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Ersatz für das Restbenzin beim Totalschaden

Aus gegebenem Anlass, weil ich gerade mal wieder vor Gericht mit einem namentlich nicht näher benannten Versicherer darum streite:

Im Totalschadensfall hat der Geschädigte Anspruch auf Ersatz des Wertes des im Tank verbliebenen Restbenzins. Jedenfalls haben das mehrere Gerichte so ausgeurteilt (z.B.: LG Kiel, Urteil vom 19.07.2012 – Az: 13 O 60/12). Im Totalschadensfall ist das Auto – wie auch immer – letztlich weg; sei es durch Verkauf an einen Restwerthändler oder durch Verschrottung. Damit ist auch das im Tank verbliebene Benzin weg.

Möglicher Weise kann man auch eine andere Rechtsansicht vertreten, beispielsweise, das Restbenzin müsse beim Verkauf des Fahrzeugs beim Kaufpreis berücksichtigt werden. Das halte ich zwar für hart an der Grenze des Erträglichen angesiedelt, da meines Erachtens noch kein Restwertkäufer auf die Idee gekommen ist, nachzufragen, wie viel Benzin im Tank sei. Das wäre aber wohl gerade noch vertretbar.

Auf keinen Fall kann man nach meinem Dafürhalten dagegen ernsthaft der Ansicht sein, der Geschädigte müsse das Restbenzin abpumpen. Eben darauf will besagter Versicherer aber meinen Mandanten verweisen. Er sei wegen der Schadensgeringhaltungspflicht dazu verpflichtet gewesen, das Benzin vor Verschrottung des Fahrzeugs aus dem Tank zu entfernen, meint die HUK-Coburg Versicherung (ohhh … jetzt ist mir der Name doch rausgerutscht). Es ist die HUK-Coburg Versicherung.

Als Rechtsanwalt unterliege ich (leider) dem Sachlichkeitsgebot. Ich darf also meine Schriftsätze nicht so verfassen, wie ich das manchmal gerne möchte. So ein Klageverfahren wäre sicher für alle Beteiligten – auch das Gericht – viel lustiger und interessanter, wenn man mal wirklich sagen könnte, was man so von einigen Argumentationen hält, darf man aber nicht. Deshalb habe ich im laufenden Rechtsstreit nur auf die hierzu ergangenen gerichtlichen Entscheidungen verwiesen. Dürfte ich schreiben, was ich will, würde ich Folgendes erwidern:

„Leider waren die 27 Benzinabsaugvorrichtungen, die sich der Kläger höchst vorsorglich bereits vor Jahren für solche Fälle angeschafft hat, gerade allesamt nicht greifbar, da er sie an andere Geschädigte aus seinem Bekanntenkreis verliehen hat, so dass sich leider die Frage stellt, wie er das Benzin rein tatsächlich hätte absaugen sollen.

Ersichtlich stünde es aus Kostengründen außer Verhältnis, hiermit einen der zahlreich am Markt auftretenden und auf den Bereich Benzinabsaugung spezialisierten Betriebe der „Saug-, Blas- und Abpumpbranche“ zu beauftragen. Ich denke nicht, dass ein solches Unternehmen für die hier eingeklagten 30,00 € (Anmerkung: Wert des Restbenzins) tätig werden würde. Vielleicht hat die Beklagte aber auch einen auf Absaugarbeiten spezialisierten Partnerbetrieb oder hätte im Sinne des von ihr propagierten Schadensmanagements einen Mitarbeiter ihrer örtlichen Niederlassung vorbeischicken können zwecks Vornahme einer ordnungsgemäßen Absaugung beim Kläger und zwar nach allen Regeln der Kunst. Nur leider ist dem Kläger derartiges nicht in Aussicht gestellt worden.

Sollte sich das so verhalten, empfehle ich der Beklagten die Aufnahme eines Textbausteines in ihr erstes Anschreiben an einen Anspruchsteller nach einem Verkehrsunfall:

„Bitte prüfen Sie im Totalschadensfall sorgfältig, ob sich in Ihrem Tank noch Restbenzin befindet! Sollte dies der Fall sein, informieren Sie uns umgehend noch vor Verkauf des Fahrzeugs. Gerne schicken wir Ihnen einen Mitarbeiter unserer Partnerbetriebe des Sauggewerbes oder einen Sachbearbeiter unserer örtlichen Filiale vorbei. Unsere Partnerbetriebe und Mitarbeiter saugen für Sie ab. Professionell! Sie müssen sich um nichts kümmern! Wir stellen sogar den Schlauch und den Benzinkanister kostenlos zur Verfügung.“

Mit anderen Worten: Die einzige Möglichkeit für den Kläger, das Benzin abzupumpen, wäre es gewesen, sich einen Schlauch und einen Kanister zu kaufen, was vermutlich mehr gekostet hätte als das Restbenzin wert war, den Schlauch gefühlvoll in den Tank einzuführen, zu saugen, was die Backen hergeben, bis ihm die erste Ladung in den Mund spritzt, weil das Auto in der Regel nicht Bescheid sagt, wann es kommt … das Benzin … und das spritzende Saugende des Schlauches sofort in den Kanister einzuführen, so dass sich die volle Ladung dann in den Kanister – und hoffentlich nicht auf dem Gesicht oder Grundstück des Klägers – entleert hätte.

Dass er sich dabei die Atemwege verätzen, die Umwelt ernsthaft schädigen und sich eine Strafanzeige zuziehen könnte, ganz abgesehen davon, wie man sich bei so einem Saugvorgang vorkommen müsste und anschließend riechen würde, wäre dann aber wahrscheinlich ebenfalls aus Gründen der Schadenminderungspflicht in Kauf zu nehmen.“


Das kann ich aber nicht schreiben, weil es dann der Kollege von der Gegenseite an die Rechtsanwaltskammer schicken könnte. Ist generell schon so eine Sache in letzter Zeit … man muss höllisch aufpassen, was man so von sich gibt in diesen Tagen …

Dominik Weiser

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Verkehrsrecht

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