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Fahrverbot für Berufsfahrer – Verteidigungsmöglichkeiten

Wenn alle Stricke reißen, absehbar ist, dass der Tatvorwurf nicht zu beseitigen ist und auch kein Augenblicksversagen vorliegt, sollte man frühzeitig schon bei der Bußgeldstelle anregen, wegen Unzumutbarkeit des Fahrverbotes von dessen Verhängung abzusehen. Das kommt vor allem in Betracht, wenn der Arbeitsplatz gefährdet ist. Hierzu existiert umfangreiche Rechtsprechung, in welchen Fällen wegen der sog. Härteklausel von einem Fahverbot (meist gegen Erhöhung der Geldbuße) abgesehen werden kann. Einige Fälle stelle ich in diesem und in nachfolgenden Beiträgen dar, um aufzuzeigen, dass es, wenn man es richtig angeht, durchaus häufig Erfolg verspricht, mit der Härteklausel zu argumentieren. In jedem einzelnen Fall kommt es darauf an, die konkreten Verhältnisse des Betroffenen umfassend darzustellen und durch geeignete Nachweise (z.B.: Arbeitgebererklärung, Arbeitsvertrag u.ä.) zu belegen. Ein Anruf des Rechtsanwalts bei der Bußgeldstelle – gegebenenfalls unter vorheriger schriftlicher Stellungnahme – schadet erfahrungsgemäß nie.

Daneben hat die Verteidigung bei Berufsfahrern stets zu prüfen, ob nicht eine Ausnahme vom Fahrverbot für betimmte Fahrzeugarten in Betracht kommt.

Heute stelle ich beispielhaft einige Urteile zu einer besonders praxisrelevanten Fallgruppe dar:

Die Berufsfahrer

Dass Berufsfahrer in besonderer Weise dringend beruflich darauf angewiesen sind, Ihren Führerschein in Händen zu halten, liegt auf der Hand. Die Aussichten der Verteidigung, ein Absehen vom Fahrverbot durchzusetzen, sind daher nicht schlecht. Exemplarisch dazu folgende Urteile:

AG Gelnhausen Urt. v. 02.12.2005 AZ: 44 OWi 2955 Js 16571/05 (Busfahrer: Absehen vom Fahrverbot)

"Im Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren (hier: wegen Überholens unter Überfahren der durchgezogenen Fahrstreifenbegrenzung) gegen einen Busfahrer, der geständig und verkehrsrechtlich nicht vorbestraft ist und sich in einem befristeten Arbeitsverhältnis befindet, so dass ihm bei Verhängung eines Fahrverbotes der Verlust der Arbeitsstelle droht, kann gegen Erhöhung der Geldbuße von einem Fahrverbot abgesehen werden."

Ebenfalls für ein Absehen von einem Fahrverbot:

AG Lüdinghausen Urt. v. 12.11.2007 AZ: 19 OWi 89 Js 1767/07 – 183/07 (Berufskraftfahrer: Absehen vom Fahrverbot):

"Der Betroffene hat nämlich seinen aktuellen Arbeitsvertrag vorlegen können, der ebenfalls urkundsbeweislich verlesen wurde. Es handelt sich hier um einen "befristeten Arbeitsvertrag für Fahrpersonal". Hierin heißt es, dass der Betroffene ab dem 22.10.2007 bei einer Probezeit von sechs Wochen bis zum 21.04.2008 angestellt wird. Während der Probezeit ist ausweislich des Vertrages jederzeit eine Kündigung möglich. Das Gericht glaubt insoweit, dass die Spedition, bei der der Betroffene angestellt ist, durchaus ohne weitere Abwägungen sofort eine Kündigung aussprechen würde, falls bekannt würde, dass beim hiesigen Gericht ein Fahrverbot festgesetzt wurde."

OLG Bamberg Beschluss v. 26.04.2006 AZ: 3 Ss OWi 476/06 (Busfahrer: Beschränkung auf bestimmte Fahrzeugarten bei drohendem Arbeitsplatzverlust):

"Scheidet ein Absehen vom Fahrverbot aus, bleibt das Gericht aufgrund des Übermaßverbotes zur Prüfung der Frage verpflichtet, ob Besonderheiten in der Tat oder in der Persönlichkeit des Betroffenen eine Fahrverbotsbeschränkung auf bestimmte Fahrzeugarten rechtfertigen können, sofern der Betr. hierfür berechtigte Gründe substantiiert vorträgt."

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