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Archiv: 24. August 2010

OLG Zweibrücken zum Beweisverwertungsverbot bei Blutentnahme

So, mein "Haus und Hof" – OLG, das OLG Zweibrücken hat jetzt auch sein "Machtwort" zum Beweisverwertungsverbot wegen Verstoßes gegen den Richtervorbehalt bei Anordnung einer Blutentnahme durch Polizeibeamte gesprochen. Der Kollege Burhoff hat die Entscheidung des OLG Zweibrücken vom 16.08.2010 hier ins Netz gestellt.

Der Entscheidung lag (stark vereinfacht) folgender Sachverhalt zugrunde: Der Betroffene des Bußgeldverfahrens gab auf Befragen an, mit dem Auto gefahren zu sein. Es ergab sich der Verdacht des Drogenkonsums. Ihm wurde nachmittags um 15:10 Uhr auf Anordnung der ermittelnden Polizeibeamten eine Blutprobe entnommen. Der zuständige Amtsrichter wurde nicht informiert, auch nicht die zuständige Staatsanwaltschaft. Ergebnis: Feststellung von Drogen im Blut.

Das OLG Zweibrücken hat sich in diesem Fall gegen ein Beweisverwertungsverbot ausgesprochen und die Verurteilung (unter Abänderung der REchtsfolgen) aufrechterhalten. Im Wesentlichen führt es aus, die Rechtslage sei für die ermittelnden Beamten unklar gewesen, weshalb kein schwerwiegender Verstoß gegen den Richtervorbehalt vorliege. Hierzu ist anzumerken, dass bei der sehr umstrittenen Frage, wann von einem Beweisverwertungsverbot auszugehen ist, in der obergerichtlichen Rechtsprechung jedenfalls insoweit Einigkeit herrscht, dass bei willkürlichen Verstößen von Polizeibeamten gegen den Richtervorbehalt von einer Unverwertbarkeit der Blutprobe auszugehen ist. Interessant ist insoweit, dass das OLG ausführt, eine solche Sache habe ihm noch nie zur Entscheidung vorgelgen. Da den ermittelnden Polizeibeamten deswegen auch keine obergerichtliche Rechtsprechung des OLG Zweibrücken hierzu bekannt sein konnte, sei kein Vorwurf eines schwerwiegenden Verstoßes zu erkennen. Einfach ausgedrückt: Eine Argumentation, die mir nicht nachvollziehbar ist.

Denkwürdig wird es dann aber, wenn das OLG weiter ausführt, künftig sei auch eine entgegengestzte Entscheidung (also für ein Verwertungsverbot) möglich.

Das genaue Gegenteil ist nämlich der Fall. Das OLG Zweibrücken hat mit dieser Entscheidung dafür gesorgt, dass sich künftig jeder Polizeibeamte, der mutwillig den Amtsrichter nicht anruft, auch auf die Entscheidung des OLG vom 16.08.2010 berufen wird.

Meine Meinung: Mit dieser Entscheidung hat sich das OLG Zweibrücken das eigene Hintertürchen vor der Nase zugeschlagen … Der Hinweis, es könne in Zukunft auch anders entschieden werden, geht voll ins Leere. Das OLG hat das eindeutig rechtswidrige Verhalten der Polizeibeamten abgesegnet, indem es diesen zu Gute hielt, sie könnten die Rechtslage nicht überblicken. Wie wird das denn wohl künftig aussehen, wo nun eine Entscheidung des OLG Zweibrücken contra Beweisverwertungsverbot vorliegt. Darauf wird sich doch wohl jeder Polizeibeamte berufen (dürfen). Eine bedauerliche Entscheidung!

Informationen zum Handyverbot

 Das sogenannte Handyverbot ist in § 23 Absatz 1a der Straßenverkehrsordnung (StVO) geregelt. Diese Vorschrift lautet:

"Dem Fahrzeugführer ist die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons untersagt, wenn er hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnimmt oder hält. Dies gilt nicht, wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgeschaltet ist."

Verstöße gegen diese Vorschrift werden mit einem Bußgeld von mindestens 40,00 € geahndet. Die eigentliche Problematik liegt aber bekanntermaßen darin, dass ab einem Bußgeld von 40,00 € automatisch ein Punkt in Flensburg eingetragen wird. So hat sich ein Kollege im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung kürzlich wie folgt geäußert: "Der 18. Punkt ist immer ein Handyverstoß."

Soweit, so schlecht. Das Handyverbot hat in der Vergangenheit wieder und wieder Anlass zu obergerichtlichen Entscheidungen gegeben, die jedoch eigentlich allesamt vorhersehbar waren, jedenfalls, wenn man sich an obigem Wortlaut der Vorschrift orientiert und dabei berücksichtigt, dass im Strafrecht das sogenannte Analogieverbot gilt. Analogieverbot bedeutet, dass der Wortlaut einer Strafbarkeitsnorm stets eng auszulegen ist. Es dürfen keine ähnlich gelagerten Sachverhalte unter eine Strafbarkeitsnorm gefasst werden, denn es soll beim Betroffenen größtmögliche Klarheit herrschen, ob er sich mit seinem Tun strafbar macht oder nicht.

Von diesem Grundgedanken ausgehend, stellen sich die nachfolgenden Entscheidungen als konsequent und verständlich dar:

1. Die Vorschrift gilt ausschließlich für Mobil- und Autotelefone im Wortsinn.

Ausdrücklich stellt dies das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg in seiner Entscheidung vom 05.11.2007 (AZ: 3 Ss OWi 744/07, 3 Ss OWi 744/2007) klar. Der Entscheidung lag eine Verurteilung des Betroffenen in der Vorinstanz wegen der Benutzung eines Headsets zugrunde. Das OLG Bamberg hat diese Entscheidung aufgebhoben und dem Betroffenen Recht gegeben. Der Leitsatz der Entscheidung ist unmissverständlich und lautet:

"Eine Verurteilung wegen unerlaubter Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons scheidet aus, wenn der Betroffene gar kein Mobiltelefon oder den Hörer eines Autotelefons sondern ein anderes Gerät aufnimmt oder hält, wobei es gleichgültig ist, ob mit der Aufnahme des anderen Geräts, etwa einer Freisprecheinrichtung, letztlich gerade die funktionsspezifische Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons bewirkt werden soll oder tatsächlich realisiert wird. Nach dem möglichen Wortsinn der Norm verbietet sich auch eine Auslegung dahin, die Freisprecheinrichtung lediglich als (unselbständigen) Funktionsteil des Mobil- oder Autotelefons aufzufassen."

Demnach gilt das Handyverbot nicht für Freisprecheinrichtungen. Allerdings ist bei der Nutzung von Freisprecheinrichtungen (z.B.: Headsets) zu beachten, dass das Handy selbst nicht aufgenommen oder in der Hand gehalten werden darf.

Das OLG Köln hat in seiner Entscheidung vom 22.10.2009 (AZ: 82 Ss-OWi 93/09) klargestellt, dass Festnetztelefone nicht unter den Handybegriff im Sinne des § 23 Absatz 1 a StVO fallen. Die Benutzung von Festnetztelefonen im Auto kann daher nicht geahndet werden. Logisch! Von § 23 Absatz 1 a StVO werden Mobil- oder Autotelefone erfasst. Festnetztelefone fallen schon begrifflich nicht unter diese Vorschrift.

Gleiches gilt für Diktiergeräte, was zu dem zugegebenermaßen sinnwidrigen Ergebnis führt, dass es keine Ordnungswidrigkeit darstellt, während der Fahrt ein Diktiergerät als solches zu benutzen, während die Nutzung eines Handys in seiner Funktion als Diktiergerät geahndet wird. Zur Nutzung der sonstigen Funktionen eines Handys gilt folgendes:

2. Die Benutzung sonstiger Funktionen eines Handys (z.B.: Navigation, SMS, Internet, Diktiergerät, etc.) wird als Ordnungswidrigkeit geahndet.

In seiner Entscheidung vom 26.06.2008 (AZ: 81 Ss-OWi 49/08) hat das OLG Köln die Nutzung eines Handys als Navigationsgerät als Verstoß gegen das Handyverbot eingeordnet. Der Betroffene hatte sein Handy aus der Brusttasche genommen und in der Hand gehalten, um es – nach seiner Einlassung – als Navigationsgerät zu benutzen. Das OLG Köln führt in seiner lesenswerten Entscheidung aus, unter den Begriff des Benutzens eines Mobiltelefons sei die Nutzung sämtlicher Funktionen des Mobiltelefons zu verstehen. An dieser Rechtsauffassung dürfte nicht zu rütteln sein, da sie dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers entspricht. Insoweit beruft sich das OLG Köln auf die Gesetzesbegründung zu § 23 Absatz 1 a StVO, in der es ausdrücklich heißt, dass unter Benutzung auch das Versenden von Kurznachrichten, Abrufen von Daten aus dem Internet u.a. zu verstehen sein soll.

Von der Einlassung, das Handy sei für andere Zwecke, als zur Telefonie eingesetzt worden, ist daher dringend abzuraten. Sie führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung als zur Ahndung wegen einer Ordnungswidrigkeit.

Als "Faustregel" gilt: Das Handy darf nur ausnahmsweise in die Hand genommen werden, um es an einen anderen Platz zu legen.

3. Keine Ahndung der Handynutzung bei stehendem Fahrzeug und ausgeschaltetem Motor.

In § 23 Absatz 1 a Satz 2 StVO (siehe oben) ist ausdrücklich geregelt, dass die Benutzung von Handys dann nicht verboten ist, wenn das Fahrzeug steht und der Motor ausgeschaltet ist. Das Fahrzeug darf also zum einen nicht in Bewegung sein, zum anderen muss der Motor ausgeschaltet sein.

Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift gilt das auch in den Fällen, in denen der Fahrzeugführer bei ausgeschaltetem Motor an einer Ampel steht. Gleiches gilt für die Handynutzung im Stau, so lange das Fahrzeug steht und der Motor abgeschaltet ist. Es kommt also – was allerdings ein weit verbreitetes Missverständnis ist – gar nicht darauf an, ob das Fahrzeug ordnungsgemäß geparkt ist.

Wir bitten um Übersendung der Strafprozessvollmacht PER POST!

Also dieses Unwesen, das seitens der Strafverfolgungsorgane bezüglich der Vorlage einer Vollmacht getrieben wird, ist ja unter Strafverteidigern allgemein bekannt. Ich verweise hier etwa auf das Vollmachtsblog. Für den jurisitschen Laien soll hierzu nur kurz gesagt werden, dass die Vorlage einer Vollmacht nur in bestimmten Ausnahmefällen, z.B. wenn der Angeklagte über den Verteidiger zum Hauptverhandlungstermin geladen werden soll, erforderlich ist. Eine generelle Verpflichtung zur Vorlage einer Vollmacht existiert dagegen nicht. So etwas kennt die StPO nicht. Dennoch bestehen manche Strafverfolgungsbehörden strikt und grundsätzlich auf die Vorlage der Vollmacht. Bei uns hier in der Vorderpfalz und im Saarland passiert mir das eher selten.

Letztens ereilte mich in einer Wirtschaftsstrafsache etwas weiter außerhalb eine E-Mail des zuständigen Sachbearbeiters der Polizei mit der Aufforderung eine schriftliche Vollmacht vorzulegen, da der Herr Staatsanwalt mir nur unter Vorlage einer schriftlichen Vollmacht per Post Akteneinsicht gewähren würde. PER POST? Wo soll das denn stehen?

Alkohol am (Fahrrad-)Steuer

Nach einer neuen Studie des Auto Club Europa (ACE) sind bei jedem achten Fahrradunfall Alkohol und / oder Drogen im Spiel. Im Vergleich dazu ist nur bei jedem 22. Autounfall Alkohol- oder Drogeneinnahme zu verzeichnen. Das gibt Anlass einmal kurz darzustellen, wie es sich mit den Rechtsfolgen bei Trunkenheitsfahrten von Fahrradfahrern verhält:

I. Straftaten

1. Strafbarkeit wegen Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB): § 316 StGB knüpft an das Führen eines Fahrzeuges im Straßenverkehr an. Auch das Fahrrad ist ein Fahrzeug, weshalb sich derjenige, der im Zustand alkoholoder drogenbedingter Fahrunfähigkeit im Verkehr Fahrrad fährt, nach § 316 StGB strafbar macht. Absolute Fahruntauglichkeit liegt ab einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille vor. Liegt der Wert darunter, müssen verkehrsbezogene Ausfallerscheinungen (Schlangenlinien o.Ä.) hinzutreten.

2. Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315 c StGB): Auch § 315 c StGB knüpft an den Begriff des Fahrzeuges an, weshalb auch eine Strafbarkeit wegen Gefährdung des Straßenverkehrs in Betracht kommt.

3. Kein Entzug der Fahrerlaubnis durch das Gericht (§ 69 StGB): Wird ein Autofahrer wegen der vorgenannten Verkehrsdelikte bestraft, so wird ihm das zuständige Gericht nach § 69 StGB in der Regel die Fahrerlaubnis entziehen. Die Fahrerlaubnis erlischt dann und muss nach Ablauf einer Sperrfrist bei der Fahrerlaubnisbehörde neu beantragt werden, ggf. unter Nachweis einer MPU. In § 69 StGB ist aber vom Führen von Kraftfahrzeugen die Rede. Egal wie muskulös die Beine sind, das Fahrrad ist kein Kraftfahrzeug, deshalb kann die Fahrerlaubnis nicht vom Strafgericht entzogen werden.

4. Kein Fahrverbot durch das Gericht (§ 44 StGB): Mit Fahrverbot ist die befristete Untersagung des Führens eines Kraftfahrzeugs gemeint. Die Fahrerlaubnis erlischt also nicht wie beim Entzug der Fahrerlaubnis, es wird dem Verurteilten lediglich für einen bestimmten Zeitraum (1 – 3 Monate) verboten, ein Kraftfahrzeug im Verkehr zu führen. Der Führerschein ist abzugeben und wird nach Ablauf der Frist wieder ausgehändigt. Auch § 44 StGB gilt nur für das Führen von Kraftfahrzeugen, also nicht für Fahrräder.

II. Ordnungswidrigkeiten

1. Keine Verfolgung wegen einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 24 a des Straßenverkehrsgesetzes (Trunkenheits- oder Drogenfahrt). Auch diese Vorschrift bezieht sich nur auf Kraftfahrzeuge.

2. Vorsicht: Nicht alle Vorschriften des Verkehrsordnungswidrigkeitenrechts knüpfen wie § 24 a StVG an das Führen eines Kraftfahrzeugs an. Wer also z.B. auf der falschen Fahrbahn fährt, durch falsches Fahrverhalten einen Unfall verursacht o.Ä. muss, wenn und solange die Tat nicht schon als Straftat verfolgt wird, mit einem Bußgeld rechnen.

3. Kein Fahrverbot durch den Bußgeldrichter (§ 25 StVG): Alleinige Grundlage für die Verhängung eines Fahrverbotes im Bußgeldverfahren ist § 25 StVG. Diese Vorschrift bezieht sich nur auf Kraftfahrzeuge. Auch der Bußgeldrichter kann demnach kein Fahrverbot verhängen. Eine Entziehung der Fahrerlaubnis wie im Strafverfahren kommt schon nicht in Betracht, weil es eine solche im Bußgeldverfahren nicht gibt.

III. Fahrerlaubnisrecht

Wer nach Lektüre der obigen Ausführungen schon frohlockt hat, weil ihm weder der Bußgeldrichter noch das Strafgericht an den Lappen kann, wird im Folgenden bitter enttäuscht werden.

Die Fahrerlaubnisbehörde (FEB) darf so ziemlich alles von der Anordnung einer MPU bis zur Entziehung der Fahrerlaubnis. Was die FEB im Einzelfall darf oder sogar muss, sprengt den Rahmen dieses Beitrages. Regelungsgrundlagen sind jedenfalls § 25 StVG, die Fahrerlaubnisverordnung sowie die Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung. Tendenziell lässt sich sagen, dass ab einem Blutalkoholwert von 1,6 % Promille fest damit zu rechnen ist, dass sich die Fahrerlaubnisbehörde einschaltet. Die Staatsanwaltschaft ist übrigens ebenso wie die Bußgeldbehörde verpflichtet, der FEB Mitteilung zu machen, wenn der Verdacht eines fahrerlaubnisrelevanten Verstoßes vorliegt.

Fazit:

1. Nur wer Kenntnis von sämtlichen Regelungsmaterien, insbesondere vom Fahrerlaubnisrecht, hat, kann eine sachgerechte Verteidigung bieten.

2. Wer säuft, sollte mit dem Taxi fahren.

ESO 3.0 – Fehlende Fotolinie reicht nicht zur Unverwertbarkeit

Der Kollege Burhoff berichtet auf seinem Blog über eine neue Entscheidung des OLG Oldenburg zu dem Messverfahren ESO 3.0. Ich hatte über die Entscheidung des AG Lübben berichtet. Während das AG Lübben von einer Unverwertbarkeit der Messung ausgeht, wenn die Fotolinie nicht auf dem Messfoto zu erkennen ist, schlägt das OLG Oldenburg einen anderen Weg ein. Es hält lediglich Zweifel an der Richtigkeit der Messung für begründet, weshalb dann ein Sachverständigengutachten zur Ordnungsgemäßheit der Messung einzuholen ist. Das nur als kleines Update.