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Archiv: 27. September 2019

OLG Celle – Regulierungsfrist 6 Wochen! Auf Einsicht in die Behördenakte kommt es nicht an!

Man hat das Gefühl, es wird immer länger. Das OLG Frankfurt hat im Februar letzten Jahres  entschieden, dass die Prüfungsfrist für Kfz-Haftpflichtversicherer maximal 4 Wochen beträgt.

Nach der Rechtsprechung des LG Saarbrücken und des OLG Saarbrücken sind ebenfalls regelmäßig 4 bis 6 Wochen anzunehmen.

Das OLG Celle hat nun in einem Kostenbeschluss von einer angemessenen Regulierungsfrist von 6 Wochen gesprochen. Der Beschluss liest sich, als ginge das OLG Celle generell davon aus, dass der Kfz-Haftpflichtversicherer sechs Wochen Zeit zur Anspruchsprüfung hat, also sozusagen mindestens 6 Wochen Prüfungsfrist einzuräumen sind.

Gleichzeitig stellt das OLG Celle aber noch einmal klar, was ständige Rechtsprechung ist und hoffentlich auch bleiben wird:

„Ein Verzug der Haftpflichtversicherung nach Ablauf der angemessenen Prüfungsfrist von 6 Wochen wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass diese bis zu jenem Zeitpunkt noch keine Einsicht in die Ermittlungsakten hat nehmen können.“

OLG Celle, Beschl. v. 18.9.2013 – 3 W 46/13

Hierbei handelt es sich um eine ständige Argumentation der Versicherer, die einfach nicht tot zu kriegen ist. „Wir warten die Einsicht in die Behördenakte ab“. Das kann man ja machen, muss dann aber damit rechnen, dass man die Kosten des Rechtsstreits tragen muss, auch wenn man nach Einreichung der Klage dann doch noch reguliert.

„Denn der Haftpflichtversicherer kann sich über seinen Versicherungsnehmer bzw. evtl. mitversicherte Personen über den Sachverhalt unterrichten. Die Entscheidung der Eintrittspflicht von einer vorherigen Einsicht in die Ermittlungsakten abhängig zu machen, ist grundsätzlich nicht geboten bzw. erforderlich, zumal mit einer Akteneinsicht erfahrungsgemäß oft erst nach Monaten zu rechnen ist und ein entsprechendes Zuwarten den berechtigten Interessen des Geschädigten an einer raschen Regulierung zuwiderlaufen würde (OLG Dresden, Beschl. v. 29.06.2009, 7 U 499/09, zitiert nach Juris-Rn. 15).“

OLG Celle a. a. O.

Fazit:

Nicht begrüßenswert ist, dass das OLG Celle – jedenfalls scheinbar – davon ausgeht, dass grundsätzlich eine Prüffrist von 6 Wochen besteht. Das ist vor allem dann höchst problematisch für die Geschädigten eines Verkehrsunfalls, wenn das Fahrzeug nicht mehr fahrbereit und verkehrssicher ist und ein Mietwagen angemietet werden muss. Denn letztlich positionieren sich die Versicherer ja nicht selten so, dass dem Geschädigten auch die Dauer der Mietwagenanmietung angelastet wird. Er muss dann die Reparatur oder Ersatzbeschaffung vorfinanzieren oder darlegen, warum er das – gegebenenfalls auch unter Inanspruchnahme eines Kredits – nicht konnte.

An diesem Punkt sei noch einmal darauf hingewiesen, dass die Prüfungsfrist überhaupt erst beginnt, wenn der Geschädigte dem Versicherer den Schaden durch Gutachten oder bebilderten Kostenvoranschlag nachgewiesen hat, eine nachvollziehbare Unfallschilderung und eine spezifizierte Schadensaufstellung vorliegt.

Ansonsten passiert häufig – leider aus Sicht der Versicherer zu Recht – gar nichts, da es weder Sache des Versicherers ist, den Unfallhergang darzulegen noch den Schaden zu ermitteln.

Um es mit den Worten des OLG Frankfurt auszudrücken:

“Auch bei einfachen Verkehrsunfallsachen ist die Einschaltung eines Rechtsanwalts von vornherein als erforderlich anzusehen. Gerade die immer unüberschaubarere Entwicklung der Schadenspositionen und der Rechtsprechung zu den Mietwagenkosten, Stundenverrechnungssätzen u.ä. lässt es geradezu als fahrlässig erscheinen, einen Schaden ohne Einschaltung eines Rechtsanwalts abzuwickeln.”

OLG Frankfurt, Urteil vom 2.12.2014 – 22 U 171/13