraus, dass der Verteidiger seinem Mandanten hilft, die Weichen für ein nachfolgendes Fahrerlaubnisverfahren frühzeitig in die richtige Richtung zu stellen.

Bundesverwaltungsgericht: MPU unter 1,6 Promille nur unter besonderen Voraussetzungen

Ist der Betroffene mit 1,6 Promille oder mehr am Steuer erwischt worden, kommt die medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) der Fahreignung zwingend. Die Fahrerlaubnisbehörde hat in einem solchen Fall kein Ermessen. Das gleiche gilt, wenn ein wiederholter Verstoß unter Alkoholeinfluss begangen wurde und zwar schon bei zwei Fahrten, auch unter 1,6 Promille.

In beiden Fallgestaltungen hat die Fahrerlaubnisbehörde eine MPU anzuordnen.

Was aber gilt bei einer einmaligen Trunkenheitsfahrt, wenn der Betroffene eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von weniger als 1,6 Promille hatte?

Auch in einem solchen Fall kann eine MPU durch die Fahrerlaubnisbehörde angeordnet werden. Es handelt sich dann aber um eine Ermessensentscheidung der Behörde. Die Behörde kann, muss aber keine MPU anordnen.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte über eine solche Fallgestaltung zu entscheiden. Der Klägerin war im Strafverfahren wegen einer einmaligen Trunkenheitsfahrt bei einer BAK von 1,28 Promille die Fahrerlaubnis entzogen worden. Auf Ihren Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis hin ordnete die Fahrerlaubnisbehörde eine MPU an.

Die Klägerin zog dagegen vor das Verwaltungsgericht und unterlag in beiden Vorinstanzen. Sowohl das Verwaltungsgericht als auch nachfolgend der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wiesen ihre Klage ab und erklärten die Anordnung der MPU für rechtmäßig. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof schloss sich in seinem Urteil aktuellen Tendenzen in der Rechtsprechung an, wonach nach einer strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB), die auf einer Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss beruht, im Wiedererteilungsverfahren unabhängig von der Blutalkoholkonzentration die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen sei.
In einem Bundesland wie Bayern, in dem man nach der Beckstein’schen Formel nach zwei Maß Bier noch fahrtüchtig ist, ein erstaunliches Ergebnis.
Zur Erinnerung:

Nach zwei Maß Bier darf Beckstein noch fahren

Das Bundesverwaltungsgericht dagegen gab der Klage statt und verurteilte die Fahrerlaubnisbehörde dazu, der Klägerin die Fahrerlaubnis (ohne vorherige MPU) zu erteilen. Es führt aus:

Diese Auffassung ist mit § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d i.V.m. Buchst. a bis c FeV (Fahrerlaubnisverordnung) nicht vereinbar. Lag die Blutalkoholkonzentration unter 1,6 Promille, so bedarf es bei einer einmalig gebliebenen Zuwiderhandlung im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss zusätzlicher Tatsachen, die die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen. Die Entziehung der Fahrerlaubnis durch das Strafgericht genügt für sich gesehen nicht.

Haschischkeks und Kokscola – Die versehentliche Einnahme von Betäubungsmitteln im Fahrerlaubnisrecht

Die Behauptung, ein Betäubungsmittel „einmalig und versehentlich“ eingenommen zu haben, findet sich in vielen verwaltungsgerichtlichen Urteilen.

Entzieht die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis, weil der Inhaber vermittels Bluttest als Konsument von Betäubungsmitteln feststeht, versucht der Betroffene oft, sich zu wehren, indem er behauptet, die Betäubungsmittel unwissentlich zu sich genommen zu haben.

Vom versehentlich gegessenen „Haschischkeks“ bis zum böswilligen „Kokscola“ in der Diskothek sind so ziemlich alle denkbaren Konstellationen, wie die Betäubungsmittel in den Körper gelangt sind.

Fast immer scheitert der Betroffene mit solchen Behauptungen und dies zumeist aus (guten) Gründen.
Oft ergibt sich bereits aus den Blutwerten, dass ein regelmäßiger Konsum stattgefunden haben muss. Es ist – gelinde ausgedrückt – unrealistisch, bei einem Blutgehalt von 8,3 kg/ml Amfetamin (stilistische Übertreibung) mit der Behauptung, man habe an der falschen Cola genippt, beim Verwaltungsgericht anzuklopfen.

Abgesehen von diesen Fallgestaltungen, gibt es auch solche, bei denen die Blutwerte nicht zwingend gegen einen einmaligen Konsum sprechen müssen. In aller Regel sind das die Fälle, in denen die Blutentnahme oder Urinkontrolle erst Wochen oder Monate nach dem Vorfall durchgeführt wird. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Meistens aber hat ein vorausgegangenes Strafverfahren, sei es wegen Trunkenheitsfahrt oder Besitz von Betäubungsmitteln o. ä. stattgefunden, das eben den Anlass zur Maßnahme der Fahrerlaubnisbehörde gesetzt hat. Wer nun von seinem guten Recht (Schweigen ist Gold?) im Strafverfahren Gebrauch gemacht hat, und dementsprechend keinen Ton vom einmaligen Konsum hat verlauten lassen, der braucht sich im Fahrerlaubnisverfahren auch nicht darauf zu berufen. Denn diese Behauptung wird als Schutzbehauptung abgebügelt werden.

Die Empfehlungen des deutschen Verkehrsgerichtstags 2016

An diesem Wochenende tagte der Verkehrsgerichtstag in Goslar. Es handelt sich um eine interdisziplinäre Zusammenkunft von Experten auf verschiedenen Gebieten des Verkehrsrechts und angrenzender wissenschaftlicher Bereiche ( z.B. Psychologie, Medizin, Verkehrsmesstechnik, etc.).

Der Verkehrsgerichtstag diskutiert in mehreren getrennten Arbeitskreisen aktuelle Fragen des Verkehrsrechts aus und beschließt einen Empfehlungskatalog für den Gesetzgeber.

Im Video fasse ich die wesentlichen – und nach meiner Einschätzung für die Allgemeinheit auch interessanten – Empfehlung zusammen. Sie betreffen Fragen der Alkoholproblematik im Straßenverkehr (vor allem: MPU unter 1,6 Promille), des Messwesens (Blitzer etc.), Verwertung von Dashcamaufnahmen, steuerliche Fragen beim Verkehrsunfall, Beschleunigung des Verkehrszivilprozesses (Unfallklagen), sowie die Reform des Fahrlehrerrechts und Rechtsfragen um das Thema Mega-Containerschiffe.

Wer sich die Empfehlungen im Volltext ansehen möchte, findet hier den Link zum PDF-Dokument:

Die Empfehlungen des 54. deutschen Verkehrsgerichtstags (PDF)

 

Achtung! Neue Verjährungsfristen für Alkohol- und Drogenfahrten!

Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Reform des Straßenverkehrsrechts mit Wirkung zum 1. Mai 2014 die Höchstgeldbuße für Verkehrsordnungswidrigkeiten nach § 24a StVG (Alkoholordnungswidrigkeiten ab 0,5 Promille) von 1.500,00 € auf 3.000,00 € angehoben.

Es bleibt zwar dabei, dass die Regelbuße gemäß Bußgeldkatalog für fahrlässige Begehungsweise 500,00 €, 1 Monat Fahrverbot und 2 Punkte (neu) beträgt.

Die Anhebung des (theoretischen) Höchstsatzes auf 3.000,00 € hat aber die für den Betroffenen nachteilige Folge, dass es sich nun bei fahrlässiger Begehung um eine Ordnungswidrigkeit nach § 31 II Nr. 3 OWiG handelt. Bei fahrlässiger Begehung (halber Höchstssatz = 1.500,00 €) tritt Verjährung daher künftig erst nach einem Jahr und nicht – wie bislang – nach sechs Monaten ein.

Bei vorsätzlicher Tatbegehung ist § 31 II Nr. 2 OWiG anwendbar. Dann beträgt die Höchstbuße 3.000,00 € und Verjährung tritt erst nach zwei Jahren ein.

Abschließend weise ich darauf hin, dass diese Ausführungen nur für das Ordnungswidrigkeitenverfahren Geltung beanspruchen nicht aber für ein Strafverfahren wegen Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB) oder Gefährdung des Straßenverkehrs ( § 315 c StGB).

Tipp: Schweigen ist Gold!

Wenn Sie mit Alkohol am Steuer erwischt wurden, sollten Sie von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen und sich bei mir melden! In Verkehrsstrafsachen erhalten Sie umgehend einen Besprechungstermin.

„Einmal blasen!“ „Bitte?!“ – Zur Belehrungspflicht beim Atemalkoholtest

Den meisten Betroffenen ist nicht klar, dass sie nicht verpflichtet sind, an einer Atemalkoholkontrolle mitzuwirken. Hier gilt der Grundsatz, dass sich niemand selbst belasten muss.

Es ist also durchaus zulässig, wenn man die Aufforderung: „Einmal blasen bitte“ mit: „Nein, danke!“ beantwortet.

Die Frage, die im Rahmen dieses Beitrages angesprochen werden soll, ist allerdings nicht, was passiert, wenn man das gut gemeinte Angebot der Beamten höflich ausschlägt. Dann folgt im Regelfall schlicht und einfach die Anordnung einer Blutentnahme, an der man nicht vorbeikommt. Im Einzelfall mag man auch Glück haben, und die Beamten lassen einen fahren … (im wörtlichen Sinne) Darum geht es in diesem Beitrag aber nicht.

Wenn man gar nicht blasen muss, dann stellt sich zum einen die Frage, ob die Polizeibeamten verpflichtet sind, über diesen Umstand zu belehren. Und wenn eine solche Verpflichtung besteht, eine Belehrung aber nicht erfolgt ist, ist dann das Ergebnis des Atemalkoholtests trotzdem verwertbar oder nicht?

Muss der Beamte also auf die Freiwilligkeit der Teilnahme an der Atemalkoholkontrolle hinweisen oder nicht?

Das Kammergericht Berlin (KG 30.7.14, 3 Ws (B) 356/14) meint, dass keine Belehrungspflicht besteht. Daraus folgt, dass auch ein ohne Belehrung durchgeführter Atemalkoholtest grundsätzlich verwertbar ist.

Anders sehen das das Amtsgericht Frankfurt und das Landgericht Freiburg. Die Rechtsprechung zu diesem Thema ist nämlich durchaus uneinheitlich. Es kommt mehr oder weniger darauf an, im Bezirk welchen Gerichts man angehalten wird. Berlin ist also eher schlecht für den Betroffenen, Freiburg eher gut, nicht aber, wenn der Betroffene zusätzlich Cannabis dabei hat, dann nämlich wäre er besser in Hamburg, auf keinen Fall aber in München erwischt worden. Soviel sei nebenbei zur Einheitlichkeit der Rechtsprechung in der Bundesrepublik Deutschland und dem daraus resultierenden Gerechtigkeitsempfinden des einfachen Bürgers erwähnt.

Wenn einen ein Beamter anhält und zur Teilnahme an einem Atemalkoholtest auffordert, sollte man aus taktischen Gründen dennoch nicht unbedingt rückfragen, wo man sich gerade befindet. „Einmal blasen bitte!“ „Wo bin ich hier eigentlich?“, ist nicht gerade die Art Kommunikation, die den Interessen des Betroffenen dienlich sein dürfte.

Folgt man der zweiten Ansicht und hält eine Belehrung für erforderlich und ist diese unterblieben, dann stellt sich die Folgefrage, ob ein solches Messergebnis trotzdem verwertbar ist oder nicht.

Auch hierzu lassen sich unterschiedliche Ansichten vertreten. Klar ist nur, dass solche Alkoholmessungen unverwertbar sind, bei denen ein offenkundiger Irrtum des Betroffenen über die Freiwilligkeit bewusst ausgenutzt wird.

Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass in allen Fällen, in denen dem Betroffenen vorgespiegelt wird, er sei zur Mitwirkung verpflichtet, per se – und zwar unabhängig davon – ob eine Belehrungspflicht überhaupt besteht, eine Unverwertbarkeit vorliegt.

TENDENZIELL könnte man also wie folgt zusammenfassen:

„Einmal blasen! Ist freiwillig!“ verwertbar
„Einmal blasen!“ fraglich, in Berlin aktuell verwertbar
„Einmal blasen!“ „Muss ich?“ „Ja!“ unverwertbar
„Einmal blasen! Sie müssen!“ unverwertbar
„Einmal blasen!“ „Muss ich?“ „Sag‘ ich nicht!“ fraglich
„Einmal blasen!“ „Muss ich?“ „Weiß ich nicht.“ Beruf verfehlt

Die Thematik der Verwertbarkeit der Atemalkoholmessung spielt übrigens nur im Bußgeldverfahren eine Rolle, da die Ergebnisse eines Atemalkoholtestes im Strafverfahren per se nicht verwertbar sind. Im Strafverfahren muss ein Blutgutachten vorliegen. Da heißt es dann: „Einmal zapfen!“, und zwar zur Not auch gegen den ausdrücklichen Willen des Beschuldigten.

Verurteilung wegen Cannabisfahrt – Erkennbarkeit der Rauschwirkung

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat entschieden, dass für eine Verurteilung nach § 24 a StVG die Feststellung erforderlich ist, dass der Betroffene das Fortbestehen der Wirkung des Rauschmittels hätte erkennen können und müssen.

Liegt der Cannabiskonsum bereits mehr als einen Tag zurück und liegt nur eine geringfügige Überschreitung des analytischen Grenzwerts vor, so ist im Urteil darzulegen, warum der Betroffene dennoch von einer fortbestehenden Rauschwirkung ausgehen musste.

Promillegrenzen

Im folgenden Video erläutere ich, welche Promillegrenzen im Straßenverkehr gelten:

Im Straßenverkehr gelten für Autofahrer folgende Promillegrenzen:

1. Für Fahranfänger gilt eine Grenze von 0,2 Promille. Das absolute Alkoholverbot für Fahranfänger ist in § 24 c des Straßenverkehrsgesetzes geregelt. Darin heißt es, dass es für Fahranfänger verboten ist, unter der Wirkung von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln zu fahren. Es steht also nicht in der Vorschrift, dass Fahranfänger nur mit 0,0 Promille fahren dürfen. Es kommt vielmehr darauf an, ob eine Wirkung des konsumierten Alkohols anzunehmen ist. Da nach derzeitiger Ansicht in der Rechtsprechung eine Wirkung von Alkohol erst ab 0,2 Promille eintritt, gilt die 0,2 Promillegrenze für Fahranfänger.

2. Ab 0,3 Promille kann der Straftatbestand der Trunkenheit im Straßenverkehr (§ 316 Strafgesetzbuch) erfüllt sein. Das ist aber nur der Fall, wenn alkoholbedingte Ausfallerscheinungen (z.B. Fahrfehler wie etwa Schlangenlinien) festgestellt werden können. Man spricht dann von relativer Fahruntauglichkeit.

3. Ab 0,5 Promille ist auch für Nicht – Fahranfänger die Grenze zur Ordnungswidrigkeit überschritten. Wer mit 0,5 Promille ein Kraftfahrzeug führt, begeht eine Ordnungswidrigkeit nach § 24 a des Straßenverkehrsgesetzes. Es ist nicht erforderlich, dass auch alkoholbedingte Ausfallerscheinungen vorgelegen haben. Liegen Anhaltspunkte für alkoholbedingte Ausfallerscheinungen vor, wird zunächst ein Strafverfahren eingeleitet werden.

4. Die Grenze zur sogenannten absoluten Fahruntauglichkeit liegt bei 1,1 Promille. Ab diesem Blutalkoholwert ist eine Strafbarkeit wegen Trunkenheit im Straßenverkehr (§ 316 StGB) gegeben, ohne dass es auf Ausfallerscheinungen ankommt.

5. Eine weitere wichtige Grenze ist die 1,6 Promillegrenze. Bei diesem Blutalkoholwert liegt die Grenze zur absoluten Fahruntauglichkeit eines Fahrradfahrers. Auch für den Autofahrer ist diese Grenze von Bedeutung. Wird die 1,6 Promillegrenze erreicht, muss die Fahrerlaubnisbehörde eine medizinisch – psychologische Untersuchung (MPU) anordnen. Sie hat kein eigenes Ermessen, ob sie die MPU anordnet oder nicht.

 

NRW will die Promillegrenze für Fahrradfahrer senken

Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger fordert eine Absenkung der Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit für Fahrradfahrer. Bislang liegt die Grenze bei 1,6 Promille. Jäger möchte sie auf 1,1 Promille absenken.

Allenthalben ist jetzt auch zu lesen, Radfahren sei erst ab 1,6 Promille strafbar. Das ist falsch. Absolute Fahruntauglichkeit bedeutet lediglich, dass ab diesem Promillewert unwiderleglich vermutet wird, dass der Radfahrer untauglich ist, am Straßenverkehr teilzunehmen. Es bedeutet nicht, dass Radfahren unter 1,6 Promille nicht strafbar sein kann. Radfahren ist vielmehr, genau wie Autofahren, bereits ab 0,3 Promille strafbar, sofern beim Radfahrer verkehrsbezogene Ausfallerscheinungen (z.B. Schlangenlinien) festgestellt werden können.

Vor diesem Hintergrund hätte eine Herabsetzung der Promillegrenze zur absoluten Fahruntauglichkeit allenfalls Signalwirkung, wenn überhaupt.

Zum Thema: Alkohol am Fahrradsteuer (Blogbeitrag vom 04. August 2010).

Über den neuen medienwirksamen Vorstoß des Innenministers berichteten gestern so ziemlich alle Medien. Die 1,6 Promillegrenze für Radfahrer beruht allerdings allein auf Richterrecht. Sie ist nirgendwo normiert. Grundlage dieser ständigen Rechtsprechung sind Erkenntnisse aus der Wissenschaft. Eine Herabsetzung ist daher allein durch die Gerichte, namentlich den Bundesgerichtshof, möglich.
Man möge mich nicht falsch verstehen, betrunkene Fahrradfahrer gefährden sich und andere und dem gilt es selbstverständlich entgegenzuwirken.

Möglich wären zum Beispiel:

1. Eine Ahndung nach § 24 a StVG unter Heraufsetzung der Promillegrenze für Fahrradfahrer auf beispielsweise 1,1 Promille. Die 0,5 Promillegrenze, die für Autofahrer gilt (siehe hier: Promillegrenzen im Straßenverkehr) scheint dann nach den Erkenntnissen der Wissenschaft für Fahrradfahrer doch etwas niedrig angesetzt. Zudem sollte nicht die Signalwirkung: „Da kann ich ja gleich mit dem Auto fahren“, entstehen.
Konsequenz wäre dann ein Bußgeld in Höhe von 500,00 Euro (sollte für Radfahrer gegebenenfalls auch herabgesetzt werden) und ein Fahrverbot von einem Monat.

2. Ermöglichung von Fahrverboten nach § 44 StGB (also Fahrverbote durch den Strafrichter).

3. Verschärfung der Verwaltungspraxis bei den Fahrerlaubnisstellen. Diese dürfen dem betrunkenen Fahrradfahrer bisher als Einzige an den Führerschein. Allerdings wird hier bundesweit noch relativ zurückhaltend vorgegangen.

Promillegrenzen im Straßenverkehr

Im Straßenverkehr gelten für Autofahrer folgende Promillegrenzen:

1. Für Fahranfänger gilt eine Grenze von 0,2 Promille. Das absolute Alkoholverbot für Fahranfänger ist in § 24 c des Straßenverkehrsgesetzes geregelt. Darin heißt es, dass es für Fahranfänger verboten ist, unter der Wirkung von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln zu fahren. Es steht also nicht in der Vorschrift, dass Fahranfänger nur mit 0,0 Promille fahren dürfen. Es kommt vielmehr darauf an, ob eine Wirkung des konsumierten Alkohols anzunehmen ist. Da nach derzeitiger Ansicht in der Rechtsprechung eine Wirkung von Alkohol erst ab 0,2 Promille eintritt, gilt die 0,2 Promillegrenze für Fahranfänger.

2. Ab 0,3 Promille kann der Straftatbestand der Trunkenheit im Straßenverkehr (§ 316 Strafgesetzbuch) erfüllt sein. Das ist aber nur der Fall, wenn alkoholbedingte Ausfallerscheinungen (z.B. Fahrfehler wie etwa Schlangenlinien) festgestellt werden können. Man spricht dann von relativer Fahruntauglichkeit.

3. Ab 0,5 Promille ist auch für Nicht – Fahranfänger die Grenze zur Ordnungswidrigkeit überschritten. Wer mit 0,5 Promille ein Kraftfahrzeug führt, begeht eine Ordnungswidrigkeit nach § 24 a des Straßenverkehrsgesetzes. Es ist nicht erforderlich, dass auch alkoholbedingte Ausfallerscheinungen vorgelegen haben. Liegen Anhaltspunkte für alkoholbedingte Ausfallerscheinungen vor, wird zunächst ein Strafverfahren eingeleitet werden.

4. Die Grenze zur sogenannten absoluten Fahruntauglichkeit liegt bei 1,1 Promille. Ab diesem Blutalkoholwert ist eine Strafbarkeit wegen Trunkenheit im Straßenverkehr (§ 316 StGB) gegeben, ohne dass es auf Ausfallerscheinungen ankommt.

5. Eine weitere wichtige Grenze ist die 1,6 Promillegrenze. Bei diesem Blutalkoholwert liegt die Grenze zur absoluten Fahruntauglichkeit eines Fahrradfahrers. Auch für den Autofahrer ist diese Grenze von Bedeutung. Wird die 1,6 Promillegrenze erreicht, muss die Fahrerlaubnisbehörde eine medizinisch – psychologische Untersuchung (MPU) anordnen. Sie hat kein eigenes Ermessen, ob sie die MPU anordnet oder nicht.

Hier finden Sie übrigens einen Promillerechner, der den ungefähren Blutalkoholwert nach dem Konsum verschiedener Getränke für Sie errechnet:

Promillerechner (interner Link).

OLG Zweibrücken zum Beweisverwertungsverbot bei Blutentnahme

So, mein "Haus und Hof" – OLG, das OLG Zweibrücken hat jetzt auch sein "Machtwort" zum Beweisverwertungsverbot wegen Verstoßes gegen den Richtervorbehalt bei Anordnung einer Blutentnahme durch Polizeibeamte gesprochen. Der Kollege Burhoff hat die Entscheidung des OLG Zweibrücken vom 16.08.2010 hier ins Netz gestellt.

Der Entscheidung lag (stark vereinfacht) folgender Sachverhalt zugrunde: Der Betroffene des Bußgeldverfahrens gab auf Befragen an, mit dem Auto gefahren zu sein. Es ergab sich der Verdacht des Drogenkonsums. Ihm wurde nachmittags um 15:10 Uhr auf Anordnung der ermittelnden Polizeibeamten eine Blutprobe entnommen. Der zuständige Amtsrichter wurde nicht informiert, auch nicht die zuständige Staatsanwaltschaft. Ergebnis: Feststellung von Drogen im Blut.

Das OLG Zweibrücken hat sich in diesem Fall gegen ein Beweisverwertungsverbot ausgesprochen und die Verurteilung (unter Abänderung der REchtsfolgen) aufrechterhalten. Im Wesentlichen führt es aus, die Rechtslage sei für die ermittelnden Beamten unklar gewesen, weshalb kein schwerwiegender Verstoß gegen den Richtervorbehalt vorliege. Hierzu ist anzumerken, dass bei der sehr umstrittenen Frage, wann von einem Beweisverwertungsverbot auszugehen ist, in der obergerichtlichen Rechtsprechung jedenfalls insoweit Einigkeit herrscht, dass bei willkürlichen Verstößen von Polizeibeamten gegen den Richtervorbehalt von einer Unverwertbarkeit der Blutprobe auszugehen ist. Interessant ist insoweit, dass das OLG ausführt, eine solche Sache habe ihm noch nie zur Entscheidung vorgelgen. Da den ermittelnden Polizeibeamten deswegen auch keine obergerichtliche Rechtsprechung des OLG Zweibrücken hierzu bekannt sein konnte, sei kein Vorwurf eines schwerwiegenden Verstoßes zu erkennen. Einfach ausgedrückt: Eine Argumentation, die mir nicht nachvollziehbar ist.

Denkwürdig wird es dann aber, wenn das OLG weiter ausführt, künftig sei auch eine entgegengestzte Entscheidung (also für ein Verwertungsverbot) möglich.

Das genaue Gegenteil ist nämlich der Fall. Das OLG Zweibrücken hat mit dieser Entscheidung dafür gesorgt, dass sich künftig jeder Polizeibeamte, der mutwillig den Amtsrichter nicht anruft, auch auf die Entscheidung des OLG vom 16.08.2010 berufen wird.

Meine Meinung: Mit dieser Entscheidung hat sich das OLG Zweibrücken das eigene Hintertürchen vor der Nase zugeschlagen … Der Hinweis, es könne in Zukunft auch anders entschieden werden, geht voll ins Leere. Das OLG hat das eindeutig rechtswidrige Verhalten der Polizeibeamten abgesegnet, indem es diesen zu Gute hielt, sie könnten die Rechtslage nicht überblicken. Wie wird das denn wohl künftig aussehen, wo nun eine Entscheidung des OLG Zweibrücken contra Beweisverwertungsverbot vorliegt. Darauf wird sich doch wohl jeder Polizeibeamte berufen (dürfen). Eine bedauerliche Entscheidung!

Alkohol am (Fahrrad-)Steuer

Nach einer neuen Studie des Auto Club Europa (ACE) sind bei jedem achten Fahrradunfall Alkohol und / oder Drogen im Spiel. Im Vergleich dazu ist nur bei jedem 22. Autounfall Alkohol- oder Drogeneinnahme zu verzeichnen. Das gibt Anlass einmal kurz darzustellen, wie es sich mit den Rechtsfolgen bei Trunkenheitsfahrten von Fahrradfahrern verhält:

I. Straftaten

1. Strafbarkeit wegen Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB): § 316 StGB knüpft an das Führen eines Fahrzeuges im Straßenverkehr an. Auch das Fahrrad ist ein Fahrzeug, weshalb sich derjenige, der im Zustand alkoholoder drogenbedingter Fahrunfähigkeit im Verkehr Fahrrad fährt, nach § 316 StGB strafbar macht. Absolute Fahruntauglichkeit liegt ab einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille vor. Liegt der Wert darunter, müssen verkehrsbezogene Ausfallerscheinungen (Schlangenlinien o.Ä.) hinzutreten.

2. Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315 c StGB): Auch § 315 c StGB knüpft an den Begriff des Fahrzeuges an, weshalb auch eine Strafbarkeit wegen Gefährdung des Straßenverkehrs in Betracht kommt.

3. Kein Entzug der Fahrerlaubnis durch das Gericht (§ 69 StGB): Wird ein Autofahrer wegen der vorgenannten Verkehrsdelikte bestraft, so wird ihm das zuständige Gericht nach § 69 StGB in der Regel die Fahrerlaubnis entziehen. Die Fahrerlaubnis erlischt dann und muss nach Ablauf einer Sperrfrist bei der Fahrerlaubnisbehörde neu beantragt werden, ggf. unter Nachweis einer MPU. In § 69 StGB ist aber vom Führen von Kraftfahrzeugen die Rede. Egal wie muskulös die Beine sind, das Fahrrad ist kein Kraftfahrzeug, deshalb kann die Fahrerlaubnis nicht vom Strafgericht entzogen werden.

4. Kein Fahrverbot durch das Gericht (§ 44 StGB): Mit Fahrverbot ist die befristete Untersagung des Führens eines Kraftfahrzeugs gemeint. Die Fahrerlaubnis erlischt also nicht wie beim Entzug der Fahrerlaubnis, es wird dem Verurteilten lediglich für einen bestimmten Zeitraum (1 – 3 Monate) verboten, ein Kraftfahrzeug im Verkehr zu führen. Der Führerschein ist abzugeben und wird nach Ablauf der Frist wieder ausgehändigt. Auch § 44 StGB gilt nur für das Führen von Kraftfahrzeugen, also nicht für Fahrräder.

II. Ordnungswidrigkeiten

1. Keine Verfolgung wegen einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 24 a des Straßenverkehrsgesetzes (Trunkenheits- oder Drogenfahrt). Auch diese Vorschrift bezieht sich nur auf Kraftfahrzeuge.

2. Vorsicht: Nicht alle Vorschriften des Verkehrsordnungswidrigkeitenrechts knüpfen wie § 24 a StVG an das Führen eines Kraftfahrzeugs an. Wer also z.B. auf der falschen Fahrbahn fährt, durch falsches Fahrverhalten einen Unfall verursacht o.Ä. muss, wenn und solange die Tat nicht schon als Straftat verfolgt wird, mit einem Bußgeld rechnen.

3. Kein Fahrverbot durch den Bußgeldrichter (§ 25 StVG): Alleinige Grundlage für die Verhängung eines Fahrverbotes im Bußgeldverfahren ist § 25 StVG. Diese Vorschrift bezieht sich nur auf Kraftfahrzeuge. Auch der Bußgeldrichter kann demnach kein Fahrverbot verhängen. Eine Entziehung der Fahrerlaubnis wie im Strafverfahren kommt schon nicht in Betracht, weil es eine solche im Bußgeldverfahren nicht gibt.

III. Fahrerlaubnisrecht

Wer nach Lektüre der obigen Ausführungen schon frohlockt hat, weil ihm weder der Bußgeldrichter noch das Strafgericht an den Lappen kann, wird im Folgenden bitter enttäuscht werden.

Die Fahrerlaubnisbehörde (FEB) darf so ziemlich alles von der Anordnung einer MPU bis zur Entziehung der Fahrerlaubnis. Was die FEB im Einzelfall darf oder sogar muss, sprengt den Rahmen dieses Beitrages. Regelungsgrundlagen sind jedenfalls § 25 StVG, die Fahrerlaubnisverordnung sowie die Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung. Tendenziell lässt sich sagen, dass ab einem Blutalkoholwert von 1,6 % Promille fest damit zu rechnen ist, dass sich die Fahrerlaubnisbehörde einschaltet. Die Staatsanwaltschaft ist übrigens ebenso wie die Bußgeldbehörde verpflichtet, der FEB Mitteilung zu machen, wenn der Verdacht eines fahrerlaubnisrelevanten Verstoßes vorliegt.

Fazit:

1. Nur wer Kenntnis von sämtlichen Regelungsmaterien, insbesondere vom Fahrerlaubnisrecht, hat, kann eine sachgerechte Verteidigung bieten.

2. Wer säuft, sollte mit dem Taxi fahren.

Sachsen – Anhalt und Mecklenburg – Vorpommern fordern die 0,0 Promillegrenze

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sieht das anders; Zitat: "Es kann nicht sein, dass wir jetzt jedem braven Bürger ein Glas Bier oder ein Glas Wein vergällen." Dass diese Stellungnahme aus Bayern kommt, verwundert wenig, kann man jenseits des Weißwurschtäquators nach der Beckstein'schen Formel doch ohnehin nach dem Genuss von zwei Maß Bier noch Autofahren.

Meine Meinung: Aus rein verkehrssicherheitstechnischer Sicht gibt es wohl nur eine Meinung, die man hier vertreten kann: Her mit der Null-Promille-Grenze. Das hat schließlich auch bei den Führerscheinanfängern und bis zu 21 – jährigen funktioniert. Aus Gründen der Verkehrssicherheit sollten wir dann aber auch alle künftig das Auto in der Garage stehen lassen und zu Fuß mit Sturzhelm und Protektoren bekleidet den nächsten ICE nehmen. Bei 50 Grad Celsius im Abteil und einer Schweißpfütze bodensee'schen Ausmaßes unterm Helm schmecken die zwei Maß dann auch gleich viel besser. Ich schließe mich Herrn Herrmann, nicht aber Herrn Beckstein, an. Ich möchte mir mein Bierchen nicht vergällen lassen, denn als vernünftiger Autofahrer bleibt es bei mir auch bei einem Bierchen. So weit muss die Allgemeine Handlungsfreiheit des Einzelnen gehen!

0,0 Promille – Nein Danke!