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Ein Mal bekifft gefahren? Reicht nicht für Fahrerlaubnisentzug! BVerwG ändert seine Rechtsprechung

Das Bundesverwaltungsgericht hat am 11.4.2019 seine lang erwartete Entscheidung zum Thema Fahrerlaubnisentzug  und Cannabiskonsum gefällt. Es hat sich überraschender Weise für die Mindermeinung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes und damit gegen die überwiegende Meinung – hier vertreten durch das des OVG Nordrhein-Westfalen – und seine eigene bisherige Rechtsprechung entschieden.

Die Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts titelt:

Erstmaliger Verstoß eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten gegen das Gebot des Trennens von Konsum und Fahren führt regelmäßig nicht unmittelbar zur Entziehung der Fahrerlaubnis

Über das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes hatte ich hier berichtet:

https://rechtsanwalt-weiser.de/raweiser/cannabis-am-steuer-mpu-statt-sofortiger-entzug-der-fahrerlaubnis/

Stellvertretend für die bis dato geltende herrschende Meinung:
https://rechtsanwalt-weiser.de/raweiser/ovg-schleswig-holstein-es-bleibt-dabei-ein-mal-cannabis-am-steuer-fuehrerschein-weg/

Aus der Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts:

An seiner gegenteiligen Annahme im Urteil vom 23. Oktober 2014 hält das Bundesverwaltungsgericht nicht fest. Auch ein einmaliger Verstoß begründet aber Bedenken gegen die Fahreignung, denen die Fahrerlaubnisbehörde nachgehen muss. Erforderlich ist eine Prognose, ob der Betroffene auch künftig nicht zwischen einem möglicherweise die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Cannabiskonsum und dem Fahren trennen wird. Um hierfür eine ausreichend abgesicherte Beurteilungsgrundlage zu haben, bedarf es in der Regel der Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens. Die Fahrerlaubnisbehörde hat gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV nach pflichtgemäßem Ermessen über die Anordnung der Beibringung eines solchen Gutachtens und die hierbei einzuhaltende Frist zu entscheiden.

Die Pressemitteilung ist hier veröffentlicht:

https://www.bverwg.de/pm/2019/29

Damit ist der ständigen Praxis fast aller Bundesländer, bei einer erstmaligen Cannabisfahrt ohne weitere Prüfung die Fahrerlaubnis zu entziehen, ein Riegel vorgeschoben worden. In Zukunft müssen die Fahrerlaubnisbehörden dazu übergehen, zu prüfen, ob eine medizinisch-psychologische Begutachtung der Fahreignung angezeigt ist. Dies wiederum wird auch beim erstmaligen Fahren unter Cannabiseinfluss der Regelfall sein. Es heißt nun also doch: MPU statt Sofortentzug der Fahrerlaubnis.

Für den Betroffenen bringt das den ganz entscheidenden Vorteil mit sich, dass er zukünftig bis zur MPU seinen Führerschein behalten werden darf. Bislang wurde die Fahrerlaubnis nach der Praxis fast aller Bundesländer sofort entzogen. Sodann musste der Betroffene entweder im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vom Verwaltungsgericht seiner Fahrerlaubnis hinterherlaufen (im wahrsten Sinne des Wortes) oder eben einen Neuantrag stellen und das Antragsverfahren durchlaufen (wiederum im wahrsten Sinne des Wortes).

Fazit: Die Entscheidung ist ein echter „Knaller“ und eine ausdrückliche Abkehr von der bisherigen Marschroute. Zu beachten ist Folgendes: Die Entscheidung bezieht sich auf gelegentliche Konsumenten von Cannabis. Nach ständiger Rechtsprechung liegt gelegentlicher Konsum allerdings bereits beim zweiten Konsumvorgang vor. Der gelegentliche Konsum ist daher der Regelfall und wird bereits durch die Carbonsäurewerte hinreichend zu belegen sein. Des Weiteren ist die Entscheidung nur auf Ersttäter anwendbar.

Dominik Weiser

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Verkehrsrecht

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