Bundesverwaltungsgericht: MPU unter 1,6 Promille nur unter besonderen Voraussetzungen
Ist der Betroffene mit 1,6 Promille oder mehr am Steuer erwischt worden, kommt die medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) der Fahreignung zwingend. Die Fahrerlaubnisbehörde hat in einem solchen Fall kein Ermessen. Das gleiche gilt, wenn ein wiederholter Verstoß unter Alkoholeinfluss begangen wurde und zwar schon bei zwei Fahrten, auch unter 1,6 Promille.
In beiden Fallgestaltungen hat die Fahrerlaubnisbehörde eine MPU anzuordnen.
Was aber gilt bei einer einmaligen Trunkenheitsfahrt, wenn der Betroffene eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von weniger als 1,6 Promille hatte?
Auch in einem solchen Fall kann eine MPU durch die Fahrerlaubnisbehörde angeordnet werden. Es handelt sich dann aber um eine Ermessensentscheidung der Behörde. Die Behörde kann, muss aber keine MPU anordnen.
Das Bundesverwaltungsgericht hatte über eine solche Fallgestaltung zu entscheiden. Der Klägerin war im Strafverfahren wegen einer einmaligen Trunkenheitsfahrt bei einer BAK von 1,28 Promille die Fahrerlaubnis entzogen worden. Auf Ihren Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis hin ordnete die Fahrerlaubnisbehörde eine MPU an.
Die Klägerin zog dagegen vor das Verwaltungsgericht und unterlag in beiden Vorinstanzen. Sowohl das Verwaltungsgericht als auch nachfolgend der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wiesen ihre Klage ab und erklärten die Anordnung der MPU für rechtmäßig. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof schloss sich in seinem Urteil aktuellen Tendenzen in der Rechtsprechung an, wonach nach einer strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB), die auf einer Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss beruht, im Wiedererteilungsverfahren unabhängig von der Blutalkoholkonzentration die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen sei.
In einem Bundesland wie Bayern, in dem man nach der Beckstein’schen Formel nach zwei Maß Bier noch fahrtüchtig ist, ein erstaunliches Ergebnis.
Zur Erinnerung:
Nach zwei Maß Bier darf Beckstein noch fahren
Das Bundesverwaltungsgericht dagegen gab der Klage statt und verurteilte die Fahrerlaubnisbehörde dazu, der Klägerin die Fahrerlaubnis (ohne vorherige MPU) zu erteilen. Es führt aus:
Diese Auffassung ist mit § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d i.V.m. Buchst. a bis c FeV (Fahrerlaubnisverordnung) nicht vereinbar. Lag die Blutalkoholkonzentration unter 1,6 Promille, so bedarf es bei einer einmalig gebliebenen Zuwiderhandlung im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss zusätzlicher Tatsachen, die die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen. Die Entziehung der Fahrerlaubnis durch das Strafgericht genügt für sich gesehen nicht.