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OLG München: Fahrplan zum Ersatz der Sachverständigenkosten

Das OLG München hat in einem Rechtsstreit um die Erforderlichkeit von Sachverständigenkosten einen Hinweisbeschluss für die Parteien erlassen, der sich wie ein Leitfaden für die Erstattungsfähigkeit von Sachverständigenkosten liest.

Beauftragt der Geschädigte eines Verkehrsunfalls einen Gutachter mit der Ermittlung des Fahrzeugschadens, so kommt es häufig zu Streit mit dem gegnerischen Haftpflichtversicherer um die Erstattungspflicht der Kosten dieses Gutachtens. Immer häufiger wenden die Versicherer ein, die Sachverständigenkosten seien überhöht und daher nur teilweise zu ersetzen.

Die bisher ergangenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs haben leider nicht die erhoffte Klarheit in dieser umstrittene Thematik gebracht. Das OLG München macht nun einen Schritt nach vorne und konkretisiert unter welchen Voraussetzungen Sachverständigenkosten noch angemessen und vom  Haftpflichtversicherer zu ersetzen sind.

Zunächst stellt das OLG München klar, dass seines Erachtens die Bagatellgrenze bei einem Fahrzeugschaden von 750,00 € liegt. Liegt der Fahrzeugschaden darunter, soll die Beauftragung eines Sachverständigen nicht erforderlich sein. Hierzu ist nach meinem Dafürhalten anzumerken, dass es der ständigen Rechtsprechung entspricht, dass die fehlende Höhe des Schadens (bzw. das Unterschreiten der Bagatellgrenze) für den Geschädigten, auch wenn er Laie ist, erkennbar sein muss. Die Bagatellgrenze dürfte daher in den allerwenigsten Fällen unterschritten werden.

Das OLG München stellt weiterhin fest, dass unübliche Sachverständigengebühren nicht zu ersetzen sind, der Geschädigte aber Probleme bei der Beurteilung der üblichen Sachverständigenhonorare hat. Es erlegt dem Sachverständigen, dessen Gebührenhöhe über dem üblichen Satz liegt, auf, spätestens in der Kostenrechnung auf diesen Umstand hinzuweisen. Erfolgt eine solche Aufklärung, kann sich der Geschädigte gegenüber dem Haftpflichtversicherer nicht mehr darauf berufen, er habe nicht erkennen können, dass unübliche Sätze verlangt werden. Unterbleibt die Aufklärung, kann der Geschädigte vom Haftpflichtversicherer die Erstattung der vollen  Sachverständigengebühren verlangen, muss aber im Gegenzug seinen Rückforderungsanspruch gegen den Sachverständigen an den Haftpflichtversicherer abtreten. Das ist für den juristischen Laien ganz sicher unverständlich, heißt aber einfach ausgedrückt: Der Versicherer muss zwar an den Geschädigten voll zahlen, kann dann aber wegen der Differenz gegen den Sachverständigen vorgehen. Damit verlagert das OLG den Rechtsstreit dorthin, wi er hingehört, nämlich zwischen den Haftpflichtversicherer und den Sachverständigen. Das macht auch Sinn. denn hat der Sachverständige den Geschädigten über eventuell überhöhte Kosten, die der Haftpflichtversicherer nicht tragen muss, nicht informiert, soll es auch nicht am Geschädigten hängenbleiben, wenn der Versicherer (wenn auch im Einzefall zu Recht) kürzt.

Es folgen sodann sehr lesenswerte Ausführungen des OLG München zur korrekten Aufstellung einer Kostenrechnung für Sachverständige. Das OLG hält die BVSK-Tabelle (Tabelle des Bundesverbands der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e.V.) für eine geeignete Grundlage zur Bestimmung der üblichen Vergütung.

Auch zu den Nebenkosten äußert es sich im Einzelnen und sehr detailliert.

Den Hinweisbeschluss finden Sachverständige im Volltext zur weiteren Verwendung hier:

OLG München – Hinweisbeschluss 10 U 579/15

Dominik Weiser

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Verkehrsrecht

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