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Archiv: 13. Oktober 2015

OLG Naumburg – Betroffener muss nicht in der Hauptverhandlung erscheinen

Nach meinem persönlichen Eindruck glauben viele Betroffene, dass sie, wenn sie gegen einen Bußgeldbescheid Einspruch einlegen auch „automatisch“ vor Gericht erscheinen müssen. Diese Meinung wird teilweise unbewusst, vielleicht auch bewusst, durch diverse Hinweise im Laufe des Verfahrens noch gefördert. Dabei ist den Betroffenen schon nicht bewusst, dass sie im Ordnungswidrigkeitenverfahren jederzeit den Einspruch zurücknehmen können. Auch kommt eine Verfahrenseinstellung oder eine Beschlussentscheidung durch das Gericht (ohne mündliche Verhandlung) in Betracht.

Auch im Rahmen der Ladung zum Hauptverhandlungstermin wird der Betroffene ausführlich darüber belehrt, dass er persönlich zu erscheinen hat.

Nach den Formulierungen dieser Belehrungsmuster drängt sich dem Betroffenen häufig der Eindruck auf, um das persönliche Erscheinen in der Hauptverhandlung käme man quasi nicht herum.

Das Gegenteil ist der Fall.

Auch wenn es im Einzelfall zur Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht kommen sollte, stellt die Entbindung von der Pflicht dort zu erscheinen in der Regel, wenn die Fahrereigenschaft eingeräumt wird, kein Problem dar.

In § 73 OWiG sind die Voraussetzungen einer Entbindung von der grundsätzlich Bestehenden Pflicht zum Hauptverhandlungstermin zu erschienen geregelt. Man mag mir eine eventuelle juristische Ungenauigkeit verzeihen, aber pragmatisch und für den Laien verständlich ausgedrückt, ergibt sich aus der Norm Folgendes:

Wenn der Betroffene einräumt, dass er der Fahrer war und zudem entweder klarstellt, dass er zur Sache gar nichts mehr oder eben nur das bereits zur Akte gereichte, nichts aber darüber hinausgehendes, sagen wird, dann MUSS das Gericht ihn entbinden. Das heißt, er muss dann nicht erscheinen.
Das ist ständige Rechtsprechung und eindeutige Rechtslage. Das OLG Naumburg hat es noch einmal deutlich klargestellt:

„Die Entscheidung über den Entbindungsantrag eines Betroffenen steht nicht im Ermessen des Gerichtes. Vielmehr ist es verpflichtet, dem Antrag nachzukommen, sofern die Voraussetzungen des § 73 Abs. 2 OWiG vorliegen.“