Von der Verhängung eines Fahrverbotes ist dann abzusehen, wenn diese Rechtsfolge für den Betroffenen eine unzumutbare Härte darstellen würde. Im Gegenzug wird dann in der Regel das Bußgeld erhöht.
Die in der Praxis wichtigste Fallgruppe der Unzumutbarkeit eines Fahrverbotsantritts stellt die Existenzgefährdung durch einen drohenden Arbeitsplatzverlust dar.
Zu den Voraussetzungen eines solchen Absehens vom Fahrverbot hat der Betroffene umfassend und gegebenenfalls unter Beweisantritt vorzutragen. Hierfür genügt es nicht, lediglich darzustellen, dass man auf den Führerschein beruflich angewiesen ist.
Es ist zur Überzeugung des Gerichts darzulegen, dass ein konkreter Arbeitsplatzverlust in Aussicht steht, der auch durch anderweitige Kompensierungen (Urlaub, Einstellung eines Fahrers, etc.) abgefangen werden kann. Die Rechtsprechung verfährt hier in den letzten Jahren immer repressiver. Ein Absehen vom Fahrverbot kann im Saarland in geeigneten Fällen aber durchaus noch erreicht werden. Hierbei ist festzuhalten, dass jeder Fall eben ein Einzelfall und als solcher zu behandeln ist.
Die Fachzeitschrift „Verkehrsrecht aktuell“ veröffentlicht jährlich eine Übersicht über aktuelle Urteile. Nachfolgend stelle ich einige Fallgestaltungen, die in der Praxis häufig vorkommen vor:
Das Kammergericht hat entschieden, dass von einem Fahrverbot bei einem Taxifahrer bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 31 km/h innerorts nicht aus beruflichen Gründen abzusehen ist. Begründung: Wer leichtfertig ein Fahrverbot riskiert, kann sich nicht einfach auf berufliche Konsequenzen berufen, um ein Regelfahrverbot zu vermeiden.
Ebenso streng ist es bei einer alleinerziehenden Mutter, die bundesweit im Außendienst tätig ist, verfahren.
Das AG Lüdinghausen hat das gegen einen Busfahrer ergangene Fahrverbot auf die Fahrerlaubnisklassen D1, D, D 1 E und DE beschränkt, so dass er weiterhin seinem Beruf nachgehen konnte. Des Weiteren hat es bei einem Betroffenen, der sich in der arbeitsvertraglich vereinbarten Probezeit befand, vom Fahrverbot abgesehen, da die Geschäftsführerin der Abreitgeber GmbH als Zeugin vor Gericht bestätigt hat, dass im Falle des Fahrverbots das Arbeitsverhältnis beendet werden wird.
Etwas strenger geht man beim OLG Zweibrücken vor, das ja bekanntermaßen praktisch vor meiner Haustür liegt. Bei mehreren einschlägigen Voreintragungen im Fahrerlaubnisregister kommt ein Absehen vom Fahrverbot auch dann nicht in Betracht, wenn der Betroffene wegen des Fahrverbots seine selbstständige Tätigkeit aufgeben muss. Hierzu lässt sich aber generell festhalten, dass ein Absehen vom Fahrverbot immer dann, wenn Voreintragungen bestehen, schwierig wird. In geeigneten Fällen wird der Verteidiger das Verfahren verzögern, bis die Eintragungen getilgt sind.
Das OLG Bamberg hat bei einem Selbstständigen ebenfalls nicht vom Fahrverbot abgesehen, der Gewinneinbußen geltend gemacht hatte. Begründung: Zu erwartende Gewinneinbußen müssen zu einer nachgewiesenen Existenzbedrohung führen.
Fazit: Die Voraussetzungen des ausreichenden Vortrages für eine Existenzgefährdung sind hoch. Es ist Sache des Betroffenen, hierzu umfassend vorzutragen und Beweis anzubieten. Steht ein Fahrverbot in Aussicht, ist anwaltliche Hilfe immer angezeigt.