Das sogenannte Handyverbot ist in § 23 Absatz 1a der Straßenverkehrsordnung (StVO) geregelt. Diese Vorschrift lautet:
"Dem Fahrzeugführer ist die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons untersagt, wenn er hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnimmt oder hält. Dies gilt nicht, wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgeschaltet ist."
Verstöße gegen diese Vorschrift werden mit einem Bußgeld von mindestens 40,00 € geahndet. Die eigentliche Problematik liegt aber bekanntermaßen darin, dass ab einem Bußgeld von 40,00 € automatisch ein Punkt in Flensburg eingetragen wird. So hat sich ein Kollege im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung kürzlich wie folgt geäußert: "Der 18. Punkt ist immer ein Handyverstoß."
Soweit, so schlecht. Das Handyverbot hat in der Vergangenheit wieder und wieder Anlass zu obergerichtlichen Entscheidungen gegeben, die jedoch eigentlich allesamt vorhersehbar waren, jedenfalls, wenn man sich an obigem Wortlaut der Vorschrift orientiert und dabei berücksichtigt, dass im Strafrecht das sogenannte Analogieverbot gilt. Analogieverbot bedeutet, dass der Wortlaut einer Strafbarkeitsnorm stets eng auszulegen ist. Es dürfen keine ähnlich gelagerten Sachverhalte unter eine Strafbarkeitsnorm gefasst werden, denn es soll beim Betroffenen größtmögliche Klarheit herrschen, ob er sich mit seinem Tun strafbar macht oder nicht.
Von diesem Grundgedanken ausgehend, stellen sich die nachfolgenden Entscheidungen als konsequent und verständlich dar:
1. Die Vorschrift gilt ausschließlich für Mobil- und Autotelefone im Wortsinn.
Ausdrücklich stellt dies das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg in seiner Entscheidung vom 05.11.2007 (AZ: 3 Ss OWi 744/07, 3 Ss OWi 744/2007) klar. Der Entscheidung lag eine Verurteilung des Betroffenen in der Vorinstanz wegen der Benutzung eines Headsets zugrunde. Das OLG Bamberg hat diese Entscheidung aufgebhoben und dem Betroffenen Recht gegeben. Der Leitsatz der Entscheidung ist unmissverständlich und lautet:
"Eine Verurteilung wegen unerlaubter Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons scheidet aus, wenn der Betroffene gar kein Mobiltelefon oder den Hörer eines Autotelefons sondern ein anderes Gerät aufnimmt oder hält, wobei es gleichgültig ist, ob mit der Aufnahme des anderen Geräts, etwa einer Freisprecheinrichtung, letztlich gerade die funktionsspezifische Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons bewirkt werden soll oder tatsächlich realisiert wird. Nach dem möglichen Wortsinn der Norm verbietet sich auch eine Auslegung dahin, die Freisprecheinrichtung lediglich als (unselbständigen) Funktionsteil des Mobil- oder Autotelefons aufzufassen."
Demnach gilt das Handyverbot nicht für Freisprecheinrichtungen. Allerdings ist bei der Nutzung von Freisprecheinrichtungen (z.B.: Headsets) zu beachten, dass das Handy selbst nicht aufgenommen oder in der Hand gehalten werden darf.
Das OLG Köln hat in seiner Entscheidung vom 22.10.2009 (AZ: 82 Ss-OWi 93/09) klargestellt, dass Festnetztelefone nicht unter den Handybegriff im Sinne des § 23 Absatz 1 a StVO fallen. Die Benutzung von Festnetztelefonen im Auto kann daher nicht geahndet werden. Logisch! Von § 23 Absatz 1 a StVO werden Mobil- oder Autotelefone erfasst. Festnetztelefone fallen schon begrifflich nicht unter diese Vorschrift.
Gleiches gilt für Diktiergeräte, was zu dem zugegebenermaßen sinnwidrigen Ergebnis führt, dass es keine Ordnungswidrigkeit darstellt, während der Fahrt ein Diktiergerät als solches zu benutzen, während die Nutzung eines Handys in seiner Funktion als Diktiergerät geahndet wird. Zur Nutzung der sonstigen Funktionen eines Handys gilt folgendes:
2. Die Benutzung sonstiger Funktionen eines Handys (z.B.: Navigation, SMS, Internet, Diktiergerät, etc.) wird als Ordnungswidrigkeit geahndet.
In seiner Entscheidung vom 26.06.2008 (AZ: 81 Ss-OWi 49/08) hat das OLG Köln die Nutzung eines Handys als Navigationsgerät als Verstoß gegen das Handyverbot eingeordnet. Der Betroffene hatte sein Handy aus der Brusttasche genommen und in der Hand gehalten, um es – nach seiner Einlassung – als Navigationsgerät zu benutzen. Das OLG Köln führt in seiner lesenswerten Entscheidung aus, unter den Begriff des Benutzens eines Mobiltelefons sei die Nutzung sämtlicher Funktionen des Mobiltelefons zu verstehen. An dieser Rechtsauffassung dürfte nicht zu rütteln sein, da sie dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers entspricht. Insoweit beruft sich das OLG Köln auf die Gesetzesbegründung zu § 23 Absatz 1 a StVO, in der es ausdrücklich heißt, dass unter Benutzung auch das Versenden von Kurznachrichten, Abrufen von Daten aus dem Internet u.a. zu verstehen sein soll.
Von der Einlassung, das Handy sei für andere Zwecke, als zur Telefonie eingesetzt worden, ist daher dringend abzuraten. Sie führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung als zur Ahndung wegen einer Ordnungswidrigkeit.
Als "Faustregel" gilt: Das Handy darf nur ausnahmsweise in die Hand genommen werden, um es an einen anderen Platz zu legen.
3. Keine Ahndung der Handynutzung bei stehendem Fahrzeug und ausgeschaltetem Motor.
In § 23 Absatz 1 a Satz 2 StVO (siehe oben) ist ausdrücklich geregelt, dass die Benutzung von Handys dann nicht verboten ist, wenn das Fahrzeug steht und der Motor ausgeschaltet ist. Das Fahrzeug darf also zum einen nicht in Bewegung sein, zum anderen muss der Motor ausgeschaltet sein.
Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift gilt das auch in den Fällen, in denen der Fahrzeugführer bei ausgeschaltetem Motor an einer Ampel steht. Gleiches gilt für die Handynutzung im Stau, so lange das Fahrzeug steht und der Motor abgeschaltet ist. Es kommt also – was allerdings ein weit verbreitetes Missverständnis ist – gar nicht darauf an, ob das Fahrzeug ordnungsgemäß geparkt ist.