Neues vom Bundesverfassungsgericht in Sachen Blutentnahme. Mit Beschluss vom 11.07.2010 hat das Bundesverfassungsgericht einer Verfassungsbeschwerde gegen die Anordnung einer Blutentnahme durch Polizeibeamte, ohne vorherige Einholung eines richterlichen Beschlusses stattgegeben. Das Bundesverfassungsgericht folgt damit einer sich abzeichnenden Tendenz in der obergerichtlichen Rechtsprechung. Zuletzt hatte das OLG Hamm in seinem Beschluss vom 12.03.2009 AZ: 3 Ss 31/09 ebenso entschieden.
Meine Meinung: Während die Entscheidung in der Presse als "Stärkung des Richtervorbehaltes" angesehen wird und teilweise von grundlegender Bedeutung die Rede ist, sehe ich die Sache mal wieder etwas anders. Zum einen wurde die gleichzeitig eingelegte Beschwerde gegen die Wohnungsdurchsuchung als "offensichtlich unbegründet" zurückgewiesen. Was die Wohnungsdurchsuchung abelangt, soll nämlich ohne Weiteres Gefahr im Verzug anzunehmen gewesen sein. Zum anderen führt das Bundesverfassungsgericht aus, es sei Sache der Fachgerichte, zu prüfen, ob im Einzelfall Gefahr im Verzug vorliege. Ferner sei es es Sache des Einzelfalls, ob aus dem Verstoß gegen den Richtervorbehalt auch ein Beweisverwertungsverbot resultiere. Letztlich bleibt es also dabei, dass die Verteidigung wegen Verstoßes gegen den Richtervorbehalt auf äußerst wackligen Beinen steht und nur in Ausnahmefällen erfolgversprechend erscheint.
Zur allgemeinen Situation um den Richtervorbehalt bei Blutentnahmen vertrete ich ohnehin die Auffassung, dass der Richtervorbehalt aus der Strafprozessordnung gestrichen werden sollte. Er ist eine bloße Förmelei. Man stelle sich vor, der Polizeibeamte vor Ort müsse zunächst den zuständigen Richter kontaktieren, diesem dann schriftlich den Sachverhalt erläutern und um Entscheidung bitten. Anschließend müsse er dann abwarten, bis ihm der schriftliche Beschluss des Richters – ggf. per Fax – zugeht und das, obwohl die Entscheidung des Richters gleichsam vorprogrammiert ist. Kein Richter wird vernünftigerweise, wenn ihm ein Polizeibeamter eine Trunkenheitsfahrt vorträgt, die Anordnung der Blutprobe verweigern. Die Blutprobe wird ohnehin immer und ausnahmslos angeordnet werden. Diese Meinung ist aus Verteidigersicht natürlich höchst unpopulär, aber letztlich dürfte sie, wenn man die Sache mit dem Richtervorbehalt mal "nüchtern" betrachtet, kaum von der Hand zu weisen sein.
Die gängige Praxis sieht jedenfalls so aus, dass es entgegen der Rechtslage den Regelfall darstellt, wenn die Polizeibeamten selbst die Blutprobe anordnen und ich fürchte, dass auch die aktuelle Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts daran nichts ändern wird.