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Schlagwort: Fahrradunfall

women riding bikes

Der berührungslose Fahrradunfall

Das OLG Hamm hat sich in einer aktuellen Entscheidung zu einem berührungslosen Unfall zwischen einem Fahrrad und einem PK W geäußert. Der sogenannte berührungslose Unfall ist auch zwischen PKWs in der Vergangenheit Gegenstand zahlreicher Entscheidungen gewesen.

Grundsätzlich ist mit einem berührungslosen Unfall gemeint, dass sich die Unfallbeteiligten eben anlässlich des Unfalls nicht berühren und es dennoch zu einem Schaden kommt. Das kann ein Personenschaden oder ein Sachschaden sein. Regelmäßig tritt dieser durch ein Ausweich- oder Bremsverhalten eines Beteiligten ein.

Der BGH hat in ständiger Rechtsprechung folgenden Grundsatz zum berührungslosen Unfall aufgestellt:

„Bei einem berührungslosen Unfall ist Voraussetzung für die Zurechnung des Betriebs eines Kraftfahrzeugs zu einem schädigenden Ereignis, dass es über seine bloße Anwesenheit an der Unfallstelle hinaus durch seine Fahrweise oder sonstige Verkehrsbeeinflussung zu der Entstehung des Schadens beigetragen hat.“ (BGH VI ZR 533/15, BGH VI ZR 263/09)

Das OLG Hamm schließt sich dem an und konkretisiert in seinem Urteil diesen Grundsatz für die nachfolgende Konstellation:

Die geschädigte Klägerin fuhr mit ihrem Rennrad auf einem Fahrradweg, der grundsätzlich vorfahrtsberechtigt war. Der Beklagte fuhr auf einer untergeordneten Straße und näherte sich der Klägerin aus dieser Querstraße von links kommend. Die Klägerin stürzte, weil sie befürchtete, es käme zu einem Zusammenstoß mit dem Kfz des Beklagten. Konkret führte sie eine Vollbremsung aus. Sie verletzte sich dabei erheblich. Das OLG Hamm hat die Schadensersatzklage der Klägerin in zweiter Instanz vollumfänglich abgewiesen. In erster Instanz hatte die Klägerin noch teilweise Erfolg.

Die Klägerin hätte darlegen und beweisen müssen, dass der Beklagte entweder einen Verstoß gegen die Vorfahrtspflicht begangen hat oder aber, dass sich zumindest die Betriebsgefahr seines Kraftfahrzeugs verwirklicht hat. Beides ist ihr nicht gelungen.

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass das Beklagtenfahrzeug unstreitig deutlich vor dem Einmündungsbereich angehalten wurde und zwar etwa einen halben Meter vor der gestrichelten Linie zum Einmündungsbereich. Der Beklagte war also mit seinem PKW nicht in den Einmündungsbereich hineingefahren.

Ein Vorfahrtsverstoß nach § 8 II StVO lag daher nicht vor. Nach § 8 StVO muss, wer die Vorfahrt zu beachten hat, durch mäßige Geschwindigkeit erkennen lassen, dass gewartet wird. Bei unübersichtlicher Straßenstelle muss sich vorsichtig in die Einmündung hineingetastet werden.

Nachdem der Einmündungsbereich nicht erreicht wurde und die Klägerin lediglich vortrug, Sie habe das Beklagtenfahrzeug als Schatten wahrgenommen und sich wegen des lauten Motorgeräuschs erschreckt, war ein solcher Vorfahrtsverstoß ersichtlich nicht gegeben.

Anmerkung: In Fällen, in denen der PKW in den jeweiligen geschützten Bereich bereits eingefahren ist, wird – nicht immer aber häufig – ein solcher Verstoß zu bejahen sein mit der Folge des dann gegebenen Anscheinsbeweises für ein Verschulden des Wartepflichtigen.

Zu prüfen war daher noch, ob sich die Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs verwirklicht hat.

Allgemein gilt bei einem Unfall zwischen einem Kraftfahrzeug und einem sonstigen Fahrzeug (z.B. Fahrrad) Folgendes:

Im Gegensatz zu einem Fahrrad kommt einem Kraftfahrzeug (z.B. PKW) grundsätzlich eine Betriebsgefahr zu. Das bedeutet, dass wenn ein Zurechnungszusammenhang mit dem Betrieb des Kraftfahrzeugs besteht, eine verschuldensunabhängige Haftung des PKW-Fahrers und Halters greift. Es sei denn, zwischen dem Betrieb des PKWs und dem Unfall besteht kein Zurechnungszusammenhang. Dass der Zurechnungszusammenhang zwischen dem Betrieb des Kraftfahrzeugs und dem Eintritt des Unfalls besteht, hat der/die Geschädigte zu beweisen.

Tritt der Betriebsgefahr des PKWs kein Verschulden oder Verursachungsbeitrag des Fahrradfahrers entgegen, haftet der PKW-Fahrer zu 100%. Hat der Fahrradfahrer den Unfall dagegen mit verursacht, dann tritt die Betriebsgefahr des PKWs entsprechend teilweise zurück, so dass es zu einer einzelfallabhängigen Haftungsquote kommt.

Im konkreten Fall konnte die Klägerin den Zurechnungszusammenhang zwischen dem Betrieb des PKWs und dem Unfall nicht darlegen und beweisen. Denn hierzu ist nach dem oben genannten Grundsatz des BGH nicht ausreichend, dass sich der PKW am Unfallort befunden hat. Es muss hinzukommen, dass er durch seine Fahrweise oder sonstige Verkehrsbeeinflussung zum Unfall beigetragen hat.

Der Vortrag der Klägerin, sie habe einen Schatten wahrgenommen und sich vor dem Motorgeräusch erschreckt, reichte hierfür nicht aus. Das OLG Hamm stellt hierzu klar, dass auch ein Unfall infolge einer objektiv nicht erforderlichen Abwehr- oder Ausweichreaktion im Einzelfall dem Betrieb des PKWs zugerechnet werden kann. Hierfür hätte der Beklagte aber einen Anlass setzen müssen, der es aus Sicht der Klägerin erwarten ließe, dass er vor der Einmündung nicht anhalten werde. Das wäre beispielsweise zu bejahen gewesen, wenn er in den Einmündungsbereich hineingefahren wäre oder seine Fahrweise objektiv hätte erwarten lassen, dass er nicht anhalten werde. Denkbar etwa bei einem „Heranrasen“ an den Einmündungsbereich.

OLG Zweibrücken zum Autounfall mit Pedelec

Das OLG Zweibrücken hat entschieden, dass ein Pedelec nur unter besonderen Voraussetzungen ein Kraftfahrzeug ist. Im Regelfall handelt es sich nicht um ein Kraftfahrzeug. Es hat einer Pedelec-Fahrerin vollen Schadensersatz zugesprochen.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Pedelec-Fahrerin (Klägerin) war auf die vom Beklagten befahrene Straße aufgefahren. Durch einen vorausfahrenden PKW, der den Seitenabstand nicht einhielt, geriet sie ins Straucheln und wurde vom PKW des Beklagten erfasst. Der Beklagte hielt seinerseits – vermutlich – den gebotenen Seitenabstand nicht ein.

Der Fall gab dem OLG Zweibrücken noch einmal Anlass zunächst klarzustellen, dass ein Pedelec kein Kraftfahrzeug ist.  Im Gegensatz zu einem zulassungspflichtigen E-Bike gibt es bei einem Pedelec keine Betriebsgefahr, also einfach ausgedrückt: Keine verschuldensunabhängige Haftung.

Das ergibt sich allerdings bereits aus dem Gesetz. § 1 III StVG lautet:

„Keine Kraftfahrzeuge im Sinne dieses Gesetzes sind Landfahrzeuge, die durch Muskelkraft fortbewegt werden und mit einem elektromotorischen Hilfsantrieb mit einer Nenndauerleistung von höchstens 0,25 kW ausgestattet sind, dessen Unterstützung sich mit zunehmender Fahrzeuggeschwindigkeit progressiv verringert und

  1. beim Erreichen einer Geschwindigkeit von 25 km/h oder früher,

2. wenn der Fahrer im Treten einhält,

unterbrochen wird.“

Daraus folgt, dass eine Mithaftung des Pedelec-Fahrers nur bei nachgewiesenem oder unstreitigem Verschulden des Pedelec-Fahrers in Betracht kommt.

Im Gegensatz dazu haftet ein PKW-Halter verschuldensunabhängig aus § 7 I StVG. Gleiches gilt für den PKW-Fahrer nach § 18 StVG.

Im konkreten Fall stand zwar fest, dass die Klägerin mit ihrem Pedelec ins Schlingern geraten war. Einen Fahrfehler vermochte das OLG Zweibrücken allerdings nicht feststellen. Des Weiteren war nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen, dass die Klägerin trotz des Schlingerns noch äußerst rechts gefahren war.

Ob der PKW-Fahrer den Seitenabstand zur Klägerin eingehalten hatte oder nicht, ließ das OLG Zweibrücken offen, da er ohnehin zu 100 % haftete.

Im Ergebnis verblieb es daher beim vollen Schadensersatz für die Klägerin.

Fahrradsturz – BGH klärt wichtige Fragen!

Heute möchte eine sehr wichtiges und praxisrelevantes Urteil des Bundesgerichtshofes zum Thema Fahrradunfall etwas eingehender als üblich vorstellen. Es geht dabei um einen Sturz über ein Hindernis und die Frage, wie sich ein Fahrradfahrer verhalten muss und unter welchen Gesichtspunkten er bei einem solchen Sturz anspruchsmindernd mithaftet.

Das Urteil finden Sie im Volltext hier:

 

Die Zahl der Verkehrstoten hat 2019 einen absoluten Tiefstand erreicht. Es starben 3.046 Menschen im Straßenverkehr. Im März 2020 gab es so wenige Straßenunfälle wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Die Tendenz bei Autounfällen ist seit Jahren rückläufig.

Anderes gilt für die Fahrradunfälle. Während seit  2010 die Gesamtzahl der Verkehrstoten um 16,5 % gesunken ist, wobei die Zahl der getöteten Autoinsassen um 25,9 %, die der Motorradfahrer um 12,4 % und die der Fußgänger um 14,7 % zurückgingen, ist die Zahl der getöteten Fahrradfahrer um 16,8 % angestiegen.

Interessante Statistiken zu diesem Thema finden Sie Übrigens unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Verkehrsunfaelle/_inhalt.html

Der BGH hatte mit Urteil vom 23.4.2020 – III ZR 251/17 über einen Fahrradunfall zu entscheiden. Der Kläger war mit seinem Mountainbike mittels einer Kartenapp auf einen Feldweg geraten, der in eine „Sackgasse für Kraftfahrzeugfahrer“ mündete, an welcher das Verbotsschild „Verbot für Kraftfahrzeuge“ aufgestellt war. Der Feldweg war für die Nutzung durch Radfahrer zugelassen.

 En Jagdpächter hatte dort zum Schutz des Wildes eine Absperrung aufgestellt, die aus zwei Holzpfosten und zwei dazwischen eingespannten waagerecht verlaufenden Stacheldrähten bestand.

Der Kläger bemerkte den Stacheldraht noch und leitete eine Vollbremsung ein, kam dabei aber zum Sturz. Er stürzte Kopfüber über den Stacheldraht. Der Sturz endete für den Kläger tragisch. Er trug eine Querschnittslähmung davon und ist seit dem Sturz pflegebedürftig. Seine Klage richtete sich gegen die Jagdpächter und die zuständige Gemeinde.

In erster Instanz wurde die Klage vom LG Lübeck abgewiesen. Mit der Berufung hatte der Kläger teilweise Erfolg. Ihm wurden vom OLG Schleswig 25 % seiner Forderungen zugesprochen. DAs OLG Schleswig sah also die weit überwiegende Verantwortlichkeit beim Fahrradfahrer.

Gegen das Urteil des OLG Schleswig legte der Kläger Revision ein.

Der Bundesgerichtshof hat zunächst klargestellt, dass sowohl die Gemeinde als auch die Jagdpächter aus Verletzung der Verkehrssicherheitspflicht haften. Dies vor allem, weil es sich um eine ungewöhnliche und von der Straßenverkehrsbehörde nicht genehmigte Absperrung gehandelt hat.

Wie bei fast jedem Fahrradunfall stellte sich sodann die spannende Frage, ob, wie und unter welchen Gesichtspunkten ein Mitverschulden des Fahrrades zum tragen kommt.

Der BGH bezeichnet die Erwägung des OLG Schleswig, dem Kläger sei ein 75 %-iges Mitverschulden anzulasten, als rechtsfehlerhaft. Dabei hat es zum Thema Mitverschulden eines Fahrradfahrers zu einigen grundsätzlichen Fragen Stellung genommen wie folgt:

  1. Zum Sichtfahrgebot

Das Sichtfahrgebot gilt auch für Fahrradfahrer. Es bedeutet, dass er nur so schnell fahren darf, dass er vor einem Hindernis, dass sich auf der für ihn übersehbaren Strecke befindet noch rechtzeitig anhalten kann. Das Sichtfahrgebot bezieht sich dabei auf die Fahrbahn und nicht auf neben der Fahrbahn befindliche Hindernisse.  Der Fahrradfahrer muss also die seitliche Umgebung der Fahrbahn nicht voll überblicken können. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung eines Verstoßes gegen das Sichtfahrgebot  ist der Augenblick, in dem ein Hindernis für den Fahrradfahrer sichtbar wird.  Das Sichtfahrgebot wird durch den Vertrauensgrundsatz beschränkt. Der Fahrradfahrer darf darauf vertrauen, dass er nicht auf Hindernisse stößt, mit denen er unter keinem vertretbaren Gesichtspunkt rechnen muss. Das gilt vor allem für Hindernisse, die außergewöhnlich oder schwer erkennbar sind und auf die nichts hindeutet.

Zum konkreten Fall führt der BGH aus:

Dabei ist es auch unerheblich, ob die Stacheldrähte, wie die Beklagten behauptet haben, bereits aus einer Entfernung von mindestens zehn bis 15 m beziehungsweise aus weitaus größerer Entfernung als zehn oder elf Metern sichtbar waren. Selbst wenn dieser Vortrag der Beklagten zutreffen sollte, so handelte es sich doch um ein geradezu verkehrsfeindliches Hindernis, mit dem der Kläger nicht rechnen musste, so dass es ihm nicht zum Vorwurf  gereichen kann, wenn er dieses nicht sofort ab dem Zeitpunkt, zu dem es objektiv sichtbar wurde, tatsächlich wahrnahm. (BGH, Urt. v. 23.4.2020 – III ZR 251/17)

  1. Zum fehlerhaften Fahrverhalten

Regelmäßig werden von Gerichten, so auch der Vorinstanz im entschiedenen Fall, Fahrfehler zur Begründung eines Mitverschuldens des Fahrradfahrers ins Feld geführt, vor allem fehlerhaftes oder verspätetes Bremsen. Hierzu hat der  BGH schon in mehreren Urteilen klargestellt hat, dass eine Fehlreaktion, die auf einem Erschrecken beruht, nicht zur Begründung eines Mitverschuldens führen kann.

Die falsche Reaktion eines Verkehrsteilnehmers stellt dann keinen vorwerfbaren Obliegenheitsverstoß dar, wenn dieser in einer ohne sein Verschulden eingetretenen, für ihn  nicht vorhersehbaren Gefahrenlage keine Zeit zu ruhiger Überlegung hat und deshalb nicht das Richtige und Sachgerechte unternimmt, um den Unfall zu verhüten, sondern aus  verständlichem Erschrecken objektiv falsch reagiert (vgl. BGH, Urteile vom 4. November 2008 aaO Rn. 10 und vom 5. Oktober 2010 – VI ZR 286/09, NJW 2011, 292 Rn. 13).

  1. Zum Thema „Klickpedal“

Bis hierhin lag der Kläger nach dem Urteil des BGH also bei 100 % zu seinen Gunsten. Das dicke Ende kommt zum Schluss:

Als Umstand, der ein anspruchsminderndes Mitverschulden des Klägers gemäß § 254 Abs. 1 BGB begründen könnte, bleibt lediglich, dass er auf dem unbefestigten und unebenen Feldweg statt der „normalen“ Fahrradpedale die Klickpedale nutzte. … Insoweit merkt der Senat für das weitere Verfahren an, dass der auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen insoweit allein in Betracht zu ziehende Umstand – Verwendung von Klickpedalen auf einem „holprigen“ Feldweg – allenfalls zu einer Anspruchsminderung von einem Viertel führen kann. (BGH a. a. O.)

Fahrrad/Pedelec/E-Scooter/Segway – Alkohol erlaubt?

Auch an Fasching gelten bekanntermaßen die Alkoholgrenzen. Ich erinnere daher heute aus Anlass des Rosenmontags, der auch im schönsten  Bundesland der Welt, also im Saarland, gebührend gefeiert wird, an die geltenden Alkoholgrenzen. Unten stehend finden Sie mein Video, in dem die Alkoholgrenzen übersichtlich erklärt werden. Außerdem habe ich einige Links zum Thema rausgesucht.

Die meisten, wenn auch leider nicht alle, Jecken sind schlau und verantwortungsvoll genug, die Umzüge zu Fuß oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu besuchen, wenn sie denn Alkohol trinken möchten.

Da einige sicher auch zu nicht motorisierten Fahrzeugen greifen werden, gegebenenfalls auch in der irrigen Annahme, das sei erlaubt, folgende Kurzinformation zum Thema Alkohol auf dem Fahrrad (E-Scooter, Segway, Pedelec etc.):

Hier noch einige ausgesuchte Links zu diesem Thema:

 

Nochmal zum Fahrradfahrverbot (VG Gelsenkirchen)

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat in seiner Entscheidung vom 6. Juni 2018 festgestellt, dass das Untersagen des Führens von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen (zum Beispiel Fahrrädern) im Straßenverkehr durch die Fahrerlaubnisbehörde rechtmäßig sein kann.

Dem Antragsteller war wegen Führens eines Fahrzeugs unter Einfluss von Cannabis, Alkohol und Methadon von der Fahrerlaubnisbehörde untersagt worden, fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge zu führen.

Der Antragsteller wendete sich in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen die sofortige Wirksamkeit dieser Maßnahme an das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen.

Dieses stellte fest:

Die Untersagung zum Führen erlaubnisfreier Fahrzeuge findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV. Nach dieser Vorschrift hat die Fahrerlaubnisbehörde das Führen von Fahrzeugen zu untersagen, zu beschränken oder die erforderlichen Auflagen anzuordnen, wenn sich jemand als hierzu ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet erweist. Die Ungeeignetheit zum Führen von Fahrzeugen bestimmt sich nach den Vorschriften, die auch für das Führen fahrerlaubnispflichtiger Kraftfahrzeuge gelten, nämlich nach den §§ 3 Abs. 1, 2 Abs. 4 StVG und §§ 46 Abs. 1, 11 Abs. 1 FeV. Dies ist sachgerecht, weil es beim Führen erlaubnisfreier ebenso wie beim Führen erlaubnispflichtiger Fahrzeuge um die Teilnahme am Straßenverkehr und die dafür erforderliche Umsicht sowie Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit geht. Das Gefährdungspotential, welches hierbei ‑ etwa durch unerwartete Reaktionen oder unkontrolliertes Fahrverhalten ‑ von dem ungeeigneten Fahrer eines fahrerlaubnisfreien Fahrzeugs ausgehen kann, rechtfertigt es, an die Fahreignung diesen Maßstab anzulegen.

Vor diesem Hintergrund ist die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge auch verhältnismäßig. Es trifft zwar zu, dass die Verkehrsteilnahme mit einem motorisierten Fahrzeug wegen der möglichen höheren Geschwindigkeiten ein größeres Gefährdungsrisiko als mit einem Fahrrad in sich birgt. Jedoch geht auch von einem fahrungeeigneten Führer fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge ‑ etwa durch der Verkehrssituation nicht angepasste Reaktionen sowie ein unkontrolliertes und die Verkehrsregeln missachtendes Fahrverhalten ‑ ein erhebliches Gefährdungspotential für diesen selbst sowie für andere Verkehrsteilnehmer aus. (VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 6.6.2018 – 7 L 2934/17)

Über das Problem Fahrradfahrverbot habe ich schon einige Male berichtet:

https://rechtsanwalt-weiser.de/raweiser/besser-mal-einen-zug-nehmen-fahrradfahrverbot-wegen-trunkenheitsfahrt/

OLG Frankfurt: Maximal 4 Wochen Regulierungsfrist für Kfz-Haftpflichtversicherer!

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat entschieden:

1. Der Geschädigte kann nach Vorlage des Anspruchsschreibens erwarten, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung kurzfristig mitteilt, ob, inwieweit und wie lange eine Prüfung stattfindet.
2. Die Dauer der Prüffrist ist von der Lage des Einzelfalls abhängig, beträgt in der Regel aber maximal vier Wochen. (Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschl. v. 06.02.2018 – 22 W 2/18)

Die Entscheidung ist hier veröffentlicht:

OLG Frankfurt, Beschl. v. 06.02.2018 – 22 W 2/18

Kürzlich hat das Landgericht Saarbrücken noch einmal klargestellt, dass die Regulierungsfrist bei einem durchschnittlichen Verkehrsunfall vier bis sechs Wochen beträgt. Es kann nicht oft genug gesagt werden, dass die Regulierungsfrist erst beginnt, wenn der Haftpflichtversicherer ordnungsgemäß vom Geschädigten in die Lage versetzt wird, dessen Ansprüche nach Grund und Höhe zu prüfen.

Fristbeginn ist also nicht der Unfall selbst, wie viele Geschädigte, die sich an mich wenden, zu meinen scheinen. Ich verweise zu den Anforderungen an eine ordnungsgemäße „Inverzugsetzung“ noch einmal auf die Ausführungen des Landgerichts Saarbrücken, die ich in diesem Artikel bereits zusammengefasst habe:

OLG Saarbrücken zur Unfallregulierung: Wann gerät der gegnerische Haftpflichtversicherer in Verzug?

Dass der Geschädigte Herr des Regulierungsgeschehens ist, bedeutet eben auch, dass er die Regulierung betreiben muss. Dass das gar nicht so einfach ist, hat das OLG Frankfurt übrigens prägnant mit Urteil vom 2.12.2014 – 22 U 171/13 festgestellt:

Auch bei einfachen Verkehrsunfallsachen ist die Einschaltung eines Rechtsanwalts von vornherein als erforderlich anzusehen. Gerade die immer unüberschaubarere Entwicklung der Schadenspositionen und der Rechtsprechung zu den Mietwagenkosten, Stundenverrechnungssätzen u.ä. lässt es geradezu als fahrlässig erscheinen, einen Schaden ohne Einschaltung eines Rechtsanwalts abzuwickeln. (Hervorh. d. Unterz.)

Wenn Sie unverschuldet einen Unfall erleiden, werden Ihre Rechtsanwaltskosten vom gegnerischen Haftpflichtversicherer übernommen. Ich rate Ihnen daher:

Eiern Sie nicht rum! Rufen Sie mich nach einem Unfall sofort kostenlos und unverbindlich an!

Das ist besser, als monatelang auf die Regulierung zu warten, nur um dann festzustellen, dass der Haftpflichtversicherer von Ihnen nicht ordnungsgemäß in Verzug gesetzt wurde.

Oben ohne! Bundesgerichtshof: Keine Helmpflicht für Fahrradfahrer

Der Bundesgerichtshof hat es mit Urteil vom 17. Juni 2014, VI ZR 281/13, bestätigt: Das Unterlassen des Helmtragens führt bei einem Freizeitfahrer nicht zu einer Mithaftung beim Verkehrsunfall.

Zu beachten ist allerdings, dass der Bundesgerichtshof über einen Unfall, der sich im Jahr 2011 ereignet hat, entschieden hat. Nach dem Bundesgerichtshof bestand im Jahr 2011 kein allgemeines Bewusstsein der Verkehrsteilnehmer, beim Fahrradfahren einen Helm zu tragen.

Fraglich ist daher, ob das Urteil von den Instanzgerichten auch auf Fälle, die sich nach dem Jahr 2011 ereignet haben, angewendet werden wird. Inzwischen dürfte das Helmtragen eine breite Akzeptanz und somit Eingang in das Verkehrsbewusstsein der Fahrradfahrer gefunden haben.

Ähnlich hatte bereits das OLG Celle entschieden: https://rechtsanwalt-weiser.de/raweiser/ohne-olg-celle-meint-keine-helmpflicht-fuer-fahrradfahrer/

 

Oben ohne?! OLG Celle: „Keine Helmpflicht für Fahrradfahrer“!

Die grundsätzliche Frage ist ganz einfach: Muss sich der Geschädigte allein deshalb ein Mitverschulden zurechnen lassen, weil er als Fahrradfahrer bei einem Verkehrsunfall keinen Helm getragen hat?

Entgegen der Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig (DAR 13, 470) hat sich das Oberlandesgericht Celle (VA 14, 59) dafür ausgesprochen, dass einen Fahrradfahrer kein Mitverschulden wegen Nichttragens eines Fahrradhelms bei einem Verkehrsunfall trifft.

Ausnahmefälle kommen nach der Ansicht des OLG Celle nur in Betracht, wenn der Fahrradfahrer sich bewusst besonderen Risiken oder Gefahren aussetzt.

Das entspricht der wohl herrschenden Meinung. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs über die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig steht noch aus.