Die HUK-Coburg Versicherung ist in jüngster Zeit dazu übergegangen, Geschädigte nach einem Verkehrsunfall anzuschreiben und diesen anzubieten, ein Haftpflichtgutachten für 280,00 € erstellen zu lassen. Ferner wird ein Sachverständigenverbund genannt, dessen Mitglieder bereit sein sollen, für den genannten Betrag ein Haftpflichtgutachten zu erstellen.
Gleichzeitig wird mitgeteilt, dass die Nichtannahme dieses freundlichen Angebotes einen Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht darstelle. Jedenfalls dann, wenn der Geschädigte für ein eigenes Haftpflichtgutachten mehr als 280,00 € aufwenden sollte, seien diese nicht zu erstatten.
Das Amtsgericht München hat dieser merkwürdigen Rechtsauffassung der HUK-Coburg Versicherung die zu erwartende, glasklare Absage erteilt:
Vielmehr stand es der Klägerin frei, einen eigenen Sachverständigen zu beauftragen. Dabei war sie auch nicht auf die Sachverständigen aus dem von der Beklagtenseite genannten Sachverständigenbund … beschränkt. Vielmehr ist der Geschädigte Herr des Restitutionsgeschehens.
Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung grundsätzlich frei (vgl. BGH, Urt. V. 29.04.2003, Az. VI ZR 393/02). Er darf zur Schadensbehebung grundsätzlich den Weg wählen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint (vgl. BGH, Urt. V. 18.01.2005, Az. VI ZR 73/04).…
Daraus ergibt sich zwanglos, dass die Geschädigte das Recht zur freien Wahl eines Sachverständigen ihres Vertrauens hat und sich nicht auf von der Beklagtenseite vorgeschlagene Sachverständige – auch nicht aus einem Sachverständigenverbund – verweisen lassen muss. Dies gilt gerade bei der Auswahl eines Sachverständigen umso mehr, als das Sachverständigengutachten den Geschädigten erst in die Lage versetzt, seinen Schaden der Höhe und dem Umfang nach sinnvoll geltend zu machen.
Der gesamte Anspruch auf Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall steht und fällt für den Geschädigten mit dem erholten Schadensgutachten und dessen Vertrauenswürdigkeit.Dieses grundlegende Recht des Geschädigten würde weitgehend entwertet, wenn er sich auf von seinem Schädiger benannte Sachverständige, zur Feststellung seines Schadens verweisen lassen müsste. (AG München Urt. v. 18.8.2017 – 322 C 12124/17)
Dem ist nichts hinzuzufügen.