Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte über eine in der Praxis gar nicht so seltene Konstellation zu entscheiden. Der Vordermann will in ein Grundstück abbiegen, der Hintermann fährt aus Unachtsamkeit auf.
Wie allgemein bekannt sein dürfte, gilt gegen den Auffahrenden grundsätzlich der sogenannte Anscheinsbeweis. Das heißt, wer einem anderen auffährt, gilt zunächst als der Verursacher des Unfalls. Denn es wird vermutet, dass er entweder den erforderlichen Abstand nicht eingehalten hat oder unaufmerksam gefahren ist.
Nun gilt aber, was eher weniger geläufig ist, auch beim Ein- und Ausfahren in ein Grundstück der Anscheinsbeweis für ein Verschulden des Ein- und Ausfahrenden.
Man könnte auch sagen: Es treffen sich zwei Anscheinsbeweise.
Wer ist denn jetzt schuld?
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Urt. v. 23.6.2015, I-U 107/14) trifft den Auffahrenden das volle Verschulden. Gegen ihn soll weiterhin der Anscheinsbeweis gelten, der durch den Abbiegevorgang des Vordermannes nicht erschüttert wird. Anders sieht das allerdings das Landgericht Saarbrücken (Urt. v. 21.11.2014 – 13 S 138/14), das in einem ähnlich gelagerten Fall eine Haftungsquote (Mitverschulden beider Fahrer) angenommen hat.
Darauf hinzuweisen ist, dass jeder Einzelfall anders liegt und seine Besonderheiten aufweist, die einer gründlichen Auswertung bedürfen. Entsprechender Sachvortrag bereits in der Unfallmeldung, ist unerlässlich. Gleiches gilt natürlich für eine etwaige Klagebegründung oder Klageerwiderung.