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Archiv: 28. Juni 2012

Unfallflucht mit Einkaufswagen

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 7. November 2011, AZ: III-1 RVs 62/11, entschieden, dass die Kollision eines Einkaufswagens mit einem parkenden Pkw auf einem Parkplatz, der öffentlich zugänglich ist, ein Unfall im Straßenverkehr im Sinne des § 142 StGB ist.

Beim Beschädigen eines fremden Pkw mit einem Einkaufswagen ist im Hinblick auf die Rechtsfolgen daher dringend zu empfehlen, sich nicht vom Unfallort zu entfernen sondern bestenfalls abzuwarten, bis der Fahrer des Pkw zum Fahrzeug zurückkehrt. Zu den Rechtsfolgen einer Unfallflucht:

Rechtsfolgen einer Unfallflucht

Zum Strafmaß bei der Unfallflucht

 

Kein Handyverstoß durch Fahrlehrer

Telefoniert ein Fahrlehrer während einer Übungsfahrt mit einem Fahrschüler, begeht er keine Ordnungswidrigkeit nach § 23 Absatz 1 a StVO, wenn er den Fahrschüler lediglich überwacht (AG Herne-Wanne Urt. v. 24.11.2011, AZ: 21 OWi-64 Js 891/11-264/11). Er ist dann nicht „Führer“ eines Kraftfahrzeugs im Sinne des Straßenverkehrsgesetzes.
Anders liegt der Fall, wenn der Fahrlehrer in den Fahrvorgang eingreift.

Um das Thema Handyverbot ranken sich zahlreiche gerichtliche Entscheidungen, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen sein dürfte, dass für einen Verstoß nach § 23 Absatz 1 a StVO ein Punkt eingetragen wird.
Beispielsweise vertritt das OLG Bamberg hier eine andere Ansicht, indem es davon ausgeht, dass auch im Überwachen des Fahrschülers ein Führen eines Kraftfahrzeugs im Sinne der Straßenverkehrsordnung zu sehen ist. Insofern kann mit dem Fahrlehrer, natürlich auch im Interesse der Allgemeinheit, nur geraten werden, trotzdem die Finger vom Handy zu lassen.
Über verschiedene weitere Problematiken und Grundsätzliches zum Handyverstoß habe ich hier einen weiteren Artikel veröffentlicht: Link.

Auf eine recht pfiffige Idee ist der Betreiber dieser Homepage gekommen: Kühlhandy.de.

Gewerbeauskunft-Zentrale.de auf Vergütung für Eintrag verklagt

Das Unternehmen GWE-Wirschaftsinformations GmbH aus Düsseldorf firmiert im Internet unter der Seite Gewerbeauskunft-Zentrale.de. Das Unternehmen schreibt Gewerbetreibende an und fordert sie auf, in einem bereits vorausgefüllten Formular noch fehlende Daten zu ergänzen oder falsche Daten zu korrigieren. Das Schreiben erweckt den Eindruck, als sei der Eintrag in dem Register, das die Firma online führt, kostenlos. Zudem erweckt das Schreiben aufgrund seiner Aufmachung bei vielen Betroffenen den Eindruck, es handele sich um ein offizielles, von einer Behörde stammendes Schreiben.

Tatsächlich werden dann bei einer Vertragslaufzeit von zwei Jahren pro Monat 39,85 € netto beansprucht. Gerechnet auf die gesamte Vertragslaufzeit handelt es sich also um einen Betrag von insgesamt 956,40 € zuzüglich Umsatzsteuer.

In den vergangenen Jahren haben sich Pressemitteilungen und Urteile bezüglich dieses Vorgehens gehäuft (siehe hier: Verbraucherzentrale Hamburg, Pressemitteilung vom 20.02.2012: „Warnung vor Gewerbeauskunft-Zentrale“).

Wie der Kollege Udo Vetter in seinem law blog berichtet, ist ein Kollege einer Düsseldorfer Anwaltskanzlei auf eine völlig neue Idee gekommen.

Er fügte eine Eintragung in das Formular ein, nach welcher er seinerseits für die Veröffentlichung der Kanzleidaten im Online-Register der Gewerbeauskunft-Zentrale.de eine Vergütung von jährlich brutto 569,06 € verlangte.

Der Verlag nahm die Kanzleidaten in sein Register auf. Nun klagt der Kollege auf die Zahlung der jährlichen Vergütung. Er sieht in der Veröffentlichung der Daten durch die GWE-Wirschaftsinformations GmbH die Annahme des von ihm unterbreiteten Vertragsangebots.

Auch eine meiner Mandantinnen wurde von einem solchen Schreiben überrumpelt. Die GWE-Wirtschaftsinformations GmbH hat den Prozess verloren. Ich wünsche dem Kollegen, Herrn Dr. Mirko Müller, der bereits angekündigt hat, im Falle des Obsiegens den Betrag für einen guten Zweck zu spenden, viel Erfolg.

BGH – Kein Protokoll bei Ruhestörungen erforderlich

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 29.02.2012 AZ: VIII ZR 155/11 die Anforderungen an die Darlegungslast bei Ruhestörungen im Mietverhältnis erleichtert.

Leitsatz der Entscheidung:

„Zur Darlegung wiederkehrender Beeinträchtigungen des Mietgebrauchs genügt eine Beschreibung, aus der sich ergibt, um welche Art von Beeinträchtigungen (Partygeräusche, Musik, Lärm durch Putzkolonnen auf dem Flur o.ä.) es geht, zu welchen Tageszeiten, über welche Zeitdauer und in welcher Frequenz diese ungefähr auftreten; der Vorlage eines „Protokolls“ bedarf es nicht.“

Besser mal einen Zug nehmen – „Fahrradfahrverbot“ wegen Trunkenheitsfahrt

Und es wird Sommer … Ästhetisch belästigende Presswürste, eingepackt in hautenge, schrittgezwängte und damit zeugungsfähigkeitsgefährdende (auch für den Beobachter) Jan Ullrich – Gedächtnis – Fahrradanzüge bevölkern die Straßen. Sport ist gesund.

Wer’s nicht sehen will, mag einfach wegschauen, während er mit seinem Auto zum Kippenautomaten gondelt. Ich halte es da lieber mit dem 97-er Udo Bölts – Tour de France – Klassiker. Ich kurbele gelegentlich im Vorbeifahren die Beifahrerscheibe runter und feuere die ohnehin schon Herzinfarktgefährdeten mit dem überraschenden, lautstarken und äußerst motivierenden Schlachtruf: „Quäl dich, du Sau!“, an. So weit so gut.

Kriminell wird’s aber, wenn Alkohol oder Drogen im Spiel sind.

Zum Thema Fahrradfahrer und Straßenverkehrsrecht habe ich bereits einige Artikel veröffentlicht, z.B.:

Wie werde ich Geisterradler

Nutzungsausfallentschädigung für beschädigtes Fahrrad

Dass die Fahrerlaubnisbehörde weitgehende Eingriffsrechte gegenüber alkoholauffälligen Fahrradfahrern hat, war ebenfalls bereits Gegenstand eines Artikels, siehe hier:

Alkohol am Fahrradsteuer

Zu diesem Thema gibt es nun zwei aktuelle Entscheidungen, die ich kurz aufzeigen möchte. Wenig überraschend ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Neustadt a. d. Weinstraße, Urteil vom 30.01.2012, AZ 3 K 954/11, Leitsatz:

„Die Fahrerlaubnisbehörde hat nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c. Fahrerlaubnisverordnung, wenn der Betroffene ein Fahrzeug im Straßenverkehr mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 %o oder mehr geführt hat – hier Radfahrer mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,44 %o -, zwingend die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens im Hinblick auf seine Fahreignung anzuordnen. Dies gilt auch bei einem sog. Ersttäter, der nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis für Kraftfahrzeuge ist.“

Begründung:

„Bei einem Fahrradfahrer, der sich mit hoher Blutalkoholkonzentration am Straßenverkehr beteiligt und damit eine Verkehrsstraftat nach § 316 StGB begeht, ist in der Regel bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründet, er werde in alkoholisiertem Zustand nicht stets die nötige Selbstkontrolle aufbringen, vom Führen eines Fahrzeugs abzusehen.“

Kurzfassung: Ab 1,6 Promille auf dem Fahrrad folgt die MPU auf dem Fuß (zwingend).

Interessanter ist da schon die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Niedersachsen, Beschluss vom 02.02.2012, AZ 12 ME 274/11, Leitsatz:

„Einem Verkehrsteilnehmer, der bislang nur fahrerlaubnispflichtige Fahrzeuge in einem eignungsausschließenden Zustand geführt hat, kann die Nutzung fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge, ggf. auch eines Fahrrads, verboten werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalls Anlass zu der begründeten Annahme besteht, er werde in überschaubarer Zukunft ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug im Zustand der Nichteignung führen und zu einer konkreten Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer werden.“

Der Antragsteller war in mehreren Fällen wegen Alkohol und / oder Drogen im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs und Leichtkraftfahrzeugs (Mofas) sowie wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden. Beim Fahrradfahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss hatte man ihn allerdings nie erwischt.

Aus den Gründen:

„Ein derartiges Verbot setzt … die Feststellung voraus, dass der Betreffende gerade auch ungeeignet zum Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen ist und die konkreten Umstände des Einzelfalls Anlass zu der begründeten Annahme geben, der Betroffene werde voraussichtlich in überschaubarer Zukunft ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug im Zustand der Nichteignung führen und so zu einer konkreten Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer werden.“

M.a.W.: Auch wer noch nie Fahrrad gefahren ist bzw. noch nie mit Alkohol oder Drogen auf dem Fahrrad erwischt wurde, ist vor einem Fahrradfahrverbot nicht sicher. Damit liegt das OVG Niedersachsen auf einer Linie mit dem OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 08.06.2011, AZ 10 B 10415/11.

Das OVG Niedersachsen hat den Antragsteller übrigens darauf verwiesen, er könne mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren. Den Einwand des Antragstellers, er könne sich das nicht leisten, hat das OVG mit der Begründung, er solle sich das Geld für Drogen sparen und für öffentliche Verkehrsmittel ausgeben (Simplifizierung durch Unterzeichner) zurückgewiesen.

Ob der Betroffene in Zukunft „einen Zug nehmen“ wird oder nicht … Man weiß es nicht … 🙂