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Archiv: 27. Juli 2015

Zahlt die Haftpflicht trotz nachgewiesener Unfallflucht?

Eigentlich nicht. Anders aber im Fall des AG Dortmund, Urt. v. 30.1.2015, 436 C 5546/13.

Die Ausgangssituation ist die übliche. Der Versicherungsnehmer verursacht einen Verkehrsunfall, in diesem Fall auf einem Parkplatz, und entfernt sich unerlaubt vom Unfallort.

Im vorliegenden Fall wird die Polizei hinzugerufen und vernimmt den Versicherungsnehmer unmittelbar nach der Tat. Sie stellt insbesondere die Verkehrstüchtigkeit fest und erstellt eine sorgfältig dokumentierte Unfallaufnahme.

Der Versicherer reguliert die Ansprüche des Geschädigten und nimmt sodann seinen Versicherungsnehmer wegen der Unfallflucht in Regress.

Der Versicherungsnehmer beruft sich auf § 28 III des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG).Dieser regelt:

„Abweichend von Absatz 2 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Satz 1 gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat.“

Diese Voraussetzungen konnte der Versicherungsnehmer, dem der sogenannte Kausalitätsgegenbeweis obliegt, nach Ansicht des Amtsgerichts führen.
Das Amtsgericht führt aus, dem Versicherungsnehmer (Beklagten) sei keine arglistige Begehung vorzuwerfen. Des Weiteren sei auch nicht ersichtlich, welche andere Unfallregulierung dem Grunde und der Höhe nach erfolgt wäre, wenn der Beklagte keine Unfallflucht begangen hätte.

Der Beklagte konnte daher nicht in Regress genommen werden.

Dashcam-Video als Beweismittel vor Gericht

Bei einer Dashcam handelt es sich um eine im Fahrzeug installierte Kamera, mit der der Fahrer den Verkehr aufzeichnen kann. Die Frage, ob eine solche Filmaufnahme vor Gericht verwertbar ist, dürfte maßgeblich bei Verkehrsunfällen im Rahmen von Schadensersatzklagen und in Strafverfahren oder Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren eine Rolle spielen.

Das AG München hat in einer Unfallsache mit Beschluss vom 13.8.2014 festgestellt, dass Aufnahmen einer Dashcam, die anlasslos und dauerhaft den Straßenverkehr überwacht, das Persönlichkeitsrecht der Gefilmten verletzt. Aus diesem Grund hielt das Amtsgericht solche Aufnahmen für nicht verwertbar, stellt aber klar, dass eine Einzelfallbetrachtung vorzunehmen ist.

Nun hatte das AG Nienburg im Rahmen eines Strafverfahrens wegen Nötigung („Drängeln“) im Straßenverkehr zu entscheiden, ob eine solche Videoaufnahme gegen den Beschuldigten verwertet werden darf.

Auch das AG Nienburg stellt klar, dass die Frage der Verwertbarkeit solcher Aufnahmen eine am Einzelfall zu entscheidende Frage ist, die nicht generell mit ja oder nein beantwortet werden kann.

Im Innenspiegel des Fahrzeugs des Geschädigten war eine Dashcam verbaut, die dieser aktiviert hatte, als er das Drängeln des Hintermannes bemerkte. Es fand also keine permanente und anlasslose Videoaufzeichnung statt.

Eine solche Aufnahme hielt das AG Nienburg für verwertbar.

Fazit: Die Frage, ob eine Dashcam-Aufnahme im Straf- oder Zivilverfahren verwertbar ist oder nicht, kann nicht pauschal beantwortet werden. Sie hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Es kristallisiert sich aber eine Tendenz dahingehend heraus, dass anlassbezogene Aufnahmen eher verwertbar sind als permanente Überwachungsaufnahmen.